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Benzodiazepin

(Weitergeleitet von Benzodiazepine)

Englisch: benzodiazepine

1. Definition

Benzodiazepine sind sedativ und anxiolytisch wirkende Arzneistoffe.

2. Wirkmechanismus

Benzodiazepine entfalten ihre Wirkung durch eine allosterische Bindung an den GABA-A-Rezeptor. Sie binden zwischen einer α- und einer γ-Untereinheit des als Heteropentamer vorliegenden GABA-A-Rezeptors und führen durch die Bindung zu einer verstärkten Wirkung des Neurotransmitters Gamma-Aminobuttersäure (GABA). GABA selbst bindet zwischen einer α- und β-Untereinheit. Benzodiazepine sind ohne Anwesenheit von GABA nicht in der Lage, den Rezeptor zu aktivieren. Die Öffnung der mit den GABA-A-Rezeptoren verbundenen Chloridkanälen führt zu einer erhöhten Leitfähigkeit für Chlorid-Ionen, die eine Hyperpolarisation der Zellmembran induziert.

Durch die verstärkte Wirkung von GABA kommt es zu einer gedämpften Aktivität bestimmter ZNS-Areale und zu einer verminderten Antwort auf emotionelle und psychische Reize. Die einzelnen Benzodiazepine unterscheiden sich zwar hinsichtlich ihrer Pharmakokinetik, jedoch nicht in ihrer grundsätzlichen Pharmakodynamik, die im Wesentlichen durch die Dosierung bestimmt ist.

3. Wirkprofil

Wirkung Höhe der Dosis Hirnregion
Anxiolyse gering limbisches System
Muskelrelaxation gering Rückenmark
Antikonvulsiv mittel Cortex cerebri, Basalganglien
Sedierung / Schlaf hoch Hirnstamm
Amnesie sehr hoch Hippocampus

Benzodiazepine führen darüber hinaus zu einer Wirkungsverstärkung anderer zentral dämpfender Pharmaka.

4. Substanzen

Seit der Einführung des ersten Benzodiazepins, des Chlordiazepoxid (Librium®) in den 60er Jahren hat man zahlreiche Substanzen entwickelt, deren pharmakologisches Wirkprofil sich teilweise deutlich unterscheidet. Schon drei Jahre nach der Einführung von Chlordiazepoxid folgte Diazepam (Valium®). Der ATC-Code verzeichnet u.a. folgende Wirkstoffe:

Wirkstoff Handelsname ATC-Code
Antiepileptika N03AE
Clonazepam Rivotril ® N03AE01
Midazolam Dormicum® N03AE02
Anxiolytika N05BA
Adinazolam N05BA07
Alprazolam Tafil® N05BA12
Bentazepam Tiadipona® N05BA24
Bromazepam Lexotanil® N05BA08
Camazepam N05BA15
Chlordiazepoxid Librium® N05BA02
Clobazam Frisium® N05BA09
Clotiazepam N05BA21
Cloxazolam N05BA22
Diazepam Valium® N05BA01
Dikaliumclorazepat Tranxilium® N05BA05
Ethylloflazepat N05BA18
Etizolam N05BA19
Fludiazepam N05BA17
Halazepam N05BA13
Ketazolam N05BA10
Lorazepam Tavor® N05BA06
Medazepam Rudotel® N05BA03
Metaclazepam N05BA27
Mexazolam N05BA25
Nordazepam Madar® N05BA16
Oxazepam Praxiten® N05BA04
Oxazolam N05BA26
Pinazepam N05BA14
Prazepam Demetrin® N05BA11
Tofisopam N05BA23
Hypnotika - Sedativa N05CD
Brotizolam Lendormin® N05CD09
Cinolazepam N05CD13
Doxefazepam N05CD12
Estazolam N05CD04
Flurazepam Staurodorm® N05CD01
Loprazolam Dormonoct® N05CD11
Lormetazepam Noctamid® N05CD06
Midazolam Dormicum® N05CD08
Nimetazepam N05CD15
Nitrazepam Mogadan® N05CD02
Quazepam Doral® N05CD10
Remimazolam Byfavo® N05CD14
Temazepam Remestan® N05CD07
Triazolam Halcion® N05CD05

Flunitrazepam (Rohypnol®) untersteht aufgrund eines erhöhten Missbrauchspotentials als einziges Benzodiazepin der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BTMVV).

5. Indikationen

Benzodiazepine werden bei einer Vielzahl von Indikationen als Medikamente eingesetzt, unter anderem bei:

Weiterhin verwendet man sie häufig zur Prämedikation vor chirurgischen Eingriffen. Die meisten Benzodiazepine sind nicht zur Dauerbehandlung zugelassen.

6. Nebenwirkungen

Bei regelmäßiger Einnahme besteht bei fast allen Benzodiazepinen eine ausgeprägte Suchtgefahr mit Auslösung eines Abhängigkeitssyndroms. Bei therapeutischen Dosen stellt sich eine Abhängigkeit nach etwa 4 bis 6 Monaten ein, bei hohen Dosen bereits nach 4 bis 6 Wochen. Besonders gefährdet sind Patienten mit bestehender oder früherer Alkoholkrankheit.

Die Anwendungsdauer von Benzodiazepinen sollte daher so kurz wie möglich und die Dosis so gering wie möglich gehalten werden (5-K-Regel). Mögliche Entzugssymptome bei Benzodiazepin-Abhängigkeit sind Rebound-Insomnie, Tremor, Schwitzen, Krampfanfälle und Psychosen.

Weitere mögliche Nebenwirkungen sind:

  • Atemdepression: Vor allem bei gleichzeitigem Alkoholkonsum oder bei gleichzeitiger Gabe anderer ZNS-wirksamer Arzneimittel
  • Beeinträchtigung der Reaktionszeit: Nach einer Einnahme von benzodiazepinhaltigen Arzneimitteln besteht eine Fahruntüchtigkeit.

Bei älteren Patienten erhöht die dauerhafte Einnahme von Benzodiazepin das Risiko, eine Demenz zu entwickeln.[1]

In einer retrospektiven Studie der FDA wurden zwischen 1990 und 2020 mehr als 260 Fälle von Torsades de pointes (TdP) im Zusammenhang mit der Verabreichung von Anxiolytika berichtet. Bromazepam und Midazolam wiesen das höchste Risiko auf. Auch bei Alprazolam, Lorazepam und Oxazepam wurde diese Nebenwirkung erstmals nachgewiesen.[2]

7. Kontraindikationen

Die Anwendung von Benzodiazepinen während der Schwangerschaft kann den Fetus schädigen. Während der Schwangerschaft sollten daher keine Benzodiazepine verabreicht werden.

8. Antidot

Im Falle einer Überdosierung von Benzodiazepinen kann Flumazenil als Antidot gegeben werden.

9. Labormedizin

Eine labormedizinische Testung kann sowohl zur Untersuchung des Medikamentenspiegels als auch im Rahmen eines Drogensuchtests erfolgen.

9.1. Material

  • Medikamentenspiegel: 2 ml Serum
  • Drogensuchtest: 5 ml Urin

9.2. Referenzbereiche

Präparat therapeutischer Bereich (ng/ml) toxischer Bereich (ng/ml)
Bromazepam 80–159 > 300
Clobazam 100–400
Clonazepam 15–60 > 80
Desalkylflurazepam 30–80
Desmethylclobazam 1.000–4.000
Desmethyldiazepam 600–1.500 > 2.000
Diazepam 200–500 > 1.000
Flunitrazepam 2–15 > 50
Flurazepam 2–20 > 200
Lorazepam 20–250 > 500
Nitrazepam 30–90 > 500
Oxazepam 500–2.000 > 2000

Da es sich beim Drogensuchtest im Urin um einen qualitativen Nachweis handelt, sollte dieser negativ ausfallen.

9.3. Falsch-positive Ergebnisse

Im Urin-Schnelltest können folgende Arzneistoffe einen falsch-positiven Nachweis verursachen:[3][4]

Acetylsalicylsäure, Clonidin, Desipramin, Diphenhydramin, Efavirenz, Fluoxetin, Furosemid, Hydralazin, Indometacin, Imipramin, Nicotinamid, Phenytoin, Pirfenidon, Promethazin, Propranolol, Riboflavin, Sertralin, Warfarin

10. Quellen

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