Condylomata acuminata
Synonyme: Feigwarzen, Genitalwarze, spitze Kondylome
Englisch: condyloma, venereal warts, genital warts
Definition
Condylomata acuminata sind benigne Wucherungen des Epithels, die meist an den äußeren Geschlechtsorganen vorkommen. Sie werden durch eine Virusinfektion verursacht und gehören zu den sexuell übertragbaren Krankheiten (STD).
- ICD10-Code: A63.0 - anogenitale (venerische) Warzen
Epidemiologie
In Europa treten Condylomata acuminata mit einer Prävalenz von etwa 1-2% der sexuell aktiven Erwachsenen zwischen dem 15. und 45. Lebensjahr auf. Der Altersgipfel liegt in der sexuell aktivsten Phase zwischen dem 20. und 24. Lebensjahr. Bezieht man subklinische bzw. schwer erkennbare HPV-Infektionen mit ein, sind bis zu 5% der sexuell aktiven Bevölkerung betroffen. HPV-Antikörper lassen sich Schätzungen zufolge bei bis zu 60 % der Bevölkerung nachweisen.
Ätiologie
Condylomata acuminata entstehen nach Infektion mit den Serotypen 6 und 11 des humanen Papillomavirus (HPV) (90% der Fälle). In etwa 30-40% der Fälle besteht eine Koinfektion mit den High-Risk-Typen HPV 16 und HPV 18. Seltener sind HPV 31, 33, 35, 39, 45, 51, 52, 56, 58, 59 und 66 für sichtbare Genitalwarzen verantwortlich.
Übertragung
Die Übertragung des Virus erfolgt durch direkten Kontakt mit den infizierten Haut- oder Schleimhautarealen - meist im Rahmen eines ungeschützten Geschlechtsverkehrs. Sie wird durch Entzündungen (z.B. Balanitis) oder kleinere Schleimhautverletzungen begünstigt. Als weitere Übertragungsquellen kommen enger Körperkontakt oder Schmierinfektionen durch kontaminierte Gegenstände (z.B. "Sexspielzeug") in Frage. Die Inkubationszeit liegt zwischen 4 Wochen und mehreren Monaten.
Risikofaktoren
Das Infektionsrisiko steigt mit der Anzahl der Sexualpartner. Weitere Risikofaktoren sind Immunsuppression, Drogenabusus und die Einnahme von Immunsuppressiva. Das gleichzeitige Bestehen anderer Geschlechtskrankheiten (HIV, Herpes genitalis) wirkt sich ebenfalls ungünstig aus.
Klinik
Die Condylome treten als blumenkohlartige Tumoren von unterschiedlicher Größe auf. Sie sind weich und in der Regel nicht druckschmerzhaft. Gelegentlich - vor allem bei ausgeprägterem Befall - machen sie sich durch diskreten Juckreiz (Pruritus), Brennen oder auch Schmerzen bemerkbar.
Beim Mann ist vor allem die Spitze des Penis, die Eichel (Glans penis), befallen. Bei der Frau sind es Vagina, Vulva und bei ausgedehntem Befall auch der Gebärmutterhals (Cervix uteri). Bei beiden Geschlechtern kann die Urethra (Harnröhre) mitbefallen sein. Darüber hinaus kann es zu einer Ausbreitung in den perianalen Bereich und in das Rektum kommen. Die Condylome breiten sich dabei häufig beetartig aus.
Typische Lokalisationen von Kondylomen
Frau | Mann | |
---|---|---|
Hintere Kommissur | Präputium* | |
Labia minora | Glans penis | |
Labia majora | Sulcus coronarius | |
Introitus vaginae | Frenulum | |
Urethra feminina | Urethra masculina | |
Vagina | ||
Cervix uteri | ||
* bei beschnittenen Männern: Penisstamm |
Bei Immunsuppression erfolgt die Ausbreitung rascher und ausgedehnter. Hier kann es zu sehr großen Tumorkonglomeraten (Condylomata gigantea) kommen. Sie machen sich häufig durch einen fötiden Geruch bemerkbar, der durch bakterielle Zersetzungsreaktionen in den Nischen der Wucherungen entsteht.
Diagnostik
Die Diagnose wird vom Urologen, Gynäkologen oder Venerologen anhand des typischen klinischen Bildes gestellt. Neben der Inspektion des Genitales sollte auch eine endoskopische Untersuchung der Analregion zum Ausschluss eines intraanalen oder intrarektalen Befalls erfolgen. Ein intraurethraler Befall kann durch eine Urethroskopie nachgewiesen werden. Darüber hinaus gibt es eine Reihe spezieller diagnostischer Verfahren:
Essigsäuretest
Mit Hilfe des Essigsäuretests - bei Frauen oft in Kombination mit einer Kolposkopie - können kleine bzw. schwer erkennbare Condyloma acuminata als weißliche Bezirke sichtbar gemacht werden. Der Test besitzt jedoch eine relativ geringe Spezifität und Sensitivität, verfärbte Areale weisen also nicht zwingend auf eine HPV-Infektion hin.
Virusnachweis
Abstriche und Probeentnahmen erlauben den Nachweis des auslösenden Virus durch einen HPV-DNA-Test, der jedoch nicht zur Routinediagnostik zählt. Darüber hinaus können die Viren mittels der PCR nachgewiesen werden. Dieser Test besitzt zwar die höchste Sensitivität und Spezifität, wird jedoch aufgrund der Kosten und der hohen Anforderungen an das Labor selten durchgeführt. Der indirekte serologische Nachweis der Viren anhand von Virusantikörpern im Blut besitzt aufgrund der hohen Durchseuchung keinen diagnostischen Nutzen.
Histopathologie
Bei Condylomata acuminata handelt es sich histopathologisch um so genannte Fibroepitheliome. Sie bilden einen verzweigten bindegewebigen Grundstock, der von verhorntem oder unverhorntem Plattenepithel bedeckt ist. In den oberen Zelllagen findet man vakuolisierte Zellen, die man auch als Koilozyten oder Hohlzellen bezeichnet. Sie sind die Folge des zytopathogenen Effekts des auslösenden Papillomvirus.
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Differentialdiagnose
Als Differentialdiagnosen kommen in Betracht:
- benigne Tumoren des Genitalbereichs (z.B. Fibrome)
- maligne Tumoren des Genitalbereichs (z.B. Plattenepithelkarzinom)
- Präkanzerosen
- heterotope Talgdrüsen
- Hirsuties papillaris penis
- Hirsuties vulvae
- Condylomata lata
Die diagnostische Abgrenzung erfolgt meist via Biopsie mit anschließender histologischer Untersuchung und ggf. ergänzendem Virusnachweis.
Therapie
Die Therapie muss abhängig vom Ausmaß der Erkrankung individuell verschieden durchgeführt werden.
Medikamentöse Therapie
Bei leichtem Befall kann die topische Applikation von Imiquimod (Aldara®) und/oder destruierenden Lösungen bzw. Salben (Silbernitrat, Podophyllotoxin, Trichloressigsäure, 5-Fluorouracil) zur dauerhaften Beseitigung der Kondylome ausreichen. Als weiterer Behandlungsansatz kommen Polyphenole in Frage. In klinischer Prüfung befinden sich therapeutische Impfungen, die gegen die regulatorischen HPV-Proteine E1, E2, E6 und E7 oder die viralen Kapsid-Proteine L1 und L2 immunisieren.
Wie bei der Therapie vulgärer Warzen gibt es auch zur Behandlung der Condylomata acuminata zahlreiche alternative Therapieverfahren, denen anekdotisch eine Wirkung nachgesagt wird. Da ihrer Anwendung meist keine kontrollierte klinische Prüfung zugrunde liegt, ist ihre Wirksamkeit fraglich.
Chirurgische Therapie
Bei ausgedehntem Befall und Versagen der konservativen Therapie sind invasivere Maßnahmen erforderlich. Dabei kann eine Abtragung mit der elektrischen Schlinge und folgende Abtragung mit einem scharfen Löffel, die Entfernung mit einem Kohlendioxid-Laser oder die Kryochirurgie erfolgen. Alternativ bietet sich die photodynamische Therapie mit 5-Aminolävulinsäure an. Maßgeblich für den Erfolg ist bei allen genannten Verfahren die möglichst vollständige Abtragung. Ein zu invasives Vorgehen bringt allerdings das Risiko der Narbenbildung mit sich. Bei Entfernung von Warzen am After ist zudem auf eine mögliche Verletzung des Kontinenzorgans zu achten.
Weitere Maßnahmen
Unabhängig vom gewählten Therapieprinzip sollte der Therapieerfolg unbedingt mit regelmäßigen Kontrolluntersuchungen überprüft werden. Im Rahmen einer Therapie ist weiterhin zu beachten:
- Nach Therapie mindestens 3 Monate lang geschützten Geschlechtsverkehr (Kondom)
- Partner mitbehandeln, ansonsten droht Ping-Pong-Infektion
- Bei Schwangerschaft vor der Geburt behandeln, sonst droht eine Infektion des Neugeborenen bei Geburt (Larynxpapillom)
- Immunsuppression bei Möglichkeit ursächlich behandeln/gut einstellen (Alkoholismus, Diabetes mellitus, Nikotinabusus)
Prophylaxe
Die Prophylaxe von Feigwarzen erfolgt am besten durch Safer Sex, z.B. durch Verwendung eines Kondoms. Dadurch kann das Infektionsrisiko reduziert werden. Eine weitere Möglichkeit ist die Impfung mit einem HPV-Impfstoff gegen die auslösenden Virus-Serotypen, die - bei vollständiger Immunisierung - einen zuverlässigen Infektionsschutz darstellt.
Siehe auch: Condylomata lata, CIN