Olaparib
Handelsnamen: Lynparza®
Englisch: olaparib
Definition
Olaparib ist ein Arzneistoff aus der Klasse der PARP-Inhibitoren, der u.a. zur Behandlung des Ovarial- und Prostatakarzinoms eingesetzt wird.
Chemie
Olaparib enthält vier zyklische Teilelemente, darunter ein Cyclopropan, ein Fluor-Benzen, ein Amid-artig gebundenes Piperazin sowie ein Phthalazinon. Die Summenformel lautet C24H23FN4O3; die molare Masse beträgt 435 g/mol
Wirkmechanismus
PARPs (Poly(ADP-ribose)-Polymerasen) sind Enzyme, die an der Reparatur von DNA-Einzelstrangbrüchen beteiligt sind. Für die Reparatur binden PARPs an die DNA und dissoziieren anschließend wieder, damit die DNA für Basenexzisionsreparatur-Enzyme (BER) zugänglich wird.
Oliparib bindet an das aktive Zentrum der an die DNA assoziierten PARPs und verhindert so deren Dissoziation. Die PARPs bleiben also an der DNA und machen keinen Platz für die BER-Enzyme frei. Stattdessen kommt es zu einem Doppelstrangbruch (DSB), wenn die Replikationsgabeln auf das PARP-DNA-Addukt stoßen.[1]
In normalen Körperzellen werden DSBs durch homologe Rekombination repariert. Bei Krebszellen, denen funktionelle Komponenten der homologen Rekombinationsreparatur (HRR) fehlen, z.B. BRCA1 oder BRCA2, können Doppelstrangbrüche nicht ausreichend repariert werden. Alternativ werden von der Zelle fehleranfällige Reparaturwege wie die nicht-homologe Endverknüpfung (NHEJ) angestoßen, was zu einer erhöhten genomischen Instabilität führt. Nach mehreren Replikationsrunden wird die genomische Instabilität so groß, dass die Krebszelle in die Apoptose getrieben wird.
Pharmakokinetik
Die Plasmahalbwertszeit von Olaparib beträgt 11,9 Stunden. Die Zeit bis zum maximalen Plasmaspiegel beträgt 1 bis 3 Stunden nach oraler Einnahme. Der steady state ist nach 3 bis 4 Tagen erreicht.[1]
Indikationen
Ovarial-, Eileiter- und Peritonealkarzinom
- Erhaltungstherapie von erwachsenen Patientinnen mit einem fortgeschrittenen (FIGO III und IV) BRCA1/2-mutierten high-grade epithelialen Ovarialkarzinom, Eileiterkarzinom oder primären Peritonealkarzinom, die nach einer abgeschlossenen Platin-basierten Erstlinientherapie ein Ansprechen haben.
- Erhaltungstherapie von erwachsenen Patientinnen mit einem Platin-sensitiven Rezidiv eines high-grade epithelialen Ovarialkarzinoms, Eileiterkarzinoms oder primären Peritonealkarzinoms, die auf eine Platin-basierte Chemotherapie ansprechen.
- Erhaltungstherapie (in Kombination mit Bevacizumab) von erwachsenen Patientinnen mit einem fortgeschrittenen (FIGO-Stadien III und IV) high-grade epithelialen Ovarialkarzinom, Eileiterkarzinom oder primären Peritonealkarzinom, die nach einer abgeschlossenen Platin-basierten Erstlinientherapie in Kombination mit Bevacizumab ein Ansprechen haben und deren Tumor HRD-positiv ist.
Mammakarzinom
- Monotherapie für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit BRCA1/2-Mutationen in der Keimbahn, die ein HER2-negatives, lokal fortgeschrittenes oder metastasiertes Mammakarzinom haben. Die Patienten sollten zuvor mit einem Anthrazyklin und einem Taxan behandelt worden sein, es sei denn, die Patienten waren für diese Behandlungen nicht geeignet. Patienten mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom sollten außerdem eine Krankheitsprogression während oder nach einer vorherigen endokrinen Therapie aufweisen oder für eine endokrine Therapie nicht geeignet sein.
Pankreaskarzinom
- Erhaltungstherapie von erwachsenen Patienten mit Keimbahn-BRCA1/2-Mutationen, die ein metastasiertes Adenokarzinom des Pankreas haben und deren Erkrankung nach einer mindestens 16-wöchigen Platin-haltigen Erstlinientherapie nicht progredient war.
Prostatakarzinom
- Monotherapie für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom und BRCA1/2-Mutationen, deren Erkrankung nach vorheriger Behandlung, die eine neue hormonelle Substanz umfasste, progredient ist.
Darreichungsform
Olaparib wird oral in Form von Hartkapseln oder Filmtabletten verabreicht.
Dosierung
Die empfohlene Dosis beträgt 300 mg zweimal täglich, entsprechend einer Tagesgesamtdosis von 600 mg.[2]
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
Folgende Nebenwirkungen können auftreten:[2]
- Anämie, Neutropenie, Thrombozytopenie, Leukopenie, Lymphopenie
- Hautausschlag, Dermatitis
- verminderter Appetit
- Schwindel, Kopfschmerzen, Dysgeusie
- Husten
- Erbrechen, Diarrhö, Übelkeit, Dyspepsie, Stomatitis, Schmerzen im Unterbauch
- Fatigue (einschließlich Asthenie)
- Anstieg des Kreatininwertes im Blut, Erhöhung des MCVs
Wechselwirkungen
Folgende Wechselwirkungen sind bekannt:[2]
- Potenzierung und Verlängerung der myelosuppressiven Wirkung in Verbindung mit anderen Onkologika
- CYP3A4- und CYP3A5-Inhibitoren (z.B. Itraconazol, Telithromycin, Clarithromycin, Erythromycin, Verapamil, Diltiazem, Fluconazol, Grapefruitsaft) erhöhen die Konzentration von Olaparib.
- CYP3A4-Induktoren (z.B. Rifampicin, Phenytoin, Rifapentin, Carbamazepin, Nevirapin, Phenobarbital, Johanniskraut) verringern die Konzentration von Olaparib .
- CYP3A4-Substrate, v.a. solche mit geringer therapeutischer Breite (z.B. Simvastatin, Cisaprid, Ciclosporin, Fentanyl, Pimozid, Sirolimus, Tacrolimus, Quetiapin), weisen bei gleichzeitiger Gabe von Olaparib eine erhöhte Konzentration auf, da Olaparib ein schwacher CYP3A4-Inhibitor ist.
- Bei Gabe von Substraten von CYP1A2, CYP2B6, CYP2C9, CYP2C19, P-gp, ist Vorsicht geboten, da eine hemmende Wirkung von Olaparib auf diese Enzyme nicht ausgeschlossen werden kann.
- Hormonelle Kontrazeptiva können bei gleichzeitiger Gabe eine verringerte Wirksamkeit aufweisen.
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
- Schwangerschaft
- Stillen während der Behandlung und 1 Monat nach Einnahme der letzten Dosis
Nutzenbewertung
Bei der Therapie des serösen epithelialen Ovarialkarzinoms gibt das IQWiG einen "Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen" an. Bei der Therapie des nicht-serösen epithelialen Ovarialkarzinoms gilt der Zusatznutzen als nicht belegt.[3]
Kosten
Die Jahrestherapiekosten pro Patient betragen laut IQWiG etwa 82.780 € bei einer geschätzten Patientenzahl von 850 bis 1.740.[3]
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 Olaparib in der gelben Liste, aufgerufen am 15.03.19
- ↑ 2,0 2,1 2,2 EMA Fachinformation, aufgerufen am 05.04.2022
- ↑ 3,0 3,1 Olaparib (Ovarialkarzinom) - Nutzenbewertung gemäß §35a SGB V (Zulassungserweiterung/Ablauf Befristung), durchgeführt durch das IQWiG im September 2018, aufgerufen am 15.03.2019
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