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Morbus Basedow

(Weitergeleitet von Basedow-Thyreoiditis)

nach Karl Adolf von Basedow (1799 bis 1854), deutscher Arzt (Merseburg)
Synonyme: Basedow-Thyreoiditis, Basedow'sche Krankheit, Basedow-(Graves)-Krankheit, immunogene Hyperthyreose vom Typ Basedow, Immunhyperthyreose
Englisch: Grave's disease

1. Definition

Als Morbus Basedow wird eine Autoimmunthyreopathie bezeichnet, die zu einer Hyperthyreose führt und mit der klassischen Trias (Merseburger Trias) aus Struma, Exophthalmus und Tachykardie vergesellschaftet ist.

2. Epidemiologie

Frauen sind fünf- bis achtmal häufiger betroffen als Männer. Zwei Drittel der Betroffenen erkranken nach dem 35. Lebensjahr.

3. Ätiologie

Die Erkrankung ist mit HLA-DR3 assoziiert. Da zudem oft eine familiäre Häufung besteht, vermutet man eine genetische Prädisposition. Außerdem ist eine Assoziation mit anderen Autoimmunerkrankungen, bspw. mit Diabetes mellitus Typ 1, Morbus Addison und chronischer Polyarthritis bekannt. Ob zudem auch exogene Faktoren, wie z.B. Virusinfektionen, Auslöser sein können, ist bislang (2025) nicht abschließend geklärt.

4. Pathophysiologie

Im Rahmen des Morbus Basedow werden Autoantikörper vom IgG-Typ (TRAK) gebildet, die sich gegen die TSH-Rezeptoren auf den Follikelzellen der Schilddrüse richten. TRAK imitieren die natürliche TSH-Wirkung und führen über eine Dauerstimulation der Rezeptoren zu folgenden Konsequenzen:

  • Es entsteht ein chronischer Wachstumsreiz, der zur Entwicklung einer Struma führt.
  • Die Schilddrüsenzellen produzieren und sezernieren vermehrt T3 und T4, sodass eine Thyreotoxikose entsteht.

Die Autoantikörper aktivieren zudem das Komplementsystem mit der resultierenden opsonierenden und leukotaktischen Wirkung. So ergibt sich in einigen Fällen eine Zerstörung des Schilddrüsengewebes mit nachfolgender Hypothyreose.

Extrathyreoidale Manifestationen wie die endokrine Orbitopathie und das prätibiale Myxödem treten aufgrund einer Bindung der Antikörper außerhalb der Schilddrüse auf.

Im Gegensatz zu anderen Ursachen einer Hyperthyreose wird die Sekretion von TSH aber gleichzeitig supprimiert, da die Antikörper auch TSH-Rezeptoren in der Hypophyse besetzen (immunogene TSH-Anregung, s. auch Brokken-Wiersinga-Prummel-Regelkreis). Der TSH-Spiegel korreliert daher nicht genau mit dem Schweregrad der Hyperthyreose und reicht als alleiniger Parameter zur Verlaufskontrolle nicht aus.

4.1. Merseburger Trias

Das klinische Vollbild aus Struma, Tachykardie und Exophthalmus liegt in ca. 50 % der Fälle vor. Die Exophthalmus-Symptomatik entspringt wahrscheinlich einer eigenständigen Autoimmunerkrankung, die häufig zusammen mit dem Morbus Basedow auftritt. Dabei werden zytotoxische Autoantikörper gegen die retroorbitale Strukturen, insbesondere gegen Fibroblasten, gebildet. Das Hervortreten der Augäpfel (ggf. nur einseitig) wird durch die entzündliche Schwellung und daraus folgende Fibrose erklärt.

5. Symptome

Die Symptome des Morbus Basedow entsprechen (neben den drei genannten Leitsymptomen) denen der Hyperthyreose:

6. Diagnostik

Die Diagnose wird in der Zusammenschau von klinischen, sonographischen, laborchemischen und nuklearmedizinischen Befunden gestellt.

  • Körperliche Untersuchung: Schwirren bzw. surrendes oder brummendes Geräusch bei Auskultation der vorderen Halsregion, da die Schilddrüse überaktiv ist und eine verstärkte Vaskularisation (mit turbulentem Blutfluss) aufweist.

Die endokrine Orbitopathie wird anhand der Kriterien Lidschwellung, Exopthalmus, muskuläre Dysfunktion und Optikusschädigung bemessen.

7. Therapie

7.1. Medikamentös

Eine manifeste Hyperthyreose stellt eine klare Indikation für eine thyreostatische Therapie dar. Nach Normalisierung des T3- und T4-Spiegels sollte die Dosis so reduziert werden, dass eine euthyreote Stoffwechsellage aufrechterhalten wird. Mittel der ersten Wahl sind Thiamazol und Carbimazol.

Nach einem bestimmten Zeitraum (meist nach weniger als einem Jahr) wird eine Therapiepause unter regelmäßiger Kontrolle der Schilddrüsenwerte eingelegt. In vielen Fällen kann eine Remission erreicht werden, bei Persistenz oder einem Rezidiv sollte jedoch eine definitive Therapie erwogen werden. Wenn unter der thyreostatischen Therapie die TRAK im Serum erhöht bleiben, kann auch schon nach sechs Monaten eine definitive Therapie empfohlen werden.

7.2. Definitiv

Die Indikationen für eine definitive Therapie sind persistierende, therapierefraktäre, rezidivierende und schwere Verläufe. Auch eine hochgradige endokrine Orbitopathie bedarf oft einer Operation oder einer Radiojodtherapie.

Zur Vorbereitung ist unbedingt eine euthyreote Situation anzustreben, da es im Rahmen des Zellzerfalls bzw. durch die iatrogene Verletzung der Schilddrüse zur Freisetzung von Schilddrüsenhormonen kommt. Wenn bereits eine hyperthyreote Stoffwechsellage vorliegt, besteht dann die Gefahr einer thyreotoxischen Krise.

7.2.1. Radiojodtherapie

Bei einer Zieldosis von 200 Gy kann in der Mehrzahl der Fälle eine dauerhafte Remission erreicht werden.

Während der Schwangerschaft und Stillzeit ist diese Therapieform streng kontraindiziert.

7.2.2. Operation

Eine Operation ist der Radiojodtherapie vorzuziehen, wenn eine mittelgroße bis große Struma vorliegt und wenn bei Frauen ein aktueller Kinderwunsch besteht.

In der Regel wird eine totale Thyreoidektomie durchgeführt, weshalb nach der Operation ein Substitutionsbedarf mit Levothyroxin besteht.

8. Prognose

Die Prognose ist individuell sehr unterschiedlich. In 50 % der Fälle kommt es im Laufe von einem oder zwei Jahren zu einer spontanen Remission. Gelegentlich kann es in diesen Fällen auch nach mehreren Jahren zu einem Rezidiv kommen. Die andere Hälfte der Fälle mündet in einen chronischen Verlauf, teils mit der Entwicklung einer endokrinen Orbitopathie.

9. Schwangerschaft

Bei Patientinnen mit einer aktiven Basedow-Krankheit sollte eine Schwangerschaft vermieden werden, bis eine Remission mit euthyreoter Stoffwechsellage erreicht ist. Eine manifeste Hyperthyreose ist sowohl für die Schwangere als auch für den Fetus eine Gefahr und kann u.a. zu thyreotoxischen Krisen, intrauteriner Wachstumsretardierung, Präeklampsie, Spontanaborten sowie Früh- und Totgeburten führen.

Darüber hinaus können mütterliche TRAK in der zweiten Schwangerschaftshälfte transplazentar übertragen werden (Leihantikörper), sodass Feten von Basedow-Patientinnen ein höheres Risiko für eine neonatale Hyperthyreose und Thyreotoxikose aufweisen. Diese manifestiert sich z.B. durch ein verzögertes intrauterines Wachstum und eine persistierende fetale Tachykardie.

Kommt es unter unbehandeltem Morbus Basedow dennoch zu einer Schwangerschaft oder rezidiviert eine zuvor kontrollierte Erkrankung, so sollte umgehend eine thyreostatische Therapie eingeleitet werden. Dabei ist zu beachten, dass die eingesetzten Thyreostatika diaplazentar übergehen und daher eine fetale Hypothyreose verursachen können.

Im ersten Trimenon wird Propylthiouracil bevorzugt.[1] Abgesehen vom Einsatz in der Schwangerschaft ist Propylthiouracil ein Reservemedikament, da es hepatotoxisch wirken kann. Es ist weiterhin (2025) Gegenstand von Diskussionen, ob die Medikation ab der 16. Schwangerschaftswoche auf Thiamazol oder Carbimazol umgestellt werden soll, um das Risiko für Hepatotoxizität bei der Schwangeren zu senken.[1] Thiamazol und Carbimazol haben jedoch ein schwaches teratogenes Potenzial.

Bei chronisch redizidiverenden Krankheitsverläufen wird als definitive Therapie eine operative Therapie vor einer geplanten Schwangerschaft empfohlen. Eine Radiojodtherapie ist in der Schwangerschaft absolut kontraindiziert. Eine Schwangerschaft sollte auch in den 6 Monaten nach erfolgter Radiojodtherapie vermieden werden.[1]

Nach der Geburt des Kindes sollte ergänzend zum Schilddrüsen-Screening im Rahmen der U2 eine Kontrolle der Schilddrüsenfunktion nach 14 Tagen durchgeführt werden, um eine Hypo- bzw. Hyperthyreose (durch Leihantikörper) auszuschließen.

10. Weblinks

11. Literatur

12. Quellen

  1. 1,0 1,1 1,2 Embryotox – Hyperthyreose, abgerufen am 20.01.2025

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