Humanes Papillomvirus
Synonyme: humanes Papillomavirus, humanpathogenes Papillomvirus, HPV
Englisch: human papilloma virus, HPV
Definition
Die humanen Papillomviren, kurz HPV, sind unbehüllte, doppelsträngige DNA-Viren, die zur Familie der Papillomaviridae gehören.
Epidemiologie
HPV-Infektionen treten sowohl bei Frauen als auch Männern auf und zählen zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen weltweit. Die Durchseuchungsrate ist sehr hoch, nahezu jeder sexuell aktive Mensch infiziert sich mindestens einmal in seinem Leben mit HPV.
Einteilung
Man unterscheidet mehr als 170 verschiedene humane Papillomviren, die in 5 Genera eingeteilt werden: Alpha-, Beta, Gamma-, Mu- und Nu-HPV. Weitere 200 Viren wurden identifiziert und warten auf ihre Sequenzierung. Eine Besonderheit des Alpha-Genus ist, das es neben der Haut auch die Schleimhaut des Menschen infizieren kann.
Anhand ihres onkogenen Potentials werden HPV in verschiedene Klassen unterteilt. Man unterscheidet Typen mit:
- geringem Risiko für eine Karzinomentstehung (Low-Risk-Typen)
- HPV-Typ 6, 11, 42 bis 44, 54, 61, 70, 72 und 81
- erhöhtem oder hohem Risiko für eine Karzinomentstehung (High-Risk-Typen)
- HPV-Typ 16 und 18 (sehr hohes Risiko)
- HPV-Typ 31, 33, 35, 39, 45, 51, 52, 56, 58, 59, 68, 73 und 82
Weitere Virustypen mit möglicherweise hohem Risiko sind HPV 26, 53 und 66.
Generell können drei Manifestationslokalisationen unterschieden werden: Anogenitalregion, Schleimhaut und Haut.
Übertragung
Der Mensch ist das einzige natürliche Erregerreservoir für HPV. Die Übertragung von Mensch zu Mensch findet meist direkt bei Sexualkontakt statt. Die Viren dringen durch kleine Läsionen in die Haut oder Schleimhaut und infizieren dort die Epithelzellen der Basalzellschicht.
In seltenen Fällen kann eine Übertragung durch Schmierinfektionen (z.B. durch kontaminierte Gegenstände) stattfinden. Auch eine Übertragung des Virus von der Mutter auf das Neugeborene bei der Geburt ist möglich.
Risikofaktoren für eine HPV-Infektion sind:
- Hohe Anzahl an wechselnden Sexualpartnern
- Praktizierter Oral- und Analverkehr
- Immundefizienz (insb. HIV)
Pathophysiologie
Nachdem HPV die Epithelzellen der Basalzellschicht von Haut und Schleimhäuten infiziert hat, kommt es nach einer Inkubationszeit von mehreren Wochen bis Jahren zu verschiedenen Krankheitsbildern, die sich nach dem HPV-Typ richten.
Typisch für die Low-Risk-Typen ist die Ausbildung von Genitalwarzen (Condylomata acuminata).
Bei persistierenden Infektionen mit High-Risk-Typen kann es zu einer malignen Entartung infizierter Epithelzellen kommen. Durch eine mögliche Integration des Virusgenoms in die DNA der Epithelzellen kommt es zu einer verstärkten Expression von Onkogenen und einer Inaktivierung von Tumorsuppressorgenen in den Epithelzellen. Hieraus kann eine atypische Zellproliferation mit Entstehung von Dysplasien (Präkanzerosen) der Haut und Schleimhaut folgen. Auf Basis der Dysplasie ist nach einer Latenzzeit von mehreren Jahren die Entstehung von Karzinomen möglich. Das häufigste HPV-assoziierte Karzinom der Frau ist das Zervixkarzinom. Bei Männern treten am häufigsten Karzinome des Oropharynx auf.
HPV-assoziierte Erkrankungen
Im Folgenden findet sich eine Übersicht über die wichtigsten HPV-assoziierten Erkrankungen samt der verursachenden HPV-Typen.
Erkrankung | Häufigste HPV-Typen |
---|---|
Condylomata acuminata | 6, 11 |
Verruca vulgaris | 2, 27, 57 |
Verruca plantaris | 1, 2, 4, 10, 27, 57, 65 |
Zervikale intraepitheliale Neoplasie | 16, 18, 31, 33 |
Condylomata plana mit dem Sonderfall Bowenoide Papulose | 16, 18, 31, 33 |
Zervixkarzinom | 16, 18, 31, 45 |
Vaginalkarzinom | 16, 18, 31 |
Oropharynxkarzinome | 16, 18 |
Analkarzinom | 16, 18 |
Condylomata gigantea (Buschke-Löwenstein Riesencondylome) | 6, 11 |
Larynxpapillome | 6, 11 |
Diagnostik
Das humane Papillomvirus lässt sich durch die PCR auf HPV-DNA oder HPV-Onkogen-mRNA oder mit einem HPV-DNA-Test in Zellabstrichen nachweisen. Die PCR-Untersuchung ist heutzutage der Goldstandard der HPV-Diagnostik und bietet gegenüber dem HPV-DNA-Test den Vorteil einer möglichen HPV-Typisierung, wodurch die HPV-Typen mit hoch-onkogenem Potential (HPV 16 und 18) sicher identifiziert werden können.
In der mikroskopischen Untersuchung des Zellabstrichs lassen sich vakuolisierte Keratinozyten (auch Koilozyten oder Ballonzellen genannt) identifizieren. Eine weitere Nachweismethode ist die zytologische bzw. histologische Aufbereitung des Zellabstriches, ergänzt durch immunhistochemische Verfahren. Hierbei erfolgt eine Anfärbung von spezifischen Virusantigenen oder zellulären Proteinen, die ein verändertes Expressionsmuster durch die Infektion zeigen.
Ein weiteres Testverfahren ist der Essigsäuretest, bei dem sich infizierte Areale der Haut nach Applikation von Essigsäure weißlich verfärben.
Die klassische Virusdiagnostik mittels Elektronenmikroskopie und Zellkultur oder ein serologischer Nachweis spezifischer HPV-Antikörper sind prinzipiell möglich, haben jedoch eine geringe diagnostische Relevanz.
Immunologie
Einige humane Papillomviren verfügen wahrscheinlich über Defensivmechanismen um dem Immunsystem, insbesondere den dendritischen Langerhans-Zellen der Haut und Schleimhaut, zu entgehen. HPV-16 tritt in die Langerhans-Zellen über das Annexin A2/S100A10 ein, woraufhin keine Immunreaktion in der Epithelzelle auslöst wird. In Studien konnte gezeigt werden, dass Langerhans-Zellen in HPV-Läsionen eine sphärische Form einnehmen, keine Dendriten ausbilden und das antiinflammatorische Zytokin Interleukin-10 (IL-10) sezernieren.
Impfung
Seit 2007 besteht in Deutschland die Möglichkeit zur Impfung gegen bestimmte Subtypen des Humanen Papillomavirus. Der Hauptfokus der Impfstoffe liegt insbesondere auf den Hochrisiko-HPV-Typen 16 und 18. Aktuell kommen daher zwei Impfstoffe zum Einsatz:
- Der bivalente Impfstoff Cervarix® gegen die Subtypen 16 und 18
- Der nonavalente Impfstoff Gardasil® 9, der neben den Typen 16 und 18 zusätzlich gegen die Typen 31, 33, 45, 52, 58 sowie 6 und 11 wirksam ist.
Die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) sieht vor, dass alle Kinder bzw. Jugendlichen im Alter von 9 bis 14 Jahren geimpft werden sollen. Die Grundimmunisierung sollte vor dem ersten Sexualkontakt abgeschlossen sein und erfolgt durch zwei Impfstoffdosen im Abstand von 5 Monaten. Wenn die Impfung versäumt wurde, sollte diese bis zum Alter von 17 Jahren nachgeholt werden. Bei Nachholimpfungen im Alter von 15 Jahren oder älter, sowie bei einem Impfabstand von unter 5 Monaten ist eine dritte Dosis notwendig.
Personen, die älter als 17 Jahre alt sind und keine Impfung erhalten haben, können ebenfalls von einer Impfung profitieren, wobei die Wirksamkeit bei nicht HPV-naiven Personen reduziert ist.
Therapie
Eine spezifische antivirale Therapie gegen Papillomviren gibt es derzeit (2021) nicht. Spezifische Virostatika sind nicht verfügbar. Interferone und andere Zytokine haben nur beschränkte Wirksamkeit.
Die Behandlung erfolgt im wesentlichen topisch mit Immunmodulatoren oder Zytostatika sowie durch Verätzung, Kryotherapie und chirurgische Entfernung.
In Entwicklung befinden sich therapeutische Impfstoffe, die das Immunsystem dazu anregen, HPV-infizierte Zellen abzutöten.
In Zusammenhang mit Oropharynxkarzinomen lässt sich für HPV-positive Patienten aus radioonkologischer Sicht ein verbesserter Therapieerfolg verzeichnen. Dies lässt sich durch den vom HP-Virus induzierten, veränderten DNA-Reparaturmechanismus (PARP1‐EJ) erklären.
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 19.04.2021
- RKI Ratgeber: Humane Papillomaviren; abgerufen am 19.04.2021
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