Genetische Variabilität
Synonyme: genetische Variation, genetische Varianz
Englisch: genetic variability
Definition
Als genetische Variabilität werden Unterschiede zwischen biologischen Systemen (Proteinen, Zellen, komplexen Organismen) bezeichnet, die durch Variationen im genetischen Material (DNA oder RNA) begründet sind. Sie bestimmen maßgeblich den Phänotyp, also das Erscheinungsbild des Organismus. Die genetische Variabilität wird häufig der Variabilität gegenüber gestellt, die durch Umweltfaktoren hervorgerufen wird.
Hintergrund
Jeder Organismus verfügt über eine indivuellen Satz von Genen, diese genetische Ausstattung wird als Genotyp bezeichnet. Die Ausprägung der Gene bestimmt das Erscheinungsbild des Organismus, den sogenannten Phänotyp.
Jedoch finden sich auch bei Organismen mit identischem Genotyp phänotypische Unterschiede (Polyphänismus). So haben eineiige Zwillinge zwar eine sehr große Ähnlichkeit, es finden sich aber auch äußerliche Abweichungen. Diese werden als modifikatorische Variabilität bezeichnet und kommen durch variierende Umweltbedingungen zustande. Dabei spielt die Reaktionsnorm ein Rolle. Sie bestimmt das Ausmaß, in dem Zellen auf externe und interne Einflüsse eine Reaktion zeigen können.
Genetische Veränderung können an die Nachkommen weitergegeben werden und sind somit entscheidend für die Evolution und die dauerhafte Anpassung von Organismen. Modifikationen durch Umweltbedingungen werden nicht vererbt und haben somit keinen bleibenden Einfluss auf eine Population.
Je geringer die genetischen Differenzen zwischen Individuen, desto höher ist der Verwandtschaftsgrad.
Auslöser
Genetische Variabilität entsteht primär durch spontane Mutationen. Nach dem Prinzip der natürlichen Selektion werden anschließend die Mutationen begünstigt, die einen evolutionären Vorteil bieten.
Bei Organismen mit sexueller Fortpflanzung kann eine Neukombination von genetischem Material auch durch die homologe Rekombination erfolgen.
Bestimmung der genetischen Variabilität
... zwischen verschiedenen Arten
Zum Teil existiert auch zwischen verschiedenen Arten von Lebewesen eine hohe genetische Ähnlichkeit. Bekanntestes Beispiel ist hier die große genotypische Übereinstimmung zwischen Mensch und Schimpanse. Zum Vergleich dieser beiden Lebensformen fanden im Rahmen von archäogenetischen Forschungsreihen Untersuchungen der mitochondrialen DNA statt. 2002 untersuchten Wissenschaftler zusätzlich die DNA aus dem Zellkern und fanden eine genetische Übereinstimmung von 98,7 % zwischen dem Erbgut der Schimpansen und dem des Menschen.
Auf der Basis solcher Erbgutanalysen und unter Berücksichtigung der jeweiligen morphologischen Eigenschaften der Individuen kann ein Stammbaum erstellt werden, der die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den Arten darstellt. Diese Untersuchungsmethoden sind somit unerlässlich für die Frage nach der phylogenetischen Entstehung des Menschen.
... innerhalb einer Art
Beim Vergleich des Genotyps innerhalb einer Art sind Unterschiede zwischen zwei homologen DNA-Abschnitten wesentlich geringer. Aus diesem Grund bedient man sich hier eher der DNA-Sequenzierung, die detaillierter ist und auch einzelne Basenaustauschereignisse (SNPs) zwischen den Genabschnitten aufzeigt.