Alkoholsucht
Synonyme: Alkoholabhängigkeit, Alkoholismus, Äthylismus
Englisch: alcoholism
Definition
Alkoholsucht ist eine Suchterkrankung, die auf dem Konsum von Ethylalkohol basiert. Eine Alkoholsucht liegt vor, wenn mindestens 3 der folgenden Kriterien erfüllt sind:
- Craving
- Kontrollverlust
- Körperliches Entzugssyndrom nach Konsumunterbrechung
- Toleranzentwicklung
- Vernachlässigung anderer Interessen bis zur Verwahrlosung
- Fortführen des Konsums trotz klarer Hinweise auf negative körperliche, psychische oder soziale Folgen, z.B.:
- Konsum zu unpassenden Zeiten
- Konsum ohne Rücksicht auf soziale Auswirkungen
- ICD-10-Code: F10.2
Einteilung
Die Einteilung erfolgt meist in 5 Typen von Alkoholabhängigen nach der Alkoholikertypologie nach Jellinek. Weitere Typologien sind:
Epidemiologie
Die Prävalenz für Alkoholsucht in Deutschland beträgt etwa 3%, weitere 5% missbrauchen Alkohol (Alkoholabusus). Die Geschlechterverteilung zwischen Männer und Frauen ist ungefähr 3 zu 1, wobei wegen sozialer Ablehnung von einer hohen Dunkelziffer bei Frauen auszugehen ist. Es existieren verschiedene geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf Alkoholsucht.
Der Altersgipfel liegt zwischen dem 3. und 5. Lebensjahrzehnt, wobei ein Trend zur Abhängigkeit in jüngeren Lebensjahren besteht. Die Mortalität beträgt 30 Männer und 10 Frauen pro 100.000 Einwohner pro Jahr.
Ätiologie
Wie bei anderen Suchtkrankheiten sind auch die Ursachen der Alkoholsucht komplex. Es handelt sich um einen multikausalen Prozess, der physische, psychische und soziale Faktoren umfasst.
- In ca. 80% der Fälle liegt ein primärer Alkoholismus aufgrund einer anlagebedingten Persönlichkeitsstruktur und sozialer Umstände vor. Als eine Ursache wird eine verminderte Dichte der D2-Rezeptoren im Gehirn vermutet.
- In weiteren 20% der Fälle besteht ein sekundärer Alkoholismus auf dem Boden vorbestehender psychiatrischer Erkrankungen, z.B. bei Depression.
Psychische und körperliche Folgen
- Neuropsychiatrisch:
- akute Alkoholintoxikation
- Alkoholentzugssyndrom
- Wernicke-Korsakow-Syndrom
- epileptische Anfälle
- Hirnatrophie
- Pellagra
- Polyneuropathie
- Alkoholpsychosen
- Kleinhirnrindenatrophie
- zentrale pontine Myelinolyse
- alkoholische Myopathie
- Psychische intra- und interindividuelle Konflikte
- Erhöhte Suizidrate
- Sozialer Abstieg
- Gastrointestinal:
- Zahnruinen
- Mallory-Weiss-Syndrom
- Refluxösophagitis
- Malabsorptionssyndrom
- Mangelernährung
- Karzinome: Mundhöhle, Ösophagus, Magen
- Hepatisch:
- Pankreas:
- Herz-Kreislauf-System:
- Stoffwechsel:
- Immunsystem:
- Abwehrschwäche mit konsekutiver Infektanfälligkeit
- Endokrin:
- Libidoverlust und Impotenz bei Männern wegen Testosteronmangel
- Oligorrhoe / Amenorrhoe bei Frauen wegen Östrogenmangel
- Pseudo-Cushing-Syndrom
- Gravidität:
- Erhöhte Inzidenz von malignen Erkrankungen
- Häufig zusätzlicher Nikotinabusus
Anamnese
Basis der Diagnostik ist die Eigen- und Fremdanamnese mit standardisierten Fragebögen, z.B. mit dem häufig angewendeten CAGE-Test oder dem BASIC-Fragebogen. Die Ergebnisse der Eigenanamnese sind vom Arzt immer kritisch zu bewerten, da die Patienten den Konsum häufig leugnen oder verharmlosen.
Diagnostik
Akuter Alkoholabusus
Als Marker für akuten Alkoholabusus dient die Blutalkoholkonzentration.
Chronischer Alkoholabusus
Als Marker für den chronischen Alkoholabusus können CDT und Ethylglucuronid herangezogen werden, mit denen ein vermehrter Alkoholkonsum auch nach Tagen (CDT) oder Wochen (Ethylglucuronid) noch nachgewiesen werden kann.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche Laborwerte, die für einen chronischen Alkoholabusus sprechen:
- Leber
- Pankreas
- Elastase im Serum/Stuhl
- Knochenmark
- Blutbildveränderungen
- erhöhtes MCV
- Anämie
- Thrombozytopenie
- Blutbildveränderungen
- Vitaminmangel
- Zieve-Syndrom
- Ikterus
- Hyperlipidämie
- hämolytische Anämie (Haptoglobin niedrig)
Das MCV kann auch nach mehreren Wochen Hinweise auf einen chronischen Alkoholkonsum geben, da die durchschnittliche Lebensdauer von Erythrozyten etwa 120 Tage beträgt.
Therapie
Es handelt sich um eine chronische Erkrankung, die nicht geheilt werden kann. Das Ziel der Suchttherapie ist das Erreichen der lebenslangen Abstinenz. Der Therapieverlauf gliedert sich in:
- Kontakt- und Motivationsphase
- Entgiftungsphase
- Entwöhnungsphase
- Nachsorgephase
Zur Therapie zählt auch die medikamentöse Rückfallprophylaxe. In Deutschland sind derzeit folgende Wirkstoffe zugelassen:
In anderen Ländern ist darüber hinaus Disulfiram zugelassen.
Prognose
Ohne therapeutische Intervention ist die durchschnittliche Lebenserwartung um etwa 15 Jahre vermindert. Bei konsequenter Therapie können bis 70% der Alkoholabhängigen voll rehabilitiert werden. Die Prognose verschlechtert sich mit der steigenden Dauer der Abhängigkeit und ist umgekehrt proportional zum Eintrittsalter.
Weitere Informationen
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 08.02.2021
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