Dura mater cranialis
Synonyme: Dura mater encephali, Dura mater cerebri
Englisch: cranial dura mater
Definition
Die Dura mater cranialis ist der Teil der harten Hirnhaut (Pachymeninx), der innerhalb der Schädelhöhle das Gehirn einhüllt. Sie gehört zu den Meningen und setzt sich nach kaudal als Dura mater spinalis des Rückenmarks fort.
Anatomie
Die Dura mater cranialis setzt sich aus zwei Blättern zusammen:
- einem äußeren Blatt (Lamina externa), dem Stratum fibrosum bzw. Stratum periostale und
- einem inneren Blatt (Lamina interna), dem zur Arachnoidea hin gelegenen Stratum neurotheliale bzw. Stratum meningeale
Stratum fibrosum
Das Stratum fibrosum besteht aus straffem Bindegewebe mit vielen kollagenen und elastischen Fasern. Es ist über Sharpey-Fasern mit dem Kollagensystem der Schädelknochen verbunden, sodass im Gegensatz zum Rückenmark hier kein Epiduralraum ausgebildet ist. Das Stratum fibrosum wird daher auch als Stratum periostale bezeichnet, da es funktionell das Periost der Schädelinnenseite darstellt bzw. mit diesem identisch ist. Im Bereich der Foramina und Suturen besteht ein kontinuierlicher Übergang in das Pericranium an der Außenseite des Schädels. In den orbitalen Fissuren schließt sich an die Dura mater das Periost der Orbitalhöhle (Periorbita) an.
Die Fixierung der Dura mater am Knochen lockert sich zunehmend ab dem 10. Lebensjahr, bleibt aber an einigen Stellen zeitlebens fest vorhanden, z.B. am Rand des Foramen magnum sowie im Bereich von Suturen, Lamina cribrosa, Felsenbein, Schläfenbein und an Clivus und Sella turcica.
Stratum neurotheliale
Das Stratum neurotheliale ist ein mehrschichtiger Verband von epithelähnlichen Meningealzellen (Duraneurothel). Diese Zellen sind untereinander durch Desmosomen, Zonulae occludentes und Nexus verbunden. Der abgedichtete, enge Interzellularspalt zwischen der innersten Schicht des Duraneurothels und der darauf folgenden, äußeren Arachnoidalzellschicht bildet eine Diffusionsbarriere zwischen Liquor und Blutgefäßsystem der Dura (Teil der Blut-Liquor-Schranke). Das Duraneurothel endet im Bereich der Austrittsstellen von Hirnnerven.
Duraduplikaturen
An einigen Stellen spalten sich die beiden Blätter der Dura auf. Das innere Blatt löst sich und bildet in Form einer Duplikatur membranäre Strukturen bzw. Septen, welche die Schädelhöhle in Kammern und Nischen untergliedern. Dadurch entstehen folgende Strukturen:
- die venösen Blutleiter des Gehirns (Sinus durae matris) und das Cavum trigeminale
- Diaphragma sellae: überspannt die Fossa hypophysialis und setzt sich seitlich in die Transversalplatte fort, die den Sinus cavernosus bedeckt
- Falx cerebri: sichelförmiges Durablatt in der Fissura longitudinalis cerebri zwischen beiden Großhirnhemisphären. Umfasst den Sinus sagittalis superior. Vorne an der Crista galli befestigt, reicht dorsal bis zur Protuberantia occipitalis interna. Umfasst außerdem den Sinus rectus und geht dann beidseits in das Tentorium cerebelli über.
- Tentorium cerebelli: überspannt die hintere Schädelgrube. Die Wurzel umfasst dorsal und seitlich den Sinus transversus und vorne den Sinus petrosus superior. Reicht vorne medial beidseits bis zum Dorsum sellae, wo die Tentoriumschenkel an den Processus clinoidii posteriores et anteriores befestigt sind. Zwischen den Schenkeln verbleibt der Tentoriumschlitz für den mesencephalen Abschnitt des Hirnstamms mit Arteriae cerebri posteriores, Nervi trochleares und oculomotorii.
- Falx cerebelli: sichelförmiges Durablatt zwischen den Kleinhirnhemisphären. Entspringt von der Crista occipitalis interna und dringt in die Incisura cerebelli posterior vor.
Die Falx cerebri und das Tentorium cerebelli bilden ein Zuggurtungssystem, das den Schädel von innen mechanisch stabilisiert. Das Tentorium fängt den Druck des Endhirns auf Kleinhirn und Hirnstamm ab. Durch Falx und Tentorium werden Massenverschiebungen des Gehirns bei Traumen abgefangen und Deformierungen des Gehirns reduziert.
Blutgefäße
Die Blutgefäße der Dura mater cranialis werden in Vasa privata und Vasa publica unterteilt.
Die Vasa publica sind die Sinus durae matris, die das venöse Blut des Gehirns aufnehmen und v.a. beidseits zu den Venae jugulares internae weiterleiten.
Die Vasa privata werden durch die Meningealgefäße gebildet. Das von ihnen ausgehende Kapillarsystem breitet sich im Stratum fibrosum aus und besitzt teilweise ein fenestriertes Endothel. Das Neurothel besitzt keine Blutkapillaren. Zu den Vasa privata der Dura mater cranialis zählen u.a.:
- Arteria meningea anterior aus der Arteria ethmoidalis anterior: wird auch als Ramus meningeus anterior bezeichnet. Versorgt die Dura der Rückseite des Os frontale und mediale Abschnitte der Dura des Bodens der vorderen Schädelgrube. Ein Ast, die Arteria falcata, versorgt die vorderen Abschnitte der Falx cerebri.
- Ramus meningeus der Arteria ethmoidalis posterior: unregelmäßiger Ast, der die Dura dorsal vom Ramus meningeus anterior der Arteria ethmoidalis anterior versorgt.
- Arteria meningea media der Arteria maxillaris: tritt durch das Foramen spinosum in die mittlere Schädelgrube ein und verzweigt sich in Ramus frontalis, orbitalis, parietalis und petrosus. Versorgt den Großteil der Dura oberhalb des Tentorium cerebelli. Anastomosiert mit der Arteria lacrimalis (Ramus anastomoticus cum Arteria lacrimalis).
- Ramus meningeus aus der Arteria carotis interna: Versorgt das Tentorium cerebelli und dorsale Abschnitte der Falx.
- Arteria meningea posterior der Arteria pharyngea ascendens: Tritt meist durch das Foramen jugulare ein und versorgt große Teile der Dura in der hinteren Schädelgrube.
- Ramus meningeus der Arteria vertebralis: versorgt Abschnitte der Dura auf der Innenseite der Squama ossis occipitalis.
- Ramus meningeus der Arteria occipitalis: tritt meist durch das Foramen mastoideum in die Dura der hinteren Schädelgrube ein.
Die Venae meningeae (z.B. Venae meningeae mediae) begleiten meist als paarige Gefäße die gleichnamigen Arterien und münden teilweise auch direkt in die Sinus durae matris ein.
Lymphgefäße
Die Dura besitzt im Bereich der Austritte von Nervenwurzeln Lymphkapillaren und -kollektoren, die v.a. die venösen Meningealgefäße begleiten.
Innervation
Die sensorische Innervation der Dura erfolgt durch folgende Rami meningei:
- Rami meningei des Nervus glossopharyngeus und des Nervus vagus: treten durch das Foramen jugulare in die Schädelhöhle ein und versorgen die Dura der hinteren Schädelgrube (außer Klivusbereich).
- Ramus meningeus des Nervus mandibularis (V3): tritt durch das Foramen spinosum in die Schädelhöhle ein und versorgt die gesamte parietale Dura bis zur Falx cerebri.
- Ramus meningeus des Nervus maxillaris (V2): zweigt vor Durchtritt des Nervus maxillaris durch das Foramen rotundum intrakraniell ab, um die Dura der mittleren Schädelgrube zu versorgen.
- Ramus meningeus des Nervus ophthalmicus (V1): zeigt im Sinus cavernosus ab und versorgt die angrenzende Dura. Ein Hauptast, der Ramus tentorius, verläuft in das Tentorium cerebelli. Ein weiterer Ast zweigt vom Nervus ethmoidalis anterior ab und versorgt Teile der Dura der vorderen Schädelgrube.
- Rami meningei von zervikalen Spinalnerven (C1-3): gelangen durch das Foramen magnum und z.T. durch den Canalis nervi hypoglossi in die Dura und versorgen v.a. den Klivusbereich.
Parasympathische Fasern stammen aus dem Ganglia ciliare, pterygopalatinum und oticum sowie verstreuten Ganglienzellgrupen in der Dura nahe dem Sinus sagittalis superior. Sympathische Fasern sind dem Ganglion cervicale superius zuzuordnen. Sie gelangen v.a. über periarterielle Geflechte mit den Menignealarterien und Arteria carotis interna in die Dura.
Die höchste Innervationsdichte besitzt die Dura der Schädelbasis, während die supratentorielle Dura mit Ausnahme einer Zone in der Nähe des Sinus sagitallis superior geringer innerviert ist. Nervenfasern sind insbesondere entlang der Meningealgefäßen und Sinus durae matris sowie im Bereich postkapillärer Venulen zu finden.
Embryologie
Die Dura mater entwickelt sich aus dem äußeren Blatt einer Mesenchymverdichtung, die als Meninx primitiva bezeichnet wird. Diese Ektomeninx formiert sich etwa in der 6. Embryonalwoche.
Klinik
Der hohe Anteil peptiderger Axone (CGRP, Substanz P) im Bereich der Hirnhaut steht u.a. mit bestimmten Kopfschmerzformen wie Migräne in Zusammenhang.
Bei raumfordernden Prozessen können die Durafalten Verschiebungen und Einklemmungen von Teilen des Gehirns nicht vollständig verhindern. Im Tentoriumschlitz können z.B. Teile des Temporallappens eingeklemmt werden und so auch den Nervus oculomotorius komprimieren (obere Einklemmung). Durch Hirndruck können weiterhin Teile des Kleinhirns in das Foramen magnum gedrückt werden (untere Einklemmung).
Bei Öffnung des Schädels (Kraniotomie) muss das Stratum fibrosum der Dura vom Schädelknochen abgelöst werden. Geschieht dies nicht, kommt es durch Lösung der Dura von der Arachnoidea zu einer Spaltbildung. Dieser artifizielle Subduralraum kann auch durch Blutungen z.B. nach Riss einer Brückenvene, entstehen.
Blutungen aus den Meningealarterien können zur Ablösung des Stratum fibrosum der Dura vom Knochen führen. Dann entsteht ein Epiduralhämatom. Gelegentlich kann es auch aus rupturierten Meningealvenen entstehen.
Literatur
- Nimer Adeeb, Martin M Mortazavi, R Shane Tubbs, Aaron A Cohen-Gadol: The cranial dura mater: a review of its history, embryology, and anatomy Childs Nerv Syst. 2012 Jun;28(6):827-37. doi: 10.1007/s00381-012-1744-6. Epub 2012 Apr 15. PMID: 22526439
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