MRT des Hüftgelenks
Synonym: MRT der Hüfte
Definition
Die MRT des Hüftgelenks ist ein apparatives Untersuchungsverfahren, bei dem das Hüftgelenk mittels Magnetresonanztomographie (MRT) dargestellt wird.
Durchführung
Die MRT des Hüftgelenks wird in Rückenlage des Patienten durchgeführt. Häufig werden spezielle Body-Array-Spulen eingesetzt. Die Füße sollten nach innen rotiert werden. In der Regel wird die gleichzeitige Untersuchung beider Hüften nur in Ausnahmefällen durchgeführt. Empfohlen wird, die symptomatische Seite mit möglichst hoher Ortsauflösung zu untersuchen. Knorpel- und Labrumläsionen sind oft subtil und erfordern hochauflösende Sequenzen, optimalerweise bei einer Feldstärke von 3 Tesla. Das empfohlene FOV liegt bei 160 mm, die Schichtdicke bei bis zu 3 mm. Koronare Schichten werden bei Gelenkpathologien streng koronar, bei Pathologien des proximalen Femurs (z.B. Hüftkopfnekrose) parakoronar zum Schenkelhals gekippt. Sagittale Schichten sollten streng sagittal akquiriert werden. Axiale Schichten werden bei extraartikulären Pathologien streng axial, bei Gelenkpathologien (z.B. Labrumläsionen) paraaxial durch den Schenkelhals anguliert.
Es existiert kein einheitliches MRT-Protokoll für die Bildgebung des Hüftgelenks. Ein typisches Protokoll umfasst:
- PD-TSE-FS-Sequenzen: koronar, sagittal und axial
- T1-FSE-Sequenzen: koronar
- ggf. 3D-GRE-Sequenzen: bei femoroazetabulärem Impingement (FAI) und Labrumläsionen
- ggf. T1-TSE-Sequenzen sagittal: bei Hüftkopfnekrose, transientem Knochenmarködemsyndrom und subchondraler Insuffizienzfraktur
- ggf. T1-TSE-FS nach Kontrastmittel: teilweise nützlich bei entzündlichen Veränderungen, Hüftkopfnekrose, transientem Knochenmarködemsyndrom, subchondraler Insuffizienzfraktur, Enthesiopathie, Bursitis
Bei speziellen klinischen Fragestellungen zu Labrumläsionen, Chondropathie und FAI wird eine MR-Arthrographie durchgeführt. Dabei kommen typischerweise folgende Sequenzen zum Einsatz:
- PD-TSE-FS-Sequenz koronar
- T1-TSE-Sequenz sagittal und axial
- T1-TSE-FS koronar
- ggf. 3D-GRE
Befundung
Bei der Befundung einer MRT des Hüftgelenks sollten folgende Aspekte berücksichtigt werden:
Knochen | Hüftkopf, Schenkelhals |
Acetabulum | |
Os pubis (Schambein), Os ischii (Sitzbein), Os ilium (Darmbein) | |
Symphyse | |
Gelenkflächen | Knorpel |
Labrum | |
Kapsel, Bänder | Ligamentum capitis femoris |
Plicae | |
Muskeln, Sehnen | Musculus gluteus minimus, Musculus gluteus medius, Enthesen am Trochanter major |
Tractus iliotibialis | |
Enthesen am Tuber ischiadicum | |
Musculus quadratus femoris | |
Adduktoren | |
Restliche Weichteile | Bursen |
Gefäße, Nerven | |
Kutis, Subkutis |
Knochen
Knochenmark
Insbesondere im Acetabulum und mit zunehmendem Alter in den angrenzenden Arealen des Sitz- und Darmbeins sowie beidseits der Iliosakralfugen finden sich Fettmarkanteile innerhalb des roten Knochenmarks, sodass ein inhomogenes Signal entsteht. Umgekehrt befinden sich im gelben Knochenmark des proximalen Femurs streifige Reste von rotem Knochenmark intertrochantär und im Schenkelhals.
Knochenmarkveränderungen treten bei vielen verschiedenen Erkrankungen auf:
- Gelenkdegeneration: subchondrale Veränderungen mit sklerotischen Arealen, subchondralen Zysten und Osteophyten, im Verlauf auch subchondrale Insuffizienzfrakturen, Nekrosen und Gelenkflächeneinbrüche
- Trauma: Kontusionen, Frakturen, osteochondrale Läsionen (meist bei jungen Sportlern und relativ weit medial gelegen).
- Stressreaktionen bis hin zu Stressfrakturen, Insuffizienzfrakturen
- Hüftkopfnekrose mit subchondralen Frakturen
- Entzündliche Veränderungen
- Tumoren: bei jungen Patienten meist Osteoidosteom, bei älteren Personen meist Metastasen
- systemische Knochenmarkerkrankungen
Ödemartige Signalveränderungen in Schenkelhals und Hüftkopf können auch ohne erkennbare Ursache auftreten. Man spricht von idiopathischen transienten Knochenmarkveränderungen. Dieses eigenständige Krankheitsbild betrifft fast nur Personen im mittleren Lebensalter und Frauen im letzten Trimenon und geht mit starken Schmerzen einher. Die Signalveränderungen sind meist diffus und unscharf begrenzt. Begleitend findet sich ein Gelenkerguss und ein periartikuläres Ödem. Hinweis auf ein irreversibles Stadium mit folgendem Einbruch und Nekrose ist eine subchondrale, in allen Sequenzen signalarme, 4 mm dicke und über 12 mm lange Zone. Diese Zone kann durch Kontrastmittel deutlicher visualisiert werden. Bei ausgeprägten Formen der idiopathischen transienten Knochenmarkveränderungen kommt es zu einer radiologischen Mineralsalzminderung (transiente Osteopenie).
Hüftkopfnekrose
Bei der Hüftkopfnekrose findet sich in der MRT ein subchondrales Segment, das durch eine scharfe Demarkationslinie abgegrenzt ist. Das betroffene subchondrale Segment kann fett-, blut-, ödem- oder skleroseäquivalente Signale aufweisen. Die Demarkationslinie zeigt in der T2w-Sequenz ohne Fettsättigung eine typische Doppellinie (Double Line Sign):
- nekroseseitig verlaufende Flüssigkeitslinie
- angrenzende Skleroselinie
Im Verlauf der Erkrankung kommt es zu einem Einbruch des Knochens. Das entscheidende MR-tomographische Zeichen eines bevorstehenden Einbruchs ist das Auftreten von ödemäquivalenten Knochenmarkveränderungen angrenzend an die Nekrose. Prognostische Faktoren sind:
- Größe: Summe der betroffenen Winkel in einer mittleren koronaren und mittleren sagittalen Schicht. Nekrosen mit < 200° haben ein niedriges, mit > 250° ein hohes Risiko für einen Einbruch innerhalb weniger Jahre.
- Lage: Ist weniger als ein Drittel der lasttragenden Zone beteiligt, ist die Prognose günstig, bei über zwei Drittel ist von einer schlechteren Prognose auszugehen. Eine besonders ungünstige Prognose liegt bei Beteiligung des lateralen Drittels der lasttragenden Zone oder der Bereich lateral des Acetabulumrands vor.
Hüftkopfnekrosen sind nur in ca. 10 % der Fälle Folge einer primär avaskulären Knochennekrose, insbesondere bei Patienten mittleren Lebensalters mit übermäßigem Alkoholkonsum oder Einnahme von Glukokortikoiden. Dabei sind meist beide Hüftköpfe betroffen und die glatte Demarkationslinie verläuft spiegelbildlich zur Gelenkfläche.
Die meisten Hüftkopfnekrosen entstehen jedoch sekundär auf dem Boden einer subchondralen Insuffizienzfraktur. Diese ist in der Regel unilateral, zeigt eine parallel zur Gelenkfläche verlaufende Frakturlinie und weist meist ödematöse Signalveränderungen und eine Kontrastmittelaufnahme auf beiden Seiten der Fraktur auf. Wenn das subchondrale Fragment in wassergewichteten Sequenzen signalarm ist, spricht dies für eine sekundäre Nekrose. Diese tritt insbesondere bei älteren Patienten mit Osteoporose oder Adipositas auf.
Des Weiteren können Osteonekrosen auch sekundär bei Einbruch der Gelenkfläche, z.B. im Rahmen von Degeneration, auftreten.
Entsprechend sollten im Befund folgende Aspekte geklärt werden:
- Vorliegen einer demarkierten Hüftkopfnekrose: nur bei erkennbarer Demarkationslinie.
- Größe und Lage der Nekrose
- Vorliegen von diffusen Knochenmarkveränderungen vor als Zeichen der Insuffizienzfraktur (potentiell reversibel) oder bereits manifester Einbruch der Nekrose. Treten diffuse Knochenmarkveränderungen bei vorbestehender demarkierter Hüftkopfnekrose vor, ist dies als Folge der mechanischen Insuffizienz bzw. als sekundäre Insuffizienzfraktur und als Hinweis auf einen drohenden Kollaps zu werten. Die Knochenmarkveränderungen gehen meist mit Schmerzen einher.
- Vorliegen von Zeichen der sekundären Arthrose.
Spongiöse Frakturen
Bei allen spongiösen Frakturen können sich diffuse, unscharf begrenzte, ödemäquivalente Knochenmarkveränderungen zeigen. Man unterscheidet:
- idiopathische transiente Knochenmarkveränderungen: meist mittleres Lebensalter, Männer deutlich häufiger betroffen. Teilweise zeigt sich ein subchondrales signalfreies Areal. Gute Prognose.
- subchondrale Insuffizienzfrakturen: meist ältere Patienten, Frauen deutlich häufiger betroffen. Osteoporose und Adipositas als Risikofaktoren. Charakteristische unscharfe Frakturlinie parallel zur Gelenkfläche. Können folgenlos ausheilen, wobei das Risiko einer sekundären Osteonekrose mit Einbruch mit der Frakturlänge steigt.
- Insuffizienzfrakturen des Schenkelhalses
- avaskuläre Osteonekrose mit folgendem Einbruch: meist mittleres Alter, Männer und Frauen gleich häufig betroffen. Risikofaktoren sind Alkoholabusus und Glukokortikoide. Charakteristische Demarkationslinie der Nekrose spiegelbildlich zur Gelenkfläche und ggf. zusätzliche Frakturen. Schlechte Prognose
- subchondrale Stressfrakturen: bei jungen Erwachsenen, meist Leistungssportlern, Männer und Frauen gleich häufig betroffen. Oft weit medial lokalisierte, unscharfe Frakturlinie parallel zur Gelenkfläche. Gute Prognose
Osteitis pubis
Insbesondere bei Leistungssportlern kann es im Rahmen einer Überlastungsreaktion zu einem Ödem in den angrenzenden Schambeinen sowie in den Adduktoren, insbesondere im Musculus adductor brevis, kommen. Auch eine irreguläre Symphysenfuge kann bei der akuten Osteitis pubis auffallen. In chronischen Fällen finden sich subchondrale Zysten vor der Symphyse und eine Degeneration der Symphyse.
Des Weiteren finden sich oft Einrisse an den Enthesen, die in die Aponeurose einstrahlen. Man unterscheidet:
- Streifiger Riss am Unterrand des Ramus inferior ossis pubis (Secondary Cleft Sign): Avulsion der Enthesen von Musculus gracilis, Musculus adductor brevis und Musculus pectineus
- Streifiger Riss am Unterrand des Ramus superior ossis pubis (Superior Cleft Sign): Avulsion der Enthesen von Musculus rectus abdominis und Musculus adductor longus.
Geringe Knochenmarködeme kommen auch bei asymptomatischen Personen vor. Avulsionen des Musculus rectus abdominis sind hingehen immer symptomatisch. Die Therapie unterscheidet sich bei Tendinopathie oder Avulsion der Sehne des Musculus rectus abdominis, isolierter Osteitis pubis und reiner Tendinopathie der Adduktoren.
Transkortikale Synoviaherniationen
Transkortikale Synoviaherniationen, auch Herniation Pits genannt, sind intraossäre zystische Läsionen im anterolateralen Schenkelhals. Sie sind Flüssigkeits-isointens und zeigen eine randständige Sklerose. Sie können größenprogredient sein, fibrosieren oder ein umgebendes Ödem aufweisen. Es handelt sich häufig um einen Zufallsbefund ohne klinische Relevanz.
Gelenkflächen
Gelenkknorpel
Knorpelläsionen sind am Hüftgelenk oft subtil und erfordern ebenfalls hochauflösende Sequenzen. Die Befundung gleicht der von anderen Gelenken.
Fossa supraacetabularis
Die Fossa supraacetabularis ("stellate lesion") ist 5 mm große und 3 mm tiefe knöcherne Mulde an der 12 Uhr Position des Acetabulums, die ganz oder teilweise mit Knorpel aufgefüllt sein kann. Es handelt sich um eine Normvariante, die bei ca. 10 % der Personen vorkommt. Oft ist ein sklerotischer Rand erkennbar.
Labrum acetabuli
Läsionen des Labrums werden anhand eines Zifferblatts angegeben, wobei 12 Uhr als höchster Punkt des Acetabulumrings definiert ist. Dabei bezieht sich die Angabe immer auf die rechte Hüfte, d.h. 3 Uhr (bzw. 15 Uhr) bezeichnet immer das anteriore, 9 Uhr immer das posteriore Labrum. Zusätzlich sollte der Quadrant angegeben werden.
Das Labrum inseriert direkt am Knochen, teilweise kann der Gelenkknorpel aber auch unter das Labrum reichen. Dies darf nicht als Läsion fehlinterpretiert werden. Das Labrum ist normalerweise signalfrei, wobei in erster Linie degenerativ bedingte Signalanhebungen auch mit zunehmendem Alter bei asymptomatischen Personen vorkommen. Des Weiteren können auch Ossifikationen entlang des Acetabulumrands bei asymptomatischen Personen vorkommen, die nicht als Zeichen der Arthrose oder eines Impingements interpretiert werden sollten.[1]
Die Gelenkkapsel inseriert außerhalb des Labrums am Knochen, sodass sich ein Kapselrezessus bildet. An der Labrumbasis posteroinferior findet sich als Normvariante häufig eine kleine sublabrale Rinne (sublabraler Rezessus). Anteroinferior entsteht am Übergang von Labrum zum Ligamentum transversum acetabuli zwischen Bandansatz und Acetabulum ein physiologischer Spalt, der nicht als Läsion fehlinterpretiert werden sollte. Ob gelenkseitig an der Basis anderer Labrumabschnitte ein Rezessus als Normvariante existiert oder ob das immer ein Labrumriss darstellt, ist unklar. Kurzstreckige, schmale und glatt begrenzte Flüssigkeitseintritte im anteroinferioren bis anterioren (14 Uhr) Segment können reizlosen Rezessus entsprechen. Flüssigkeit oberhalb der 14 Uhr Position sind in der Regel Risse der Labrumbasis. Flüssigkeit in der gesamten Labrumbasis ist immer pathologisch.
Labrumrisse sind fast immer degenerativ und sehr selten traumatisch bedingt. Sie betreffen meist das anterosuperiore Segment, in einem Drittel der Fälle sind andere Abschnitte beteiligt. In 90 % der Fälle betreffen die Risse die Labrumbasis und nicht die Substanz. In 75 % sind Labrumläsionen mit Knorpelläsionen im selben Acetabulumsegment assoziiert.
Die Diagnostik von Labrumläsionen wird durch eine MR-Arthrographie erleichtert. Da Labrumrisse auch bei asymptomatischen Patienten vorkommen können, sollte die MR-Arthrographie nur bei jungen Patienten mit entsprechender Klinik durchgeführt werden. Ossifikationen im Labrum korrelieren nicht mit einem FAI oder einer Gelenkdegeneration. Eine Einteilung von Schweregraden der Labrumläsion ist vermutlich prognostisch nicht relevant.
Femoroazetabuläres Impingement
Das femoroazetabuläre Impingement (FAI) ist ein klinisches Syndrom, dass durch Schmerzen bei der Innenrotation in Hüftbeugung gekennzeichnet ist. Es entsteht durch das Anstoßen des proximalen Femurs am Acetabulum und betrifft meist junge Männer.[2][3] Die Bildgebung kann zum einen Faktoren aufzeigen, die für ein FAI prädisponieren, als auch seine Folgen darstellen. Man unterscheidet zwei Formen, wobei Mischbilder vorkommen:
- Cam-Morphologie: Ursache auf Seiten des Hüftkopfs
- Pincer-Morphologie: Ursache auf Seiten der Pfanne
Knorpelläsionen finden sich bei Cam-Morphologie vor allem anterosuperior bis superior, bei Pincer-Morphologie insbesondere posteroinferior bis posterior. Im Verlauf können bei beiden Formen Labrumläsionen und klassische arthrotische Veränderungen auftreten.
Beide Morphologien kommen jedoch häufig auch bei Gesunden vor. Analog lassen sich Knorpel- bzw. Labrumläsionen oft in asymptomatischen Hüftgelenken finden.[4][5]
Bei der Beurteilung des FAI sollte auch der Antetorsionswinkel durch einen zusätzlichen axialen Scan durch das Kniegelenk gemessen werden. Bei verminderter Antetorsion ist das Risiko für ein FAI erhöht. In diesem Fall kann eine Cam-Morphologie überbewertet werden. Umgekehrt kann eine Cam-Morphologie bei erhöhter Antetorsion vor einem Impingement schützen.[6][7]
In der postoperativen Bildgebung nach FAI-Korrektur finden sich knöcherne Substanzdefekte am Hüftkopf-Schenkelhals-Übergang bzw. am Acetabulumrand sowie ggf. resezierte oder refixierte Labrumanteile. Darüber hinaus sieht man häufig Kapseladhäsionen und eine Obliteration des paralabralen Rezessus. Diese besitzen keine klinische Relevanz.
Subspine Impingement
Ein FAI muss von einem sogenannten "Subspine-Impingement" differenziert werden.[8][9] Dabei bedingen Anomalien an oder unter der Spina iliaca anterior inferior ein Anstoßen des Schenkelhalses bei Hüftbeugung. Es kommt unter anderem posttraumatisch vor, z.B. nach knöcherner Avulsion des Ursprungs des Musculus rectus femoris. Eine prominente Form der Spina findet sich bei einem Drittel aller Menschen und stellt keinen Risikofaktor dar.[10]
Paralabrale Zysten
Paralabrale Zysten können infolge eines Labrumrisses entstehen und somit auch indirekt darauf hinweisen. Sie sind meist anterosuperior lokalisiert und oft lobuliert. Sie können den angrenzenden Knochen arrodieren oder intraossär liegen. Sie kommen häufig bei einer Hüftdysplasie vor.
Paralabrale Zysten können mit einer Tendinopathie am Ursprung des Musculus rectus femoris verwechselt werden.
Kapsel, Bänder
Gelenkkapsel
Die Gelenkkapsel des Hüftgelenks weist drei kräftige Bandverstärkungen auf:
- Ligamentum iliofemorale: ventrales, kräftiges Band mit superiorem und inferiorem Anteil. Zieht zur Linea intertrochanterica.
- Ligamentum pubofemorale: mediokaudal
- Ligamentum ischiofemorale: dorsal
In der sogenannten Zona orbicularis finden sich außerdem quer zum Schenkelhals verlaufende Fasern, die eine schlingenförmige Verstärkung der Kapsel bilden. Bei Fehlen eines Gelenkergusses sind diese signalarmen Fasern kaum von der Kortikalis abzugrenzen.
Das Ligamentum transversum acetabuli verbindet das anteriore und posteriore Labrum mediokaudal und bildet so einen Teil des Bodens der Gelenkkapsel.
Plicae
Plicae synoviales sind im Hüftgelenk häufig in folgenden Lokalisationen ausgebildet:
- labrale Plicae: zwischen Labrum und anteriorer Kapsel
- Schenkelhals-Plicae ("pektinofoveale Falte", "neck plica"): entlang der medialen Kontur des Schenkelhalses . Überspannt die Zona orbicularis
- ligamentäre Plicae: parallel zum Ligamentum capitis femoris
Die klinische Relevanz von Plicae ist unklar. In Einzelfällen wurde eine Schmerzlinderung nach Resektion beschrieben.
Ligamentum capitis femoris
Das Ligamentum capitis femoris entspringt dem Ligamentum transversum acetabuli und zieht zum anterosuperioren Abschnitt der Fovea capitis femoris.
Bei schweren Verletzungen mit Hüftluxation kommt es meist zu Rupturen an der femoralen Insertion. Es kann jedoch auch bei geringeren Verletzungen oder durch Degeneration zu einer (Teil-)Ruptur und so möglicherweise zu chronischen Hüft- und Leistenschmerzen kommen.
Entzündungen
Bei der Hydroxylapatit-Ablagerungserkrankung (HADD) kommt es häufig am Hüftgelenk zu Kalkablagerungen, meist neben dem Ligamentum iliofemorale. Man spricht hier von einer Periarthritis calcarea.
Ob die adhäsive Kapsulitis des Hüftgelenks eine eigenständige Erkrankung darstellt, ist derzeit (2024) unklar. Es gibt vereinzelte Berichte, wobei meist Frauen mittleren Lebensalter betroffen werden. Des Weiteren sollte man bei einer unklaren Entzündung der Gelenkkapsel auch an eine Gicht denken.
Muskeln, Sehnen
Adduktoren
Akute Traumen oder chronische Überlastungsreaktionen führen häufig zu Verletzungen der Adduktoren. Wie bei allen Muskelverletzungen unterscheidet man zwischen Muskelzerrung (Grad 1), partiellem Muskelfaserriss (Partialruptur, Grad 2) und Komplettrupturen (Grad 3). Kontusionen zeigen sich wie Zerrungen oder in Form von intramuskulären Hämatomen.
Glutealmuskulatur
Am Trochanter major setzen der Musculus gluteus medius und der Musculus gluteus minimus an. Letzterer liegt weiter ventral, ersterer an der lateralen und posterosuperioren Facette. Hier finden sich außerdem mehrere kleine subgluteale Bursen.
Bei einer Insertionstendinopathie kommt es meist zu einer chronischen Schmerzsymptomatik ("Trochanter-major-Schmerzsyndrom"). Betroffen sind in der Regel Frauen mittleren bis höheren Alters. Oft findet sich begleitend eine Atrophie und fettige Degeneration der Muskeln. Im Verlauf treten partielle oder komplette Sehnenrupturen auf.
Differenzialdiagnosen sind u.a. die Bursitis trochanterica und die Periarthritis calcarea des Hüftgelenks. Die ödematösen Veränderungen um die Muskelansätze finden sich sehr häufig auch bei asymptomatischen Patienten, sodass eine klinische Korrelation notwendig ist.
Ischiokrurale Muskulatur
Als ischiokrurale Muskulatur werden Musculus biceps femoris, Musculus semitendinosus und Musculus semimembranosus zusammengefasst. Das Caput longum des Musculus biceps femoris und die Sehne des Musculus semitendinosus entspringen als gemeinsame Sehne der inferomedialen Facette des Tuber ischiadicum. Die lange und deutlich dickere Sehne des Musculus semimembranosus entspringt der superolateralen Facette.
Chronische Insertionstendinopathien (proximale Hamstring-Tendinopathien) und traumatische Sehnenavulsionen betreffen meist die gemeinsame Insertionsstelle. Das Ligamentum sacrotuberale strahlt in diesen gemeinsamen Ursprung ein und kann bei einem Sehnenausriss die Retraktion verhindern. Da die Schmerzen bei einer chronischen Tendinopathie am Ursprung der ischiokruralen Muskulatur oft dorsal in die Oberschenkel ausstrahlen, besteht eine Verwechselungsgefahr mit einer radikulären Schmerzsymptomatik. T1w- und T2w-Signalanhebungen der Sehnen, Ödeme peritendinös oder im Tuber ischiadicum sowie Sehnenverdickungen kommen häufig auch bei asymptomatischen Patienten vor.
Bei Kindern treten im Vergleich zu Sehnenrupturen häufiger Avulsionen der Apophysen oder überlastungsbedingte Apophysitiden auf.
Musculus rectus femoris
Der Musculus rectus femoris entspringt mit dem Caput rectum von der Spina iliaca anterior inferior und mit dem Caput reflectum meist weiter dorsal vom Acetabulumrand. Die Köpfe verbinden sich früh zu einer gemeinsamen Sehne. Der Muskel besitzt eine lange muskulotendinöse Übergangszone etwa bis zum mittleren Drittel des Oberschenkels. Bei Verletzungen findet sich im Querschnitt oft das sogenannte Bull's Eye Sign, also ödematöse Veränderungen um die intramuskulären Sehnenanteile. Bei Kindern findet sich öfter eine knöcherne Avulsion der Apophyse.
Musculus piriformis
Der Musculus piriformis verläuft vom anterolateralen Sakrum bis zum Trochanter major. Durch seinen Verlauf wird die Incisura ischiadica major zwischen Os ilium und Ligamentum sacrospinale in das Foramen supra- und Foramen infrapiriforme eingeteilt. Der Nervus ischiadicus verläuft bei 85 % der Menschen durch das Foramen infrapiriforme und in den anderen Fällen meist transmuskulär. Diese anatomische Variation besitzt keine klinische Relevanz.
Beim Piriformis-Syndrom handelt es sich um eine umstrittene Entität, die mit Ischialgien bzw. Glutealgien einhergehen soll. Zunehmend findet sich die Bezeichnung des "tiefen Glutealsyndroms" (deep gluteal space syndrome), der als Überbegriff alle Kompressionssyndrome des Nervus ischiadicus im Verlauf durch das Becken zusammenfasst. Mögliche Ursachen sind:
- fibröse Verwachsungen des Nervens: Diese sind radiologisch nicht erkennbar.
- entzündliche Veränderungen: z.B. Enthesiopathie der Ursprünge der ischiokruralen Muskulatur, ischiofemorales Impingement oder Bursitis
- mechanische Kompressionen durch Musculus piriformis, Musculus gemellus superior und Musculus obturator internus
- Raumforderungen im Nervenverlauf
Ischiofemorales Impingement
Das ischiofemorale Impingement ist ein Kompressionssyndrom des Musculus quadratus femoris zwischen Trochanter minor (lateral) und Tuber ischiadicum bzw. Sehnen der ischiokruralen Muskulatur (medial). Es geht mit Schmerzen im Bereich des Hüftgelenks, der Leisten und der Glutealregion einher. Durch Reizung des Nervus ischiadicus können auch Ischialgien entstehen. Es tritt häufiger bei Patienten mit Hüftdysplasie als bei Patienten mit FAI auf.
Mögliche MRT-Befunde sind:
- verminderte ischiofemorale Distanz von 13 ± 5 mm (Norm 23 ± 8 mm, jedoch erhebliche Variationsbreite): kürzeste Distanz zwischen Tuber ischiadicum und Trochanter minor.
- Ödem oder fettige Degeneration von Musculus quadratus femoris: kann auch bei asymptomatischen Personen vorkommen
- ischiofemorale Bursitis: in fortgeschrittenen Fällen
Coxa saltans
Die Coxa saltans ("schappende Hüfte") entsteht meist durch das Gleiten des Tractus iliotibialis über den Trochanter major oder durch das Gleiten der Sehne des Musculus iliopsoas über die Eminentia iliopubica. Das tast- und hörbare Springen geht oft mit Schmerzen einher. Die MRT ist in der Regel unauffällig. In Einzelfällen finden sich vermehrtes fibrovaskuläres Reizgewebe, eine Bursitis trochanterica oder eine chronische Sehnenverdickung. Labrumläsionen und paralabrale Ganglien müssen ausgeschlossen werden.
Avulsionsfrakturen
Insbesondere Jugendliche und Athleten sind durch chronische (Mikro)traumen von Avulsionsfrakturen betroffen, die typischerweise in folgenden Lokalisationen auftreten:
- Spina iliaca anterior inferior: Zug des Musculus rectus femoris
- Spina iliaca anterior superior: Zug des Musculus sartorius (durch Hyperextension der Hüfte bei Knieflexion)
- Tuber ischiadicum: Zug der ischiokruralen Muskeln durch Hüftflexion bei gestrecktem Knie)
- Trochanter minor: Zug des Musculus iliopsoas
Die Zeit bis zur sportlichen Vollbelastung bei Avulsionen der Spina iliaca ist abhängig vom Ausmaß der Retraktion des Apophysenfragments und reicht von wenigen Wochen bis zu 10 Wochen.[11]
Weichteile
Bursen
Zu den wichtigsten Bursen am Hüftgelenk zählen:
- Bursa trochanterica: zwischen Trochanter major und Tractus iliotibialis. Bei einer Bursitis trochanterica treten bei ca. 40 % der Patienten Schmerzen auf, die von gluteal bis zur Kniekehle ziehen können.
- subgluteale Bursen zwischen Enthesen der Glutealsehnen und dem Trochanter major
- Bursa iliopectinea: größte Bursa des Hüftgelenks, die sich zwischen Musculus iliopsoas und ventraler Gelenkkapsel befindet. Bei ca. 15 % der Personen lässt sich eine Verbindung nach intraartikulär feststellen, die möglicherweise die Entstehung einer Bursitis begünstigt. Eine Bursitis ist meist mit einem Gelenkergusss assoziiert und ein Zeichen einer primären Hüftpathologie. Die Bursitis kann zu Schmerzen in der Leiste und im Abdomen führen. Bei Reizung des Nervus femoralis entstehen radikulär imponierende Schmerzen.
- Bursa ischiadica: inkonstante Bursa zwischen Musculus obturator internus und Os ischii. Bursitis meist bei Pathologien der ischiokruralen Sehnen. Eine begleitende Reizung des Nervus ischiadicus ist möglich.
- Obturator-externus-Bursa: liegt zwischen Hüftgelenk und Musculus obturator externus und kommuniziert in 5 % mit der posteroinferioren Gelenkkapsel zwischen Ligamentum ischiofemorale und Zona orbicularis. Kann mit einer paralabralen Zyste verwechselt werden.
Nerven
Bei der MRT des Hüftgelenks sollten auch immer die wichtigsten Nerven berücksichtigt werden. Dazu zählen:
- Nervus femoralis: verläuft mit Gefäßen unter dem Leistenband zum Oberschenkel und teilt sich in Höhe der Hüfte in einzelne Äste auf. Eine Reizung entsteht meist durch eine Bursitis iliopectinea oder inguinale Raumforderungen und kann ein radikuläres Syndrom (L2 bis L4) vortäuschen.
- Nervus cutaneus femoris lateralis: verläuft auf dem Musculus iliacus nach lateral und dann medial der Spina iliaca anterior superior nach kaudal zum Oberschenkel. Kompressionsbedingte Parästhesien im Versorgungsgebiet werden als Meralgia paraesthetica bezeichnet.
- Nervus obturatorius: verläuft dorsal des Musculus psoas nach kaudal in Richtung Os pubis, tritt durch das Foramen obturatum und teilt sich in seine Äste.
- Nervus ischiadicus: verläuft durch das Foramen infrapiriforme und zieht dann zwischen Musculus gluteus maximus (dorsal) und Musculus obturatorius internus (ventral) nach kaudal. Anschließend verläuft er auf Höhe des Schenkelhalses zwischen Musculus gluteus maximus (dorsal) und Musculus quadratus femoris (ventral). Nervenreizungen entstehen meist durch Raumforderungen und Entzündungen der umgebenden Weichteile.
Quellen
- ↑ Valente C et al. Ossification of the acetabular rim: a highly prevalent finding in asymptomatic non-osteoarthritic hips of all ages, Eur Radiol. 2021
- ↑ Wagner S. et al. Early osteoarthritic changes of human femoral head cartilage subsequent to femoro-acetabular impingement, Osteoarthritis Cartilage. 2003
- ↑ Ganz R. et al. Femoroacetabular impingement: a cause for osteoarthritis of the hip. Clin Orthop Relat Res. 2003
- ↑ Dickenson EJ et al. The prevalence of cam hip morphology in a general population sample. Osteoarthritis Cartilage. 2019
- ↑ Bensler S et al. Pincer-type MRI morphology seen in over a third of asymptomatic healthy volunteers without femoroacetabular impingement, J Magn Reson Imaging. 2019
- ↑ Sutter R et al. Femoral antetorsion: comparing asymptomatic volunteers and patients with femoroacetabular impingement, Radiology 2012
- ↑ Schaver AL et al. Cam Morphology Is Associated With Increased Femoral Version: Findings From a Collection of 1,321 Cadaveric Femurs, Arthroscopy 2022
- ↑ Carton P, Filan D. Anterior Inferior Iliac Spine (AIIS) and Subspine Hip Impingement, Muscles Ligaments Tendons J, 2016
- ↑ Sutter R, Pfirrmann CWA, Atypical hip impingement, AJR, 2013
- ↑ Samim M et al. MRI Assessment of Subspine Impingement: Features beyond the Anterior Inferior Iliac Spine Morphology, Radiology, 2019
- ↑ Yamada AF et al. Hip apophyseal injuries in soccer players: can MRI findings be useful to define when to return to play?, Skeletal Radiol, 2021
Literatur
- Wolfgang Fischer. MR-Atlas.com, 3. Aufl.
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