Blutzucker
Synonyme: Blutglukose, Blutzuckerwert, Blutzuckerspiegel
Englisch: blood sugar(level), blood glucose level
Definition
Nomenklatur
Da die Bestimmung der Glukose im Labor im Blutserum erfolgt, kann man auch von Serumglukose sprechen. Dieser Begriff hat sich in der klinischen Alltagssprache jedoch nicht durchgesetzt.
Einteilung
In Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Messung unterscheidet man:
Nüchternblutzucker | Blutentnahme morgens vor der ersten Nahrungsaufnahme nach mindestens achtstündiger Nahrungskarenz (Nüchternglukose) |
Präprandialer Blutzucker | Blutentnahme vor einer beliebigen Mahlzeit |
Postprandialer Blutzucker | Blutentnahme meist 1-2 Stunden nach einer Mahlzeit (2-Stunden-Glukosewert) |
Glucose-Tagesprofil | Blutentnahmen um 8:00 Uhr nüchtern, um 12:00 Uhr und um 16:00 Uhr |
Des Weiteren wird – vor allem in der Kommunikation mit dem Patienten – der aus dem HbA1c-Wert ermittelte Durchschnittsblutzucker verwendet.
Physiologie
Der Blutzuckerspiegel wird im Wesentlichen durch das Wechselspiel zweier Peptidhormone des Pankreas reguliert:
Darüber hinaus bewirken Katecholamine (Adrenalin) und NNR-Hormone (Cortisol) einen Anstieg des Blutzuckers.
siehe auch: Blutzuckerregulation
Präanalytik
In vitro kann es durch die fortdauernde Glykolyse und die Koagulation des Bluts zu falsch niedrigen Blutzuckerwerten kommen. Den Blutentnahmesystemen werden daher Hemmstoffe der Glykolyse, wie Citrat und Natriumfluorid (NaF) zugesetzt. Die alternative Verwendung von Plasmaröhrchen ist zwar aus ökonomischen Gründen nach wie vor verbreitet, aber fragwürdig. Sie sollte nur in Ausnahmefällen eingesetzt werden, da sie fehlerhafte Messwerte erzeugt.
Material
Für den Probenversand in das Labor sind nach den Empfehlungen der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) Abnahmesysteme zu verwenden, die einen sofort wirksamen Glykolysehemmer (Citrat/Citratpuffer) mit einem verzögert wirksamen Glykolysehemmer (Natriumfluorid) kombinieren.[1] Darüber hinaus sollte ein Gerinnungshemmer enthalten sein (z.B. EDTA oder Heparin). Diese Röhrchen werden in der Regel speziell ausgewiesen (z.B. "CF-Röhrchen"). Systeme, die nur Natriumfluorid und kein Citrat enthalten, sollten zur Primärdiagnostik nicht mehr eingesetzt werden.[1]
Wenn ausnahmsweise Blutplasma verwendet wird, muss dieses innerhalb von 30 min. zentrifugiert und vom Blutkuchen abgetrennt werden. Dieses Vorgehen ist in der Realität meist nur in Kliniken mit eigenem Labor zu erreichen.
Bei Messung mit einem Blutzuckermessgerät wird Kapillarblut aus der Fingerbeere entnommen.
Messung
Die Messung des Blutzuckers kann entweder im Labor oder mit Hilfe von tragbaren Blutzuckermessgeräten durch den Arzt, durch medizinisches Fachpersonal oder durch den Patienten selbst erfolgen. Die meisten Geräte bieten die Ergebnisse alternativ in mg/dl oder mmol/l an. Ist das nicht der Fall, kann man die Werte händisch umrechnen.
Geräte zur Selbstmessung sind seit der 2015 weiter verschärften Normierung (DIN EN ISO-Norm 15197:2015) fast so zuverlässig wie die Resultate aus dem Labor. Fehlerquellen können jedoch durch unsachgemäß genommene Proben entstehen (z.B. ungewaschene Hände).
siehe auch: Blutzuckermessung
Messmethode
Zur Bestimmung des Blutzuckers wird ein enzymatischer Test durchgeführt, bei dem die die Glucose das Substrat folgender Reaktion ist:
Glucose + ATP ⇌ Glucose-6-phosphat + ADP
Glucose-6-phosphat + NAD+ ⇌ Gluconat-6-phosphat + NADH + H+
Die Farbreaktion durch die Absorptionszunahme des NADH wird bei 334, 340 oder 365 nm gemessen.
Referenzbereiche
Referenzbereich für Kinder
Der Referenzbereich für den Blutzucker ist bei Kindern abhängig vom Lebensalter. Folgende Normwerte gelten für die Bestimmung aus Serum oder Plasma:
Alter | Norm |
---|---|
Neugeborene, Nabelschnur | 63 - 158 mg/dl |
Neugeborene, 1h | 36 - 99 mg/dl |
Neugeborene, 2 h | 39 - 89 mg/dl |
Neugeborene, 5 - 14 h | 34 - 77 mg/dl |
Neugeborene, 20 - 28 h | 46 - 81 mg/dl |
Neugeborene, 44 - 52 h | 48 - 79 mg/dl |
1. - 6. Lebensjahr | 74 - 127 mg/dl |
7. - 19. Lebensjahr | 70 - 106 mg/dl |
Referenzbereich für Erwachsene
Die Referenzwerte sind methodenabhängig und können je nach angewandter Technik und Laborverfahren voneinander abweichen. Dies gilt auch für die Selbstmessung des Blutzuckers. Ausschlaggebend ist der vom durchführenden Labor bzw. für das jeweilige Gerät angegebene Referenzbereich.
Nüchternblutzucker
Material | Normbereich [mg/dl] | "Graubereich" [mg/dl] | Pathologisch [mg/dl] |
---|---|---|---|
Plasma (venös) | 60 - 109 | 110 - 125 | ≥ 126 |
Plasma (kapillar) | 60 - 109 | 110 - 125 | ≥ 126 |
Vollblut (venös) | 60 - 99 | 100 - 109 | ≥ 110 |
Vollblut (kapillar) | 60 - 99 | 100 - 109 | ≥ 110 |
Postprandialer Blutzucker
1 bis 2 Stunden postprandial sollte der Wert unter 140 mg/dl liegen.
Umrechnung
Interpretation
Bei einem Blutzuckerwert, der niedriger als der Normwert ist, spricht man von Hypoglykämie, liegt er über dem Normwert, spricht man von Hyperglykämie.
Erhöhter Blutzucker
Erniedrigter Blutzucker
- Insulinom
- Überdosierung von Insulin oder oralen Antidiabetika
- Nebenniereninsuffizienz (Morbus Addison)
- Malignomen
- Hypophyseninsuffizienz
- Hepatitis
- Antiinsulinantikörper-Syndrom
- Alkoholvergiftung
- Mangelernährung
Gestörte Nüchternglukose
Von einer gestörten Nüchternglukose (IFG) spricht man bei folgenden Blutzuckerwerten:
- Nüchternblutzucker: zwischen 5,6 und 6,9 mmol/l (100 - 125 mg/dl)
- 2-Stunden-Glukosewert: < 7,8 mmol/l (140 mg/dl)
Gestörte Glukosetoleranz
Eine gestörte Glukosetoleranz (IGT) liegt bei folgenden Blutzuckerwerten vor:
- Nüchternblutzucker: < 7,0 mmol/l (126 mg/dl)
- 2-Stunden-Glukosewert: zwischen 7,8 und 11,1 mmol/l (140 - 200 mg/dl)
Manifester Diabetes mellitus
Als diagnostisches Kriterium für einen manifesten Diabetes mellitus gelten folgende Blutzuckerwerte:
- Nüchternblutzucker: > 7,0 mmol/l (126 mg/dl)
- 2-Stunden-Glukosewert: > 11,1 mmol/l (200 mg/dl).
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 18.03.2021