Akute Mediastinitis
Englisch: acute mediastinistis
Definition
Unter einer akuten Mediastinitis versteht man eine plötzlich auftretende Entzündung des Weichteilgewebes im Mediastinum. Im Gegensatz zur chronischen Mediastinitis handelt es sich um eine potentiell lebensbedrohliche Erkrankung.
Ätiologie
Die akute Mediastinitis entsteht meist durch eine bakterielle Infektion auf dem Boden einer Ösophagusperforation. Als Ursache kommen u.a. in Frage:
- Tumore: z.B. Ösophaguskarzinom
- schweres Erbrechen (Boerhaave-Syndrom)
- Fremdkörper
- iatrogene Perforation: z.B. im Rahmen einer Endoskopie oder bei Fehlintubation
Weitere Ursachen sind:
- Ösophageales Leck als Folge einer postoperativen Anastomoseninsuffizienz
- Tracheobronchiales Leck: Trauma, Endoskopie
- Infektion nach medianer Sternotomie oder Mediastinoskopie
- absteigende Infektion (nekrotisierende deszendierende Mediastinitis): bei Retropharyngealabszess, Mundbodenabszess, Tonsillitis, Zahnwurzelinfektion, Kieferosteomyelitis, Sinusitis
- hämatogene Streuung der Erreger im Rahmen einer Pneumonie, Pleuritis, Spondylodiszitis, Wirbelkörperosteomyelitis, Masernerkrankung, Anthrax oder Aktinomykose
Bei der akuten Mediastinitis handelt es sich meist um eine Mischinfektion mit hohem Anaerobieranteil. Nach herzchirurgischen Eingriffen dominieren Staphylokokken. Bei Immunsupprimierten können auch Pilzinfektionen vorkommen.
Symptomatik
Die akute Mediastinitis imponiert als schnell verlaufendes, schweres Krankheitsbild. Neben Allgemeinsymptomen wie Fieber und Schüttelfrost treten folgende Krankheitszeichen auf:
- Brustschmerz
- Dyspnoe
- Halsschwellung
- Schluckbeschwerden (Irritation des Nervus laryngeus recurrens)
- Verwirrtheit
- Tachykardie und Hypotonie
Als Zeichen einer Perforation kann sich ein juguläres Hautemphysem manifestieren.
Unbehandelt kann sich die akute Mediastinitis auf den Hals, das Retroperitoneum und das Abdomen ausbreiten und zu einer Sepsis mit Multiorganversagen führen.
Diagnose
Anamnese
Bei der akuten Mediastinitis ergeben sich anamnestisch oft Hinweise auf die auslösende Ursache, z.B. ein bekanntes Ösophaguskarzinom oder eine vorherige Gastroskopie.
Klinische Untersuchung
Das Sternum ist meist druckschmerzhaft. Supraklavikulär lässt sich häufig eine diskrete Schwellung erkennen. Gelegentlich besteht ein Hautemphysem. Typisch für ein Mediastinalemphysem ist ein pulssynchrones Knistern bei der Auskultation (Hamann-Zeichen).
Labor
Es liegen typische Entzündungszeichen vor, u.a. Leukozytose, ESR- und CRP-Erhöhung. Für den mikrobiologischen Erregernachweis sollte ein Abstrich bzw. eine Gewebeprobe entnommen werden.
Bildgebung
Die akute Mediastinitis stellt sich im Röntgen-Thorax oft nur als unspezifische Verbreiterung des Mediastinums dar. Im Thorax-CT (mit Kontrastmittel) zeigen sich hingegen charakteristische Veränderungen:
- phlegmonöse Entzündung des mediastinalen Fett- und Bindegewebes mit streifiger, später homogen diffuser Dichteanhebung
- z.T. Nekrosestraßen und Abszesse
- reaktive Lymphknotenvergrößerung
- bei Ösophagusperforation können meist kleine Lufteinschlüsse bis hin zum Mediastinalemphysem nachweisbar sein
- bei der abszedierenden Mediastinitis zeigen sich Flüssigkeitsansammlungen mit konstrastmittelaufnehmendem Randwall
- in ausgeprägten Fällen Ausbreitung über die Hili in die Lunge hinein (streifige Verdichtung perihilär)
- Perforation in den Ösophagus oder in die Trachea möglich
Eine Ösophagus- oder Bronchusruptur lassen sich endoskopisch nachweisen. Der Austritt des wasserlöslichen Kontrastmittels Gastrografin in das Mediastinum ist beweisend für eine Perforation.
Differenzialdiagnosen
Die akute Mediastinitis muss von postoperativen Lufteinschlüssen und Hämatomen abgegrenzt werden. Beide können zu einer computertomographischen Dichteanhebung im Mediastinum führen und bis zu 3 Wochen bzw. bis zu 2 Monaten nach der Operation nachweisbar sein. Zur Differenzierung ist die klinische Symptomatik ausschlaggebend.
Eine weitere Differenzialdiagnose ist ein inflammatorischer Mediastinaltumor (z.B. malignes Lymphom, Keimzelltumor).
Eine akute Mediastinitis unterscheidet sich sowohl von der Ursache als auch vom klinischen Bild her von einer chronischen Mediastinitis:
akute Mediastinitis | chronische Mediastinitis | |
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Ätiologie | meist bakterielle Infektion
|
chronische Entzündung unterschiedlicher Genese, z.B.
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Symptomatik |
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Therapie
Die Therapie der Wahl ist eine hochdosierte intravenöse Antibiose bei intensivmedizinischer Überwachung. Empirisch werden häufig Clindamycin mit Ceftazidim, Imipenem oder Piperacillin/Tazobactam mit Vancomycin verabreicht. Anschließend erfolgt eine Anpassung nach Antibiogramm.
Bei einem komplizierten, nekrotisierenden Verlauf bei Ruptur besteht die dringliche Indikation zur Thorakotomie mit Defektübernähung und Herdsanierung. In einigen Fällen kann eine endoskopische Schienung der Perforation mittels Tubus vorgenommen werden.
Prognose
Die Letalität konnte inzwischen (2019) durch moderne bildgebende Verfahren und eine frühzeitige Therapie von ursprünglich 50 % auf ca. 15 % gesenkt werden.
um diese Funktion zu nutzen.