Interleukin-10
Synonyme: IL-10, Cytokine-synthesis inhibitory factor (CSIF) - obsolet
Englisch: interleukin 10
Definition
Interleukin-10 ist ein Zytokin aus der Familie der Interleukine. Es zählt zu den pleiotropen Zytokinen und hemmt im Körper ablaufende Entzündungsreaktionen, wie z.B. SIRS, Postaggressionssyndrom oder septischen Schock. In bestimmten Kontexten wirkt es auch proinflammatorisch und immunstimulierend, beispielsweise durch die Förderung der B-Zell-Aktivität.
Genetik
Der Vorläufer des Interleukin-10 wird auf dem auf Chromosom 1 im Chromosomenabschnitt 1q31-32 kodiert und umfasst 178 Aminosäuren. Das IL10-Gen ist etwa 4,7 kb lang und enthält vier Introns und fünf Exons.
Herkunft
IL-10 wird vor allem von Monozyten, weniger von TH2-Lymphozyten und regulatorischen T-Lymphozyten sezerniert. Zu einer mäßigen Produktion von IL-10 sind unter anderem Keratinozyten und Epithelzellen in der Lage.
Funktion
Die IL-10-Aktivität wird durch den IL-10-Rezeptor (IL-10R) vermittelt, der zur Klasse-II-Zytokinrezeptorfamilie gehört.
Interleukin-10 schützt den Organismus einerseits vor einer Selbstzerstörung durch eine übermäßige Immunantwort. Andererseits kann es jedoch auch zu einer der Situation inadäquaten Immundefizienz mit erhöhtem Infektionsrisiko und erhöhter Mortalität kommen (Immunparalyse). Es ist zusammen mit TGF-β eines der wichtigsten antientzündlichen Zytokine und zudem ebenfalls wichtig zur Entwicklung der Immuntoleranz.
IL-10 spielt eine entscheidende Rolle bei der Modulation eines Entzündungsgeschehens, indem es durch seine antiinflammatorische Wirkung eine überschießende Immunantwort verhindert. Weitere Einzelwirkungen sind unter anderem:
- Hemmung aktivierter Makrophagen und damit die Kontrolle der unspezifischen Abwehr. Dies erfolgt durch eine negative Rückkopplung, indem die Makrophagen und Monozyten das IL-10 selbst sezernieren.
- Hemmung der Produktion von proinflammatorischen Faktoren wie Interferon-γ, Interleukin-2, Interleukin-3, Tumornekrosefaktor-α und GM-CSF durch Makrophagen, Monozyten, dendritische Zellen und T-Helferzellen
- Die Fähigkeit antigenpräsentierender Zellen zur Antigenpräsentation wird supprimiert. Monozyten werden somit mehr zur Phagozytose als zur Antigenpräsentation angeregt. Hierdurch differenzieren sie seltener zu proinflammatorischen, antigenpräsentierenden dendritischen Zellen, sondern eher zu Makrophagen. Bereits differenzierte dendritische Zellen werden von IL-10 jedoch nicht gehemmt, da sie keinen IL-10-Rezeptor mehr besitzen.
- Unterdrückung der Expression von TH1-Zell-Zytokinen, MHC-Klasse-II-Komplex-Antigenen und co-stimulatorischen Faktoren auf Makrophagen
- Aktivierung von B-Zellen und deren Stimulation zur Antikörperproduktion
- Suppression der Transkription von NF-κB
- Hemmung der Aktivierung der Cyclooxygenase-2 durch Lipopolysaccharide in Monozyten
Pathologie
IL-10 ist ein wichtiger Immunmodulator im Gastrointestinaltrakt. Ein IL-10-Mangel geht mit einer Veranlagung zu chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa einher.
In Untersuchungen wurde gezeigt, dass IL-10 eine tumorsuppressive Mikroumgebung erzeugt. Es wird von zahlreichen Tumorentitäten produziert, die dadurch Immunreaktionen gegen das Tumorgewebe unterdrücken und so das Tumorwachstum fördern.
IL-10-Polymorphismen werden mit zahlreichen Erkrankungen wie etwa Asthma, juveniler idiopathischer Arthritis oder einem erhöhten Risiko für das Auftreten bestimmter Tumoren assoziiert.
Quellen
- Saraiva et al. Biology and therapeutic potential of interleukin-10. J Exp Med. 217(1):e20190418. 2020
- Salkeni und Naing. Interleukin-10 in cancer immunotherapy: from bench to bedside. Trends Cancer. 9(9):716-725. 2023