Synkope
von altgriechisch: σύν ("syn") - zusammen und κόπτειν ("koptein") - schlagen
Synonyme: Blackout, Kollaps, Kreislaufkollaps
Englisch: Syncope
Definition
Die Synkope, auch Kreislaufkollaps genannt, ist ein kurzer, spontan reversibler Bewusstseinsverlust infolge einer gestörten Durchblutung des Gehirns (zerebrale Ischämie). Sie geht mit einem Verlust der Haltungskontrolle einher.
Einteilung
Synkopen werden in der Literatur nach unterschiedlichen Kriterien eingeteilt. Die hier gewählte Einteilung ist nur eine Möglichkeit.
Vaskulär bedingte Synkopen
- Orthostatische Hypotonie
- Stenosen der Hirnarterien
- Subclavian-Steal-Syndrom ("Drop Attack")
- Takayasu-Arteriitis
- Aneurysma der Arteria carotis interna
Kardial bedingte Synkopen
- Herzrhythmusstörungen (Tachyarrhythmien, Bradyarrhythmien, Sick-Sinus-Syndrom, WPW-Syndrom)
- Schrittmachersyndrom
- Long-QT-Syndrom
- Brugada-Syndrom
- Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVD)
- Herzinfarkt
- Hypertroph-obstruktive Kardiomyopathie (HOCM)
- Herzklappenfehler (hauptsächlich Aortenstenose)
- Vorhofmyxom
- Low-Adenosine-Asystolie
- Lungenembolie
- Perikardtamponade
Neurogene Synkopen
Neurogene Synkopen werden auch als vasovagale Synkopen oder Reflexsynkopen bezeichnet. Dazu zählen:
- Neurokardiogene Synkope
- Karotissinussynkope
- Viszerale Reflexsynkopen
- Miktionssynkope (meist im Stehen bei nächtlicher Vagotonie)
- Postprandiale Synkope
- Schmerzsynkope
- Pressorische Synkopen (Defäkationssynkope, Hustensynkope, Niessynkope)
- Schlucksynkope
- Strecksynkope
- Reflexsynkope bei Aortenstenose
- Basilarismigräne
Arzneimittel-induzierte Synkopen
- Antiarrhythmika
- Antihypertensiva
- Neuroleptika
- Antidepressiva
- Impfstoffe
- Arzneimittel gegen Alzheimer-Krankheit
- Onkologisch eingesetzte Arzneimittel
Psychogene Synkopen
Synkopen unklarer Ursache
Synkopen unklarer Ursache sind alle Synkopen, die sich nicht klar einordnen lassen.
Differentialdiagnose
Von den durchblutungsbedingten Synkopen abgegrenzt wird der Bewusstseinsverlust aufgrund anderer Ursachen, z.B.
- Metabolisch bedingter Bewusstseinsverlust
- Zerebral bedingter Bewusstseinsverlust
Klinisch sind diese Differentialdiagnosen von den "echten" Synkopen nur schwer zu unterscheiden. Dazu bedarf es in der Regel weiterführender Diagnostik.
Symptome
Der genaue Ablauf einer Synkope kann individuell sehr unterschiedlich sein. Sie ist gekennzeichnet durch eine reversible Bewusstlosigkeit, die von Myoklonien begleitet sein kann. Die Patienten sind häufig blass.
Prodromi
In vielen Fällen kündigt sich die Synkope zuvor durch entsprechende Warnzeichen (Prodromi) an. Zu diesen zählen beispielsweise:
- Übelkeit
- Erbrechen
- Abdominelles Druckgefühl
- Kältegefühl
- Schwitzen
- Palpitationen
- Sehstörungen
- Aura
- Schwindel
Palpitationen können sowohl vor als auch im Anschluss an eine Synkope auftreten. Darüber hinaus sind Verwirrtheit und manchmal auch Inkontinenz möglich. Fällt der Patient infolge der Synkope zu Boden, treten häufig Sturzverletzungen auf.
Anamnese
Die Anamnese spielt bei der Diagnostik von Synkopen eine entscheidende Rolle. Dabei sollten vor allem folgende Punkte abgeklärt werden:
- Umstände der Synkope (5 P's)
- Prodromi (Vorwarnsymptome)?
- Precipitants (Vorangehende Ereignisse bzw. situative Auslöser)?
- Position (Lageabhängigkeit der Beschwerden)?
- Palpitationen?
- Post-Event (z.B. Übelkeit und Erbrechen bei einer vasovagalen Synkope)?
- Prädisponierende Faktoren?
- Vorliegen einer Herzerkrankung?
- Stoffwechselstörungen?
- Neurologische Vorerkrankung?
- Medikamente?
Die Anamneseerhebung kann durch Score-Systeme wie den Calgary-Syncope-Score ergänzt werden. Bei mangelhaften eigenen Angaben des Patienten spielt auch die Fremdanamnese eine wichtige Rolle.
Diagnostik
Wegen des sporadischen und vorübergehenden Auftretens von Synkopen ist die Diagnostik häufig erschwert. Bei einer isolierten Synkope ohne neurologische Symptome sind EEG, Carotisdoppler und zerebrale Bildgebung nicht indiziert (Klasse-III-Empfehlung). Zu den Untersuchungsverfahren, die unter anderem eingesetzt werden, zählen:
- Klinische Testverfahren
- Kardiologische Untersuchung
- Auskultation, Herzgeräusche
- Elektrokardiogramm (EKG)
- Langzeit-EKG bzw. Ereignisrekorder: In den Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie hat insbesondere der implantierbare Ereignisrekorder als Diagnostikum bei ausgewählten Patienten mit mutmaßlichen vasovagalen Synkopen an Bedeutung gewonnen.
- Langzeitblutdruckmessung
- Echokardiographie
- Elektrophysiologische Untersuchung (EPU)
- Stresstests: Eine Ergometrie wird nur für Patienten mit kardialen Synkopen während oder nach körperlicher Belastung empfohlen (Klasse-I-Empfehlung). Eine Stressechokardiografie ist bei hypertropher Kardiomyopathie zur Evaluation einer belastungsabhängigen Ausflußtrakt-Obstruktion indiziert (Klasse-I-Empfehlung).
- Bildgebende Verfahren
- Labor
Therapie
Die Therapie richtet sich nach der auslösenden Ursache. Als Erstmaßnahme ist bei unkomplizierten Synkopen (z.B. bei orthostatischer Hypotonie) eine Beinhochlagerung, ggf. ergänzt durch kreislaufstabilsierende Arzneimittel, sinnvoll. Zudem sollte eine Aufklärung über das Verhalten in Auslösesituationen erfolgen und auf eine ausreichende Trinkmenge und Kochsalzzufuhr geachtet werden. Ein tägliches Stehtraining ist die wichtigste Maßnahme zur Rezidivprophylaxe.
Quelle
- Diehl R. et al., Synkopen, S1-Leitlinie 2020, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie.
Weblinks
- PharmaWiki Synkope, abgerufen am 26.04.2023