Zervikale intraepitheliale Neoplasie
Abkürzung: CIN
Englisch: cervical intraepithelial neoplasia
Definition
Der Begriff zervikale intraepitheliale Neoplasie, kurz CIN, beschreibt dysplastische Gewebeveränderungen des Plattenepithels im Bereich des Gebärmutterhalses (Cervix uteri). Sie sind eine mögliche Vorstufe des invasiven Zervixkarzinoms und erfordern daher eine regelmäßige Kontrolle sowie ggf. eine operative Entfernung.
ICD10-Klassifikation
Die zervikale intraepitheliale Neoplasie wird durch die ICD10-Klassifikation entsprechend ihres Schweregrads kodiert.
Code | Bezeichnung |
---|---|
N87 | Dysplasie der Cervix uteri |
N87.0 | Niedriggradige Dysplasie der Cervix uteri |
N87.1 | Mittelgradige Dysplasie der Cervix uteri |
N87.2 | Hochgradige Dysplasie der Cervix uteri |
Nomenklatur
In der aktuellen Nomenklatur der WHO von 2014 wird der Begriff "zervikale intraepitheliale Neoplasie" durch die Bezeichnung "Squamous Intraepithelial Lesion", kurz "SIL", ersetzt. Die WHO unterscheidet nur zwei Stadien:
- Low Grade Squamous Intraepithelial Lesion (LSIL) und
- High Grade Squamous Intraepithelial Lesion (HSIL)
Dabei entspricht LSIL dem Stadium CIN 1, HSIL fasst die Stadien CIN 2 und 3 zusammen. Im deutschen Sprachraum wird jedoch zur Zeit (2022) meist noch die dreistufige CIN-Klassifikation verwendet.
Ätiologie
Die Entstehung einer zervikalen intraepithelialen Neoplasie wird durch eine Reihe von Risikofaktoren begünstigt.
Einer persistenten Infektion mit kanzerogenen Stämmen des humanen Papillom-Virus (HPV) ist dabei eine herausragende Rolle einzuräumen. Bestimmte Hochrisikotypen des Virus (z.B. 16, 18, 31, 33) besitzen die Fähigkeit sich in das Genom der Wirtszelle zu integrieren. Die Produkte der integrierten Gene sind Proteine, die Tumorsuppressorgene inaktivieren.
Jedoch ist hervorzuheben, dass nicht jede Frau mit einer Hochrisiko-HPV-Infektion eine zervikale intraepitheliale Neoplasie entwickelt. In diesem Zusammenhang stehen weitere exogene Risikofaktoren wie Zigarettenrauchen und Immunsuppression im Verdacht einen fördernden Einfluss auf die Entwicklung einer zervikalen intraepitheliale Neoplasie zu haben.
Epidemiologische Daten stützen die Theorie der HPV-vermittelten Pathogenese, insbesondere die sexuelle Übertragung von HPV erscheint dabei als wichtiger Faktor. Risikofaktoren sind:
- früher erster Geschlechtsverkehr
- häufig wechselnde Sexualpartner
- männliche Sexualpartner, die vorher viele Partnerinnen hatten
- unbeschnittene Männer
Epidemiologie
Der Altersgipfel für das Vorliegen einer zervikalen intraepitheliale Neoplasie liegt bei ca. 30 Jahren. Der Altersgipfel für das Zervixkarzinom liegt hingegen bei ca. 45 Jahren. Die Zahlen deuten auf eine sich über Jahre und Jahrzehnte andauernde schrittweise Progression zum Zervixkarzinom hin. Die Inzidenz der zervikalen intraepithelialen Neoplasie nimmt im Gegensatz zu der Inzidenz des Zervixkarzinoms zu. Die zervikale intraepitheliale Neoplasie kann sich spontan zurückbilden oder sich weiter bis zum invasiven Karzinom entwickeln.
Stadien
Die zervikale intraepitheliale Neoplasie wird histologisch in 3 Stadien (CIN 1 - 3) eingeteilt. Das Stadium CIN 3 entspricht einem Carcinoma in situ.
CIN 1
Im Stadium CIN 1 liegen leichte Dysplasien des Plattenepithels vor. Die Veränderungen der Epithelzellen werden als Koilozytose bezeichnet und sind fast immer auf den zytopathischen Effekt einer HPV-Infektion zurückzuführen.
CIN 2
Das Stadium CIN 2 zeigt mittelgradige Dysplasien, die bereits die Mehrzahl der Epithelschichten betreffen. Mitosen können in diesem Stadium auch außerhalb der basalen Schicht des Plattenepithels beobachtet werden. Die einzelnen Zellen variieren bezüglich Größe und Form. Leichte Zellkernatypien sind üblich. Die oberflächlichen Zellschichten sind beim CIN 2 noch gut differenziert.
CIN 3
Bei einer CIN 3 liegt eine hochgradige Dysplasie vor. Die Variation der Zellgröße ist stärker ausgeprägt. Zellkernatypien sind in allen Schichten des Epithels vorhanden. Die Anordnung der Zellen ist gestört, es können abnormale Mitosen dargestellt werden.
Diagnostik
Die Einführung der zytologischen Untersuchung nach Papanicolaou (PAP-Test) ermöglicht die frühzeitige Erkennung einer zervikalen intraepithelialen Neoplasie. Die Einführung einer vorsorglichen Abstrichuntersuchung in diesem Sinne hat die Inzidenz des Zervixkarzinoms deutlich gesenkt.
Befunde ab Grad IIID1 sind verdächtig auf das Vorliegen einer zervikalen intraepithelialen Neoplasie, deren Bestätigung ab Grad IIID2 durch Biopsie und anschließende histologische Untersuchung erfolgt.
Bei Lokalisation der Veränderungen in der Ektozervix (äußerer Muttermund) können bei einer Kolposkopie Veränderungen im Sinne einer Leukoplakie oder Erosion auf das Vorliegen einer zervikalen intraepithelialen Neoplasie hinweisen. Die Beurteilung suspekter Veränderungen und damit die Aussagekraft der Kolposkopie kann durch die elektrische Impedanz-Spektrometrie (EIS) des Zervikalkanals verbessert werden.
Therapie
Abhängig vom Papanicolaou-Befund und vom Ergebnis eines HR-HPV-Tests wird bei Verdacht auf CIN 1 (PAP IIID1) eine abwartende Haltung mit regelmäßigen Kontrollen eingenommen. Bei Verdacht auf CIN 2 (PAP IIID2) erfolgt kurzzeitig eine Kolposkopie mit zytologischer Kontrolle. Ab CIN 3 (Pap IV) ist meist eine Konisation bzw. Laserkoagulation indiziert. Die veränderten Bezirke sollten dabei immer im Gesunden entfernt werden.
Der Therapieerfolg sollte durch Nachkontrollen in regelmäßigen Abständen gesichert werden.
Prophylaxe
Kondome verringern das Risiko einer HPV-Infektion deutlich. Sie können bei konsequenter Anwendung Infektionen mit Hochrisiko-HPV in vielen Fällen verhüten.
Darüber hinaus stehen seit 2006 Impfstoffe gegen HPV zur Verfügung. Seit Juli 2007 wird von der STIKO die Impfung gegen HPV für alle Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren empfohlen. Seit einigen Jahren werden deshalb verstärkt HPV-Impfstoffe eingesetzt. In klinischen Studien konnte eine Reduktion bestimmter CIN-Formen durch die Impfung belegt werden. Bislang fehlt jedoch noch der endgültige klinische Beweis, dass der breite Einsatz von HPV-Impfstoffen das Auftreten von schwerwiegenden CIN und damit von Zervixkarzinomen verhindern kann.
siehe auch: Vaginale intraepitheliale Neoplasie, Vulväre intraepitheliale Neoplasie