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Septische Arthritis

(Weitergeleitet von Eitrige Arthritis)

Synonyme: bakterielle Arthritis, eitrige Arthritis
Englisch: septic arthritis

1. Definition

Die septische Arthritis ist eine Gelenkinfektion, die durch Bakterien oder andere Mikroorganismen ausgelöst wird.

2. Epidemiologie

Die Angaben zur jährlichen Inzidenz variieren zwischen 4 bis 30 pro 100.000.[1] Generell betrifft die Erkrankung eher ältere Menschen. Durch den steigenden Einsatz von Gelenkendoprothesen nimmt die Inzidenz von Protheseninfektionen stetig zu.

3. Ätiologie

Eine septische Arthritis kann hämatogen, traumatisch oder per continuitatem, d.h. ausgehend von benachbarten Weichteilinfektionen, entstehen. Jeder dieser Infektionswege ist mit einem charakteristischen Erregerspektrum verbunden:

Infektionsweg Erregerspektrum
Hämatogene septische Arthritis bei Septikopyämie (häufigster Infektionsweg)[1]
Intraartikuläres Einbringen von Erregern (z.B. durch Trauma mit Eröffnung des Gelenks, unsterilen Punktionen, Gelenkoperationen)
  • Staphylokokkus aureus
  • koagulasenegative Staphylokokken
Ausbreitung benachbarter bakterieller Weichteilinfektion (z.B. bei Bisswunden[1], Osteomyelitis) Erregerspektrum je nach Primärinfektion

3.1. Risikofaktoren

Allgemeine Risikofaktoren einer septischen Arthritis sind:

Gelenkimplantate können nicht nur zu postoperativen Infektionen führen, sondern können auch auf hämatogenem Wege sekundär infiziert werden (implantatbedingte Sekundärinfektion). Dies ist insbesondere bei Lockerung oder Abriebsynovialitis eines künstlichen Gelenkes der Fall. Während bei postoperativen Infektionen Staphylokokken führend sind, ist das Erregerspektrum bei Sekundärinfektionen vielfältig.

4. Pathogenese

Grundsätzlich kommt es bei jeder bakteriellen Gelenkinfektion zur Invasion von Leukozyten in das Gelenk.

Der Großteil der Infektionen verläuft akut-eitrig. Hierbei kommt es zur raschen, chemotaktisch gesteuerten Infiltration von neutrophilen Granulozyten. Diese setzen Zytokine, Proteasen und Sauerstoffradikale frei, was zur Schädigung der Knorpelsubstanz und zur Proliferation der Synovialmembran führt. Je nach Größe des eitrigen Gelenkergusses kann es auch zur druckbedingten Nekrose von Gelenkanteilen kommen. Im Verlauf können sich fibrinbedingte und narbige Adhäsionen im Gelenk ausbilden.

Eine kleine Gruppe von Erregern (Mykobakterien, Nokardien und Brucellen) ruft eine schleichende, granulomatöse Arthritis hervor. Hierbei kommt es zur Invasion von TH1-Lymphozyten, die durch Rekrutierung von Monozyten zur Bildung von Granulomen führt.

5. Lokalisation

Septische Arthritiden sind in ca. 80 % der Fälle monoartikulär, seltener polyartikulär. Grundsätzlich kann dabei jedes Gelenk betroffen sein, am häufigsten sind jedoch Infektionen folgender Gelenke:

Bei Neisserien als Arthritis-Erreger, bei rheumatischer Gelenkvorschädigung oder bei schwerer Septikopyämie sind häufig kleinere Gelenke sowie mehrere Gelenke gleichzeitig betroffen.[1]

6. Klinik

Die Klinik der bakteriellen Arthritis bietet die klassischen Entzündungszeichen mit den Leitsymptomen Bewegungsschmerz, Bewegungseinschränkung und Fieber.

Protheseninfektionen können sich klinisch unauffälliger äußern, häufig fehlt z.B. das Fieber. Hinweise können eine Prothesenlockerung, osteolytische Herde in der Prothesenumgebung, Schmerzen und Schwellungen sein.

Die Neisserien-bedingte septische Arthritis kündigt sich teils durch flüchtige Arthralgien im Vorfeld an. Hierbei sind auch papulös-pustulöse Effloreszenzen als Begleitphänomene beschrieben.

7. Stadieneinteilung

7.1. Klinische Einteilung

Stadium Bezeichnung Symptomatik
I purulente Synovialitis Gelenkschwellung, Haut gerötet, glänzend, überwärmt, Gelenkerguss, Schonhaltung
II Gelenkempyem zusätzlich periartikuläre Schwellung und Rötung, starker Spontanschmerz, Druckdolenz der Gelenkkapsel, Entlastungsstellung in Flexion, Fieber
III Panarthritis massive Weichteilschwellung, prall gespannte, glänzende Haut, extreme Schmerzhaftigkeit, septische Körpertemperatur, reduzierter Allgemeinzustand
IV chronische Arthritis geringe Entzündungszeichen, Deformierung und diffuse Schwellung des Gelenkes, Fistelbildung und/oder starke Vernarbung, schmerzhafte Gelenkinstabilität, starke funktionelle Einschränkungen

7.2. Arthroskopische Einteilung

Stadium Befund
I leicht trüber Erguss, Synovialis gerötet, evtl. Petechien
II ausgeprägte Synovitis, Fibrinausschwitzungen, Erguss mit Eiter
III Zottenbildung, badeschwammartige Kammerung der Gelenkhöhle
IV Infiltratives Einwachsen der Synovialmembran in den Knorpel, Unterminierug des Knorpels

8. Diagnostik

8.1. Anamnese

Anamnestisch ist auf Risikofaktoren zu achten. Ebenso sind systemische Infektionen als Ursache der septischen Arthritis in Betracht zu ziehen.

8.2. Gelenkpunktion

Grundsätzlich sollte bei Verdacht auf eine septische Arthritis die Gelenkpunktion mit Aspiration von Gelenkflüssigkeit erfolgen. Bei einer akut-eitrigen Arthritis sind bei der Untersuchung des Punktats folgende Leitbefunde zu erheben:

Mittels mikrobiologischer Diagnostik wird ein Erregernachweis angestrebt. Zusätzlich sollte ein Antibiogramm angefertigt werden. Im Rahmen der mikrobiologischen Diagnostik können auch Pilze als Erreger identifiziert werden. In diesem Fall liegt eine Pilz-Arthritis als Sonderform der septischen Arthritis vor.

8.3. Biopsie

Bei einer Arthroskopie kann eine Synovialisbiopsie entnommen werden. Die arthroskopische Biopsieentnahme sollte jedoch nur durchgeführt werden, wenn die Ergebnisse der Punktion unklar sind, z.B. bei negativer Bakteriologie trotz typischer Klinik oder der Annahme eines chronischen Verlaufs durch atypische Erreger.

8.4. Bildgebende Verfahren

Bildgebende Verfahren stehen im Rahmen der Akutdiagnostik im Hintergrund. Sie dienen am ehesten der Verlaufskontrolle. Dabei kommen bedarfsadaptiert konventionelle Röntgenaufnahmen oder Schnittbildverfahren (MRT, CT) zum Einsatz.

9. Differentialdiagnosen

Differentialdiagnostisch kommen alle anderen möglichen Ursachen einer Arthritis in Betracht, insbesondere bei uncharakteristischem klinischem Bild.

10. Therapie

Die Therapie der septischen Arthritis umfasst:

Allgemeine Maßnahmen umfassen die Schmerzbekämpfung und Ruhigstellung des betroffenen Gelenkes. Zur Analgesie reichen NSAR meist aus.

10.1. Antibiotische Therapie

Die antibiotische Therapie sollte bei typischem labormedizinischem Befund mit Leukozytose noch vor der endgültigen Erregerdiagnostik und dem Antibiogramm als kalkulierte Antibiotikatherapie erfolgen.

Dazu eignen sich breit wirksame Cephalosporine oder Penicilline, eventuell in Kombination mit anderen Substanzen. Nach Eintreffen des Antibiogramms sollte auf die maximal wirksame Therapie umgestellt werden. Dabei kann das Antibiotikum auf ein engeres Erregerspektrum deeskaliert werden.

10.2. Erweiterte Maßnahmen

Zur Druckentlastung des Gelenkes und Entfernung von Zelltrümmern wird das Gelenk auch nach Einleitung der antibiotischen Therapie wiederholt punktiert. Durch die labormedizinische Untersuchung des Punktats kann so auch eine Verlaufskontrolle erfolgen.

Erfolgt nach einer Woche der antibiotischen Therapie keine klinische Besserung, ist eine Arthroskopie mit Debridement zu erwägen. Ein Debridement ist ebenfalls bei chronischen Verläufen und starker Pannusbildung im Gelenk anzudenken, da so eine weitere Destruktion minimiert und der Krankheitsprozess besser kontrolliert werden kann.

Bei infizierten Prothesen muss das Prothesenmaterial meistens entfernt werden, da eine antibiotische Therapie bei Belassen kaum Aussicht auf Erfolg hat. Hierbei können auch eventuell entstandene Fisteln versorgt werden.

Im Falle therapierefraktärer bakterieller Arthritiden, die trotz arthroskopischem Debridement, Spülungen und einer suffizienten antibiotischen Therapie nicht heilen, sind ggf. eine Arthrotomie und die Einlage einer Saug-Spül-Drainage notwendig.

11. Literatur

  • Bonnaire F, Weber A.: Bakterielle Gelenkinfektionen. AWMF-Register Nr. 012/010 Klasse: S1, abgerufen am 18.1.2023

12. Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Suerbaum, Burchard, Kaufmann, Schulz (Hrsg.), Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Springer Verlag, 9. Auflage, 2020. S. 1132
  2. Robert-Koch-Institut: RKI-Ratgeber - Brucellose. Auf: RKI.de, aufgerufen am 15.06.2023

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