Englisch: homologous recombination
Die Homologe Rekombination bezeichnet eine Art genetischer Rekombination, bei der wechselseitig Nukleotidsequenzen zwischen zwei ähnlichen oder identischen DNA-Molekülen ausgetauscht werden. Sie dient der DNA-Reparatur, z.B. bei Doppelstrangbrüchen und Strangvernetzungen, und ist in Bakterien, Archaea, Eukaryoten und Viren konserviert.
DNA-Schäden werden durch unterschiedliche Faktoren, etwa UV-Strahlung oder bestimmte Chemikalien, ausgelöst und können zur Apoptose oder Zellentartungen (Karzinogenese) führen. Doppelstrangbrüche stellen die kritischste Art von DNA-Schäden dar. Im Gegensatz zur nicht-homologen Endverknüpfung, müssen zur ihrer Reparatur mittels homologer Rekombination beide Schwesterchromatiden vorliegen, da das nicht beschädigte als Matrize dient.
Bei Eukaryoten erfolgt die homologe Rekombination während der S- und G2-Phase der Mitose in den somatischen Zellen und während der Prophase 1 der Meiose in den Geschlechtszellen. Sie kann während der Meiose zum Austausch von Allelen zwischen den Schwesterchromatiden bzw. homologen Chromosomen führen (Crossing-over) und so die genetische Diversität der Nachkommen fördern.
Der Mechanismus der homologen Rekombination setzt das direkte Nebeneinanderliegen der Schwesterchromatiden bzw. homologen Chromosomen voraus. Er kann in drei Stadien eingeteilt werden:
Zunächst werden durch Beschneiden der Bruchstelle ca. 1.000 bp lange, einzelsträngige 3'-Überhänge hergestellt. Hier hält ein Komplex aus zwei Helikasen die DNA offen, während der aus vier Nukleasen bestehende MRN-Komplex den Komplementärstrang in 5'-->3' Richtung abtrennt.
Der entstandene 3'-Überhang wird durch die Bindung des Proteins RPA geschützt und stabilisiert und das Ausbilden von Sekundärstrukturen des DNA-Einzelstranges verhindert. Aufgrund höherer Affinität für einzelsträngige DNA inhibiert RPA die Bindung des Proteins RAD51. Eine Reihe von Cofaktoren verdrängen RPA und ermöglichen eine gezieltere Bildung von RAD51-Nukleoproteinfilamenten.
RAD51 sucht auf dem nahegelegenen homologen Chromosom nach der identischen oder ähnlichen Sequenz zum 3'-Überhang. Ist dieser gefunden, bewegt sich das aus dem 3'-Überhang und RAD51 bestehende Nukleoproteinfilament in das homologe DNA-Molelül (strand-invasion) und bildet mit diesem den sog. Displacement-loop (D-Loop). Durch Bindung von DNA-Polymerasen bildet sich schließlich eine Holliday-Junction, in der der 3'-Überhang entsprechend der homologen Sequenz verlängert wird.
Die Post-Synapsis lässt sich weiter anhand der möglichen weiteren Vorgänge und den sich daraus ergebenden Modelle unterteilen:
Eine nicht korrekte homologe Rekombination löst während er ersten Phase der Zellteilung der Meiose eine falsche Ausrichtung der Chromosomen aus. Dies kann dazu führen, dass sie nicht korrekt separieren (Non-Disjunction) und in falscher Anzahl auf die Spermien und Eizellen aufgeteilt werden. Das Down-Syndrom, das durch eine zusätzliche Kopie des Chromosom 21 verursacht wird, ist eine von vielen Anomalien, die sich darauf ergeben können.
Defizite in der homologen Rekombination sind stark mit der Krebsentstehung beim Menschen verknüpft. So werden zum Beispiel das Bloom-Syndrom, Werner-Syndrom und Rothmund-Thomson-Syndrom durch fehlerhafte Kopien ihrer RecQ-Helicase-Gene verursacht, die an der Regulation der homologen Rekombination beteiligt sind. Bei Patienten mit Bloom-Syndrom, denen eine Kopie des Gens für das BLM-Protein fehlt, gibt es eine erhöhte Rate homologer Rekombination.
Verminderte Raten homologer Rekombination führen zu einer ineffizienten DNA-Reparatur und können damit auch zu Krebs führen. Beispiele sind BRCA1 und BRCA2, deren Fehlfunktion mit einem deutlich erhöhten Risiko für Brust- und Eierstockkrebs verbunden ist. Zellen, denen BRCA1 und BRCA2 fehlen, haben eine verminderte Rate homologer Rekombination und eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber ionisierender Strahlung, was darauf hindeutet, dass eine verminderte homologe Rekombination zu einer erhöhten Anfälligkeit für Krebs führt. Tumore mit einem homologen Rekombinationsmangel (einschließlich BRCA-Defekte) werden als HRD-positiv bezeichnet.
In Zuge der Erforschung der Gentherapie wird auch an Methoden gearbeitet, denen die homologe Rekombination zugrunde liegt. Bei HRD-positiven Krebsarten wurde an Behandlungsmethoden geforscht, die den Umstand ausnutzen, dass hier die homologe Rekombination nicht funktional ist. Dazu wurde die alternative Reparaturmethode der Nicht-homologen Endverknüpfung gezielt ausgeschaltet (siehe auch onkologische Gentherapie).
Tags: Crossing-over, Gentherapie
Fachgebiete: Biologie, Gentechnik, Humangenetik, Molekulargenetik
Diese Seite wurde zuletzt am 20. November 2020 um 14:05 Uhr bearbeitet.
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