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Spinalkanalstenose

Synonyme: Spinalkanalverengung, Stenose des Spinalkanals, spinale Stenose
Englisch: spinal stenosis

1. Definition

Unter einer Spinalkanalstenose versteht man eine Einengung (Stenose) des Spinalkanals.

2. Ätiopathogenese

Eine Spinalkanalstenose entsteht häufig durch degenerative Veränderungen, z.B.:

Kongenital relativ kurz angelegte Pedikel prädisponieren ebenfalls für eine Spinalkanalstenose. Rein kongenitale Spinalkanalstenosen, die sich bereits im 2. bis 4. Lebensjahrzehnt manifestieren, sind jedoch sehr selten. Degenerative Stenosen treten meist im 5. bis 9. Jahrzehnt auf. Eine Spinalkanalstenose findet sich am häufigsten in der unteren LWS (LWK 3/4 und 4/5), gefolgt von der unteren HWS und dem zervikothorakalen Übergang.

3. Pathophysiologie

Eine Einengung des Spinalkanals führt im Bereich der HWS und BWS zu einer Kompression des Rückenmarks und im Bereich der LWS zu einer Kompression der Spinalnerven.

Klinische Beschwerden entstehen mutmaßlich aufgrund einer sogenannten venösen Zwei-Etagen-Kompression: Demnach ist entweder eine mehrsegmentale zentrale Spinalkanalstenose mit Kompromittierung der Cauda-equina-Gefäße oder die Kombination aus zentraler und foraminaler Stenose Voraussetzung für die Symptomentstehung. Die Kompression soll zu einer direkten Durchblutungsstörung der Cauda equina, haltungsabhängigen Druckveränderungen in Liquor und Knochen und zur Kompression der Nervenwurzeln führen.

4. Klinik

Die Symptomatik unterscheidet sich je nach Lokalisation der Spinalkanalstenose. Die zentrale Spinalkanalstenose führt zu:

  • belastungsabhängigen (Stehen, Gehen) Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in die Beine, ein- oder beidseits.
  • einem variablen Ausmaß an Hyp- und Parästhesien, Schwäche und Schweregefühl der Beine
  • einer reduzierten Gehstrecke (Claudicatio spinalis)

Beim Radfahren oder Bergaufgehen, das in einer entlordosierter Haltung stattfindet, haben die Patienten keine Beschwerden. Stärker werden die Beschwerden hingegen im Bergabgehen und längerem Sitzen.

Betrifft die Spinalkanalstenose den Recessus lateralis oder das Neuroforamen treten variable, oft einseitige und radikuläre Beschwerden auf.

Bei zervikaler Stenose stehen chronische Nackenschmerzen, beidseitige radikuläre Beschwerden, spastische Paraparese und der Verlust von Lage- und Vibrationssinn im Vordergrund.

5. Bildgebung

Als Grenzwerte der Spinalkanalstenose gelten ein sagittaler Durchmesser von < 14 mm (HWS) bzw. < 12 mm (LWS, relativ) und < 10 mm (LWS, absolut). Diese Werte gelten jedoch nicht als klinisch relevant. In Abhängigkeit von der Form des Spinalkanals und individuellen Faktoren können Patienten unterhalb der Grenzwerte asymptomatisch bleiben oder bereits bei einem größeren sagittalen Durchmesser eine schwere Klinik zeigen. Entscheidend ist allein die Einengung des spinalen Subarachnoidalraums und die Kompression des Rückenmarks bzw. der Spinalnerven.

5.1. Computertomographie

Die Computertomographie (CT) ist gut geeignet zur Differenzierung, ob die Stenose knöchern bedingt ist (Osteophyten, Hypertrophie der Gelenkfacetten) oder bindegewebig (Bandscheibe, Ligamenta flava).

5.2. Magnetresonanztomographie

In der Magnetresonanztomographie (MRT) kann in sagittalen Aufnahmen die Einengung des Spinalkanals ("Sanduhr"- oder "Waschbrett"-Form) erkannt werden. Axiale Aufnahmen zeigen ggf. zu kurze Pedikel, verdickte Ligamenta flava, hypertrophe Facettengelenke, eine Einengung der Recessus lateralis und der Neuroforamina. Bei lumbaler Spinalkanalstenose können ober- und unterhalb der Stenose in die Länge gezogene oder geschlängelte Nervenwurzeln und gestaute spinale Venen auffallen. Die Nervenwurzeln können gelegentlich Kontrastmittel aufnehmen.

Bei zervikaler Spinalkanalstenose wird der Subarachnoidalraum in Höhe der Stenose "ausgepresst". Eine T2w-Signalanhebung des Myelons entspricht einem kompressionsbedingten akuten Ödem (Myelopathie) oder einer irreversiblen Schädigung (Gliose, Myelomalazie). Eine T1w-Signalminderung spricht für eine irreversible Schädigung. Auch die DWI-Sequenz ist geeignet zum Nachweis einer Irreversibilität. Im chronischen Endstadium entwickelt sich eine Atrophie.

5.3. Myelographie

Die Myelographie (insbesondere die Post-Myelographie-CT) ist gut geeignet zur Beurteilung der Weite des Spinalkanals und der Einengung des Subarachnoidalraums.

5.4. Konventionelles Röntgen

Konventionelle Röntgenuntersuchungen haben nur eine begrenzte Aussagekraft bezüglich der Spinalkanalstenose. In bestimmten Fällen können Funktionsuntersuchungen jedoch eine Spondylolisthese aufdecken.

6. Differenzialdiagnosen

Klinisch muss die Claudicatio spinalis von der Claudicatio intermittens bei pAVK differenziert werden. Weitere Ursachen, die zu einer ähnlichen Symptomatik führen können, sind:

Radiologische Differenzialdiagnosen umfassen:

7. Therapie

7.1. Konservativ

Im Rahmen der konservativen Behandlung werden NSAR, Physiotherapie und physikalische Therapie verordnet. Die Lagerung des Patienten im Stufenbett sowie Infiltrationen mit Lokalanästhetika können die Beschwerden lindern. Im fortgeschrittenen Krankheitsstadium bietet sich die orthetische Versorgung mit einem Korsett und die Verwendung eines Rollators an. Insgesamt sollte trotz der relativ geringen Evidenz eines Langzeiterfolges ein konservativer Therapieversuch bei fehlendem neurologischem Defizit oder immobilisierender Schmerzen zunächst versucht werden.

7.2. Operativ

Wenn die konservativen Maßnahmen nicht zu einer Besserung der Beschwerden führen, ist eine Operation möglich. Ob eine chirurgische oder eine konservative Therapie bei der lumbalen Spinalkanalstenose überlegen ist, lässt sich anhand der vorliegenden Studien weiterhin (2023) nicht endgültig beurteilen. Methode der Wahl ist die facettengelenksschonende Dekompression. Als mindestens gleichwertige Alternativen zur Laminektomie stehen inzwischen die bilaterale Laminotomie und die unilaterale Laminotomie mit bilateraler Dekompression (Undercutting) zur Verfügung. Auch eine endoskopische Laminotomie kann durchgeführt werden.

Bei Vorliegen von klinischen und radiologischen Instabilitätszeichen kommen zusätzliche Stabilisierungen (z.B. posterolaterale Fusion, PLIF, TLIF, ALIF, OLIF, XLIF) infrage.

In Einzelfällen kommen interspinöse Spreizer (IPD) zum Einsatz. Die indirekte Dekompression des Spinalkanals und der Neuroforamina durch Straffung der dorsalen hypertrophierten Bänder und des dorsalen Bandscheibenfaserrings soll zur Symptombesserung führen. Jedoch zeigen sich bei 50 % der Patienten bereits 6 Monate nach Implantation ein Wiederauftreten bzw. Progress der ehemaligen Symptome. Bei hohem Narkoserisiko und hoher Stenose-bedingter Beschwerdelast kann der Einsatz eines interspinösen Spreizers in Lokalanästhesie erwogen werden.

Bei zervikalen Spinalkanalstenosen unterscheidet man zwischen anterioren und posterioren Zugangswegen. Bei umschriebenen Stenosen (1 bis 2 Segmente) werden operative Dekompressionen über einen anterioren Zugang, ggf. in Kombination mit einer Foraminotomie bevorzugt. Mediane Bandscheibenvorfälle, Ossifikationen des hinteren Längsbands, ventrale Osteophyten werden über einen anterioren Zugang mit Diskektomie oder Korporektomie behandelt. Bei zervikaler Instabilität ist eine Fusion mit Eigenknochen oder synthetischen Platzhalter (z.B. Titan oder PEEK) notwendig. Additiv kann eine ventrale Platte zur Stabilisierung beitragen.

Zervikale Spinalkanalstenosen, die überwiegend von dorsal verursacht werden oder sich über mehr als 2 Segmente erstrecken, können über eine Entlastung von dorsal (Laminoplastik oder Laminektomie) behoben werden. Eine Stabilisierung erfolgt durch ein Schrauben-Stab-System.

8. Leitlinien


Bijan Fink
Peer reviewed am 11.12.2023 von Bijan Fink

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21.03.2024, 08:50
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