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Amphetamin-Intoxikation (Hund)

Synonym: Amphetamin-Vergiftung

1. Definition

Amphetamin-Intoxikationen sind eine Form der Rauschgift-Intoxikation beim Hund, die durch verschiedene Wirkstoffe aus der Gruppe der Amphetamine verursacht werden.

2. Ätiologie

Amphetamine sind sowohl in Pillen- als auch in Tablettenform erhältlich. Neben Vergiftungen mit Methamphetamin kommen beim Hund auch Intoxikationen mit Methylphenidat, MDMA und Methcathinon vor.

3. Chemie

Amphetamine sind lipophile und basische Moleküle, die einen Benzolring als Grundgerüst aufweisen. Der Wirkstoff liegt in Reinsubstanz entweder in weißer oder durchsichtiger Kristallform vor.

4. Pharmakokinetik

Nach oraler Aufnahme werden Amphetamine über den Magen-Darm-Trakt innerhalb der ersten zwei Stunden resorbiert. Anschließend gelangen sie aufgrund ihrer Lipophilie rasch über die Blutbahn ins ZNS. Die Ausscheidung erfolgt über die Nieren.

Durch eine Ansäuerung des Harns kann die renale Exkretionsrate deutlich gesteigert werden. Bei pH-neutralem Urin (pH-Wert ca. 7,5) beträgt die Plasmahalbwertszeit etwa sechs Stunden.

5. Pharmakodynamik

Amphetamin ist ein indirekt wirkendes Sympathomimetikum. Da es zusätzlich die Monoaminooxidase hemmt, weist es mit Abstand die längste Wirkungsdauer aller Sympathomimetika auf.

Aufgrund des indirekten sympathomimetischen Effekts wird peripher der Blutdruck stark erhöht, wobei die Herzfrequenz meist reflektorisch absinkt. Durch die Freisetzung von Dopamin wirkt Amphetamin zentral erregend. Die zentrale Wirkung betrifft überwiegend den Kortex. Das im Stammhirn liegende Atemzentrum wird hingegen nur schwach erregt. Bei hoher Dosis kommt es durch die Noradrenalinsekretion im Kreislaufzentrum zu einer Stimulation der postsynaptischen α2-Rezeptoren. Dies führt zu einer zentral ausgelösten Senkung des Sympathikotonus und damit zu einem Blutdruckabfall.

Aufgrund der zentralen Wirkung wird auch das Hungergefühl unterdrückt.

6. Pathophysiologie

Amphetamine führen zu einer erhöhten Noradrenalinfreisetzung aus noradrenergen Varikositäten. Da die Wiederaufnahme des Neurotransmitters aus dem synaptischen Spalt gleichzeitig gehemmt wird, kommt es zu einer vermehrten Stimulation der postsynaptischen Membran.

Durch Amphetamine werden im ZNS neben Norandrenalin noch andere Katecholamine (v.a. Dopamin) stimuliert. Noradrenalin führt dabei zu einer Zunahme der motorischen Aktivität, während Dopamin vorrangig für vermehrte Stereotypien verantwortlich ist.

7. Toxizität

Die akuten oralen LD50-Werte liegen zwischen 20 und 27 mg/kgKG.

Die Latenzzeit hängt vom Füllungszustand des Magens ab, sodass sie bei einem leeren Magen nur wenige Minuten beträgt. Nach parenteraler Applikation kommt es zu einem sofortigen Wirkungseintritt.

8. Klinik

Aufgrund der zentral erregenden Wirkung kommt es vorwiegend zu einer Steigerung der motorischen Aktivität, die sich auch auf andere Organsysteme auswirkt:

9. Differenzialdiagnosen

Als Differenzialdiagnosen kommen Intoxikationen mit Methylxanthinen, Metaldehyd, Strychnin, Insektiziden und Blei in Frage. Zusätzlich sind fieberhafte Erkrankungen, anaphylaktische Reaktionen und kardiale Arrhythmien anderer Genese auszuschließen.

10. Diagnose

Neben der Anamnese ist v.a. eine gründliche klinische Untersuchung hinweisend. Bei bestehendem Verdacht kann ein Nachweis der Substanzen in Blut, Harn oder Speichel durchgeführt werden.

11. Therapie

Intoxikationen sind Notfälle und müssen gemäß dem ABCDE-Schema intensivmedizinisch behandelt werden:

Amphetamin-induzierte Krampfzustände sollten mit Acepromazin (0,025 bis 0,2 mg/kgKG i.v.) behandelt werden. Acepromazin führt zu einer Blockade der Dopamin-Rezeptoren und hemmt gleichzeitig auch die Dopamin-Freisetzung. Diazepam eignet sich nicht für die Behandlung, da es die Amphetamin-bedingten neurologischen Symptom verstärkt.

Parallel dazu sollte bei betroffenen Hunden möglichst schnell Erbrechen mittels Emetika (z.B. Apomorphin 0,08 mg/kgKG s.c.) induziert werden. Anschließend kann Aktivkohle (1 g/kgKG p.o.) und Glaubersalz (0,5 bis 1 g/kgKG p.o.) wiederholt verabreicht werden.

Um die Giftsubstanzen schneller ausscheiden zu können, ist eine forcierte renale Elimination mittels Diurese einzuleiten. Zusätzlich sind symptomatische Maßnahmen zur Bekämpfung der Azidose (Ringer-Laktat- oder Bikarbonat-Infusionen) sowie der Arrhythmien und Tachykardien (Betablocker, z.B. Atenolol oder Esmolol) durchzuführen.

12. Quellen

13. Literatur

  • Niemand HG (Begr.). Suter PF, Kohn B, Schwarz G (Hrsg.). 2012. Praktikum der Hundeklinik. 11., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke-Verlag in MVS Medizinverlag Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1125-3
  • Frey HH, Löscher W (Begr.). Löscher W, Richter A (Hrsg.). 2016. Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie für die Veterinärmedizin. 4., vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in Georg Thieme Verlag KG. ISBN: 978-3-13-219581-3

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