Post-COVID-Syndrom
Synonyme: Post-COVID-19, Long-COVID-Syndrom, "Long COVID"
Englisch: post-COVID-19 syndrome, long COVID
Definition
Als Post-COVID-Syndrom, kurz PCS, bezeichnet man die Langzeitschäden bzw. Spätfolgen der Infektionskrankheit COVID-19. Im engeren Sinn umfasst der Begriff alle Symptome, die 12 Wochen nach Erkrankungsbeginn persistieren oder neu auftreten und nicht durch andere Ursachen erklärbar sind.
ICD10-Codes
- U09.9!: Post-COVID-Zustand
- G93.3: Postvirales Müdigkeitssyndrom
Terminologie
Das National Institute for Health and Care Excellence (NICE) differenziert folgende Verlaufsstadien von COVID-19:
Zeitraum nach Erkrankungsbeginn | Stadium |
---|---|
0 bis 4 Wochen | akutes COVID-19 |
4 bis 12 Wochen | anhaltendes symptomatisches COVID-19 |
ab 12 Wochen | Post-COVID-Syndrom |
Alle Symptome, die 4 Wochen nach Erkrankungsbeginn anhalten oder neu auftreten und wahrscheinlich kausal mit COVID-19 zusammenhängen, werden als "Long Covid" gelabelt.
Epidemiologie
Die Inzidenz des Post-COVID-Syndroms ist zur Zeit (5/2021) unklar. Sie unterscheidet sich in verschiedenen Patientengruppen und ist unter anderem abhängig von der Schwere des Krankheitsverlaufs und der Art der Behandlung.
Bei etwa 20-30 % der COVID-19-Patienten halten die Symptome der Erkrankung länger als 4 Wochen an. Rund 10 % der positiv auf SARS-CoV-2 getesteten Patienten sollen auch nach 12 Wochen noch Symptome verspüren.
Das Risiko, ein Post-COVID-Syndrom zu entwickeln, ist unabhängig vom Schweregrad der akuten Infektion.
Abgrenzung
Die Abgrenzung des Post-COVID-Syndroms ist komplex. Vor allem bei multimorbiden Patienten sind unspezifische Symptome wie Fatigue oder Muskelschwäche häufig nicht eindeutig kausal dem Virusinfekt oder anderen Grunderkrankungen zuzuordnen. Bei Patienten, die intensivmedizinisch behandelt wurden, müssen therapie- bzw. beatmungsbedingte Spätfolgen (z.B. VILI, PICS) abgegrenzt werden. Es besteht zudem die Gefahr, dass durch die ständige mediale Präsenz von COVID-19, Symptome fälschlicherweise als Folgen des Virusinfekts identifiziert werden.
Ätiologie
Die Ursachen des Post-COVID-Syndroms sind noch nicht vollständig geklärt. Ein Teil der Langzeitschäden resultiert aus Gewebeveränderungen, die durch SARS-CoV-2 ausgelöst werden, u.a.:
- irreversibler Untergang von Lungenparenchym, Myokard oder anderen wichtigen Funktionsgeweben mit Ersatz durch Bindegewebe
- Schädigung von Nervenzellen im ZNS
Jenseits der Gewebeveränderungen ist die Pathophysiologie des Post-COVID-Syndroms zum jetzigen Zeitpunkt (2022) weitgehend spekulativ. Mögliche Auslösefaktoren sind
- Autoimmunreaktionen
- Persistenz des Virus
- Entzündungsschäden durch die virusbedingte Immunreaktion, z.B. eine endotheliale Dysfunktion
- Kraftverlust durch Einschränkung der physischen Aktivität während der Erkrankung
- Posttraumatische Belastungsstörung
- Mikrothrombosen von peripheren Blutgefäßen
- Mangel an freiem Cortisol, möglicherweise ausgelöst durch Wirkungen des Virus auf die Nebennieren sowie iatrogen durch Nebenwirkungen der hohen Glukokortikoidtherapie.[1]
Risikofaktoren
- Alter (insbesondere ab 50 Jahren)
- Übergewicht
- Weibliches Geschlecht
- Vorerkrankung mit Asthma bronchiale
- Mehr als 5 angegebene Symptome in der ersten Woche der COVID-19-Infektion
Symptome
Die Symptome des Post-COVID-Syndroms sind vielfältig.[2][3] Sie betreffen mehrere Organsysteme:
- Allgemein
- Fieber
- Fatigue
- Nervensystem
- Gastrointestinaltrakt
- Atemwege
- Herz
- Bewegungsapparat
- Haut
Zusätzlich kann es nach COVID-19 zur Manifestation eines Diabetes mellitus oder einer arteriellen Hypertonie kommen.
Die Symptome des Post-COVID-Syndroms ähneln dem klinischen Bild, das nach anderen schweren Virusinfekten auftritt, z.B. dem Post-Ebola-Syndrom.
Literatur
- Sudre CH et al.: Attributes and predictors of Long-COVID: analysis of COVID cases and their symptoms collected by the Covid Symptoms Study App, Cold Spring Harbor Laboratory 2020, abgerufen am 8.2.2021
- Sivan M, Taylor S. NICE guideline on long covid, BMJ 2020;371:m4938, abgerufen am 11.05.2021
Quellen
- ↑ Salzano et al. Possible Adrenal Involvement in Long COVID Syndrome, Medicina (Kaunas), 2021
- ↑ COVID-19 (coronavirus): Long-term effects. Mayo Clinic 18.10.2020, abgerufen am 8.2.2021
- ↑ "What are the long-term health risks following COVID-19?" Royal Australian College of General Practitioners (RACGP). 24.6.2020, abgerufen am 8.2.2021