Ischialgie
Synonym: Ischiasnervreizung, Ischiassyndrom, "Ischias"
Englisch: sciatica, sciatic pain, ischialgia
Definition
Ischialgie ist eine Sammelbezeichung für Schmerzzustände im Versorgungsbereich des Nervus ischiadicus, die meist durch eine Reizung der Nervenwurzeln bedingt sind. Es handelt sich um eine Form des radikulären Schmerzes.
Bei gleichzeitig bestehenden Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule spricht man von einer Lumboischialgie. Der Übergang zwischen diesen beiden Symptomkomplexen ist fließend. Deshalb werden beide Begriffe häufig synonym verwendet.
Ursachen
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen
Nicht-degenerative Ursachen
- Radikuläre Neuropathien
- Raumfordernde Prozesse im Bereich der Nervenwurzeln
- Tumoren
- Spinale Tumoren
- Extravertebrale Tumoren
- Retroperitoneale Tumoren
- Metastasen
- Tumoren
- Sonstige
Die weiteren Angaben in diesem Text beziehen sich auf die am häufigsten auftretenden degenerativ bedingten Ischialgien durch Bandscheibenvorwölbungen bzw -vorfälle.
Pathophysiologie
Die häufigste Ursache für eine Ischialgie sind Bandscheibenvorfälle im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule, zwischen LWK 4 und LWK 5 oder zwischen LWK 5 und SWK 1. Das vorgefallene Gewebe der Bandscheibe führt zu einer Irritation der in diesem Bereich abgehenden Nervenwurzeln, die man auch als Radikulopathie bezeichnet. Sie kann auf mechanischem Weg (durch Kompression des Nerven) oder durch die Weiterleitung der Entzündung des Bandscheibengewebes entstehen.
Die Reizung des Nerven äußert sich als Schmerz, der in seinen Versorgungsbereich - hier in das Bein - projiziert wird. Die Schmerzweiterleitung folgt dem Verlauf des Nervus ischiadicus vom Gesäß über den rückseitigen Oberschenkel und den Unterschenkel bis in den Fuß. Zwischen der Stärke der Nervenwurzelreizung und der Schmerzausdehnung besteht häufig eine Korrelation.
Risikofaktoren
Biologische und berufliche Risikofaktoren, sowie der Lebenstil des Patienten können das Auftreten bandscheibenbedingter Ischialgien begünstigen, z.B.:
- Alter
- Adipositas
- mangelnde körperliche Kondition
- Degenerative Prozesse an der Wirbelsäule
- Verletzungen der Wirbelsäule
- Schwerarbeit (z.B. Heben schwerer Lasten)
- Arbeit mit stark vibrierenden Maschinen
- monotone Körperhaltung (Sitzen)
- weitere Informationen zur Ischias Risikogruppe
Anamnese
Anamnestisch bestehen häufig vorausgegangene Kreuzschmerz- oder Ischialgieepisoden, die durch Fehlbelastungen oder Fehlhaltungen ausgelöst werden. Daher sollte die Anamnese die oben angegebenen Risikofaktoren systematisch abfragen:
- Berufliche Tätigkeit (langes Sitzen?, schwere körperliche Arbeit?)
- Haushaltstätigkeiten (Heben schwerer Lasten?, häufiges Bücken?)
- Freizeitaktivitäten (ausgeübte Sportarten?, Fitness-Studio?, lange Autofahrten?)
- Psychosoziales Umfeld (Stress?)
Symptome
Die Symptome der Ischialgie sind recht charakteristisch und führen in der Regel schnell zur richtigen Bewertung der Beschwerden:
- Ziehender oder reißender Schmerz (vom Gesäß in das Bein ausstrahlend)
- Schmerzverstärkung durch Bauchpresse, Niesen oder Husten
- Beeinträchtigte körperliche Belastungsfähigkeit
- Parästhesien
In schweren Fällen können Paresen bzw. Paralysen und Entleerungsstörungen der Blase oder des Rektums bis hin zur Inkontinenz hinzutreten. Eine weitere mögliche Komplikation beim Mann sind Potenzstörungen.
Eine bilaterale (beidseitige) Ischialgie mit Reithosenanästhesie, Paresen im Bereich der unteren Extremitäten und Schließmuskelinsuffizienz von Blase und/oder Mastdarm bezeichnet man als Cauda-Equina-Syndrom.
Diagnostik
- Klinische Tests
- Lasègue-Test
- Bragard-Test
- Zehenspitzenstand
- Zehengang
- Hackengang
- Druckschmerzhaftigkeit der Valleix-Punkte
- Reflexstatus
- Patellarsehnenreflex (PSR)
- Achillessehnenreflex (ASR)
- Bildgebende Verfahren
Differentialdiagnosen
Neben den nicht-degenerativ bedingten Ischalgien (siehe oben) können folgende Krankheitsbilder eine ähnliche Symptomatik auslösen:
- Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)
- Nierenerkrankungen (Nephritis, Pyelonephritis)
- Syringomyelie
- Koxarthrose
- Hüftkopfnekrose
- Abdominelle gynäkologische Erkrankungen
Therapie
Konservative Therapie
- Allgemeinmaßnahmen
- Medikamentöse Therapie
Nach Abklingen der akuten Schmerzsymptomatik sind die physikalische Therapie und die gezielte Krankengymnastik zur Stärkung der Rückenmuskulatur wichtige Therapieelemente.
Chirurgische Therapie
Bei ausgeprägtem Krankheitsbild - insbesondere bei Vorliegen von Entleerungsstörungen oder schwerer, therapieresistenter Schmerzen - kann eine operative Therapie indiziert sein. Hier bieten sich verschiedene Verfahren an, z.B.: