(Weitergeleitet von Peyronie's disease)
nach François de la Peyronie (1678 bis 1747), französischer Chirurg
Synonyme: Morbus Peyronie, Peyronie-Krankheit, Penisfibromatose, erworbene Penisverkrümmung, IPP
Englisch: Peyronie's disease, fibroplastic induration of the penis
Als Induratio penis plastica, kurz IPP, bezeichnet man eine erworbene fibrotische Verhärtung ("Plaque") der Tunica albuginea des Penis meist unter Ausbildung einer Deviation.
In der Literatur finden sich nur wenige epidemiologische Daten. Angaben zur Prävalenz der Induratio penis plastica schwanken zwischen 0,4 und 10 %. Der Erkrankungsgipfel liegt zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr.
Die Ursache der Induratio penis plastica ist aktuell (2019) unklar.
Vermutet werden rezidivierende Mikrotraumen (z.B. beim Geschlechtsverkehr). Der entstehende mikrovaskuläre Schaden kann genetisch getriggert über TGF-β zu einer prolongierten entzündlichen Reaktion mit atypischer Wundheilung und Narbenbildung führen.
Neben traumatischen werden infektiöse, genetische und autoimmunologische Ursachen diskutiert.
In 9 bis 40 % ist die IPP mit einem Morbus Dupuytren assoziiert. Umgekehrt haben 4 % der Patienten mit Morbus Dupuytren eine IPP.
Weitere häufige Komorbiditäten bzw. Risikofaktoren sind:
Die Erkrankung nimmt ihren Ursprung häufig kurz hinter der Glans penis und schreitet gelegentlich bis zur Symphysis pubica fort. Die bindegewebigen Vermehrungen finden sich dabei vor allem in der Tunica albuginea und im Septum penis. In den Plaque finden sich Fibrinogenablagerungen und ein dichtes kollagenhaltiges Bindegewebe mit wenig Elastin. Die Expression von TGF-β ist erhöht. Um benachbarte Gefäße finden sich lymphozytäre Infiltrate. Weiterhin kann zu Kalkablagerungen im Bindegewebe sowie zur ektopischen Verknorpelung oder Verknöcherung (Penisknochen) kommen.
Die Induratio penis plastica verläuft typischerweise in zwei Krankheitsphasen.
In der akuten entzündlichen Phase zeigen sich meist punktuelle Schmerzen im unerigierten oder erigierten Penis. Außerdem kommt es zur Formation eines tastbaren, anfangs relativen weichen Knotens bzw. einer Plaque im Bereich der Tunica albuginea mit sukzessiver Verkrümmung des Penis nach dorsal oder lateral (Kurvatur). Die Plaque liegt meist auf der konkaven Seite der Deviation. Diese lässt den Patienten einen Tumor befürchten und führt ihn meist zum Arzt.
Nach dieser zunächst progredienten und undulierend verlaufenden Phase wird nach ungefähr einem Jahr - auch ohne Therapie - eine stabile postentzündliche (fibrotische) Phase erreicht, in der die Schmerzen meist rückläufig sind. Die Plaque verhärtet sich und kann kalzifizieren. Bei 3 bis 13 % der Patienten kommt es zu einer spontanen Remission. Häufiger entwickelt sich jedoch aufgrund der Penisverkrümmung eine Penisverkürzung oder Kohabitationsprobleme sowie eine erektile Dysfunktion.
Fast 50 % der Patienten weisen zusätzlich Symptome einer milden bis moderaten Depression auf.
Anamnestisch wird nach einem Kohabitationstrauma, nach Schmerzen bei der Erektion, Lokalisation der Induration, Dauer der Erkrankung und peniler Deviation gefragt. Seit 2013 existiert ein validierter Fragebogen, der jedoch nur bei Kohabitationsaktivität in den letzten vier Wochen einsetzbar ist.[1] Auch die psychische Belastung und die Beurteilung der Lebensqualität sollte evaluiert werden.
Der Tastbefund der IPP ist charakteristisch. Bei septaler Lokalisation oder Formation kleiner Knötchen sind die Läsionen zum Teil nur schwer zu detektieren.
Die Penisdeviation in Richtung der Plaque ist anfangs nur während einer Erektion sichtbar, sodass der Patient zu einer Autophotographie aufgefordert werden sollte. Letztlich ist die Ausdehnung der Plaque unabhängig von der Ausprägung der Deviation.
Im penilen Ultraschall kann die Ausdehnung der Plaques grob orientierent dargestellt werden. Diese zeigen sich als umschriebene, echoreiche Verdickungen der Tunica albuginea. Liegen Kalzifizierungen im Plaquebereich vor, erkennbar am dorsalen Schallschatten, sprechen die Patienten vermutlich schlecht auf eine konservative Therapie an.
Durch intrakavernöse Injektion von Prostaglandin E1 und Durchführung einer farbkodierten Duplexsonographie können Rigidität, Deviationswinkel, Penisdeformation, Sanduhrphänomene sowie eine distale Flakzidität (Schlaffheit) und eine begleitende erektile Dysfunktion dargestellt werden.
Ob eine MRT zur Verbesserung der Diagnostik beiträgt, ist umstritten. In der T1- und T2-Wichtung zeigen sich im Vergleich zur gesunden Tunica albuginea signalreiche Plaques, bei Verkalkungen signalfreie Areale. Eine Kontrastmittelaufnahme innerhalb des Plaques zeigt eine akute Entzündung an. Derzeit wird die Durchführung einer MRT nicht empfohlen.
Eine kausale medikamentöse Therapie ist derzeit (2019) nicht möglich. Konservative Ansätze werden in der anfänglichen entzündlichen Phase empirisch angewendet. Sie sollen insbesondere die Schmerzen reduzieren und die Krankheitsprogression aufhalten. Das postentzündliche Stadium stellt bereits den Endpunkt der Erkrankung dar, daher kommt eine konservative Therapie in dieser Phase wahrscheinlich zu spät.
In der postentzündlichen Erkrankungsphase kann die Penisverkrümmung chirurgisch korrigiert werden. Bei einer begleitenden schweren erektilen Dysfunktion ist die Implantation einer Schwellkörperprothetik oft unumgänglich.
Da die Ursache der Induratio penis plastica aktuell (2019) unbekannt ist und die meisten medikamentösen Behandlungsformen einen Off-Label-Einsatz darstellen, muss die Wirksamkeit einzelner Therapieoptionen kritisch betrachtet und in placebokontrollierten Studien weitergehend evaluiert werden. Die bisherigen Studiendaten zur konservativen Therapie sind meist widersprüchlich, sodass sie von den 2018 aktualisierten Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Urologie (EAU) folgerichtig nur zurückhaltend empfohlen werden.[2]
Die intraläsionale Injektion von Arzneimitteln ist eine weitere Therapieoption, die zu einer hohe Wirkstoffkonzentrationen im Plaquebereich führt. Zur Anwendung kommen:
Eine chirurgische Therapie dient der Korrektur der Penisdeviation und sollte nur in der stabilen Phase der Erkrankung durchgeführt werden, d.h. ungefähr nach einem Jahr bei seit 6 Monaten konstanter Symptomatik. Es muss allerdings beachtet werden, dass die Therapie schwieriger wird, je länger die Narbenplatte besteht.
Eine Indikation zur operativen Therapie liegt vor, wenn (trotz adäquater erektiler Funktion) die Penetration erschwert, Schmerzen beim Patienten (oder beim Partner) während des Geschlechtsverkehrs (GV) entstehen oder insgesamt der GV nicht möglich ist. Das Ziel sollte sein, den Leidensdruck des Patienten zu verringern und die Ausübung eines partnerschaftlich zufriedenstellenden GV zu ermöglichen.
Wie bei anderen chirurgischen Eingriffen besteht allgemeine Operationsrisiken (z.B. Blutung oder Infektionen). Weiterhin müssen die Patienten unter anderem über Risiken einer Penisverkürzung, einer erektilen Dysfunktion oder einer verminderter Empfindung des Penis aufgeklärt werden. Weiterhin ist mit einem postoperativen penilen Ödem und subkutanen Hämatomen zu rechnen.
Eine operative Korrektur ist grundsätztlich bei jedem Deviationswinkel möglich. Der Winkel und die Richtung aber auch die Penislänge bestimmten die Wahl des operativen Verfahrens. Man unterscheidet penile Verkürzungsverfahren (Nesbit-Operation, Plikaturverfahren) von penilen Verlängerungsverfahren (Inzisionsverfahren).
Erstere werden bevorzugt bei kleinem Deviationswinkel und adäquater Penislänge. Penisverlängernde Methoden werden inbesondere bei ausgeprägter Penisdeviation (> 60°), Sanduhr-Deformität und guter erektiler Funktion angewendet.
1965 beschrieb Nesbit als erstes die Entfernung eines ovalären Abschnitts der Tunica albuginea zur Begradigung einer Penisdeviation.[5] 1979 wurde diese Methode erstmals zur Behandlung einer IPP angewendet.[6] Dabei wird ein Abschnitt an der konvexen Penisseite entfernt. In über 80 % der Fällen kann hierdurch eine Penisbegradigung erreicht werden. In ungefähr 10 % d.F. tritt eine erneute Penisdeviation, eine penile Hypästhesie oder eine postoperative erektile Dysfunktion auf. Als Resultat dieser Operation kommt es zu einer Verkürzung des Penis um durchschnittlich 1 bis 1,5 cm. Es existiert eine Modifikationen dieser Methode.[7]
Plikaturverfahren ähneln der Nesbit-Operation. Sie basieren auf eine oder mehrere Längsschnitte an der konvexen Seite, die horizontal verschlossen werden. Alternativ erfolgt die Plikation ohne eine Inzision erfolgen. Dabei existieren verschiedene Modifikationen. Die Resultate ähneln der Nesbit-Operation, jedoch bei schlechterer Datenlage.[8][9][10][11][12][13]
Penisverlängerungsverfahren basieren auf einer Inzision in der konkaven Seite der Tunica albuginea mit anschließender Defektdeckung durch Graftmaterial. Die komplette Entfernung der Plaque ist nicht empfohlen, da sie mit einem hohen Risiko einer postoperativen erektilen Dysfunktion einhergeht.[14]
1974 beschrieben Devine und Horton erstmals diese Methode.[15]. Seitdem wurden verschiedene Graftmaterialien und Operationstechniken entwickelt.[16]. Bei der Wahl des Graftmaterials müssen jeweilige Vor- und Nachteile abgewogen werden. Eingesetzt werden z.B.:
Ab der zweiten postoperativen Woche sollte eine Streckung des Interponats mittels Vakuumerektionssystemen durchgeführt werden, um einer Schrumpfung des Graftmaterials entgegenzuwirken. Meist wird hiermit bereits drei Monate präoperativ begonnen.
Inzisionsverfahren sind vermutlich mit einem höheren Risiko einer postoperativen erektilen Dysfunktion verbunden (25 bis 39 % der Fälle).[17]. In durchschnittlich 17 % d.F. ist eine Reoperation notwendig.
Wenn der Patient begleitend an einer therapieresistenten erektilen Dysfunktion leidet, kann simultan eine Korporoplastik mit Implantation einer Penisprothese durchgeführt werden. In leichten Fällen kann durch den Einsatz einer Penisprothese auf genannte Operationsverfahren verzichtet werden, da sie ebenfalls den Penis begradigen kann.
Tags: Kollagen, Nesbit, Penis, Verhärtung
Fachgebiete: Urologie
Diese Seite wurde zuletzt am 1. Oktober 2019 um 17:09 Uhr bearbeitet.
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