Angioimmunoblastisches T-Zell-Lymphom
Synonyme: AITL, angioimmunoblastische Lymphadenopathie, immunoblastische Lymphadenopathie
Englisch: angioimmunoblastic T-cell lymphoma(AITL), angioimmunoblastic lymphadenopathy with dysproteinemia (AILD)
Definition
Das angioimmunoblastisches T-Zell-Lymphom, kurz AITL, ist ein seltenes T-Zell-Lymphom, das durch eine Proliferation von follikulären T-Helferzellen (TFH) verursacht wird.
ICD-Codes
Epidemiologie
Das angioimmunoblastische T-Zell-Lymphom ist eine seltene Erkrankung. Es macht nur etwa 1 bis 2% aller Non-Hodgkin-Lymphome und 15-20% der PTCLs aus. Betroffen sind in der Regel ältere Patienten im 6. oder 7. Lebensjahrzehnt.
Ätiologie
Die Ätiologie ist unbekannt. Es besteht sehr häufig eine Assoziation mit EBV-Infektionen, deren genaue Bedeutung aber bislang (2022) nicht geklärt ist. Als weitere Risikofaktoren für die Lymphomentstehung werden Infektionen mit Zytomegalieviren, HCV, HHV-6, HHV-8 und HIV genannt.
Pathogenese
In etwa 90% der Fälle zeigen die Tumorzellen Chromosomenanomalien, z.B. eine Trisomie 3, 5 und 19 oder ein zusätzliches X-Chromosom. Durch molekularbiologische Untersuchungen des Tumorgenoms konnten ferner verschiedene somatische Mutationen aufgedeckt werden, welche die Tumorgenese anstoßen oder unterhalten. Betroffene Gene sind unter anderem RHOA, TET2, IDH2 und DNMT3A.[1]
Pathophysiologie
Die Upregulation der maligne veränderten T-Helferzellen fördert die Differenzierung der B-Zellen und induziert dadurch eine Hypergammaglobulinämie.
Symptome
Die Symptomatik ähnelt der des follikulären T-Zell-Lymphoms (FTCL). Die Patienten stellen sich mit generalisierten Lymphknotenschwellungen (v.a. Hals, Achselhöhle, Leiste) und unspezifischen Symptomen wie Krankheitsgefühl, Fieber, Fatigue, Gewichtsverlust und Nachtschweiß vor ("B-Symptome").
An Stamm und/oder Extremitäten tritt häufig (20 bis 50% der Fälle) ein fleckiges, morbilliformes Exanthem auf, das anfangs auch einer Urtikaria ähneln kann. Im späteren Verlauf können erythematöse Knötchen und Hauttumoren hinzutreten. Die Hautfalten können dabei ausgespart sein (Deck-chair-sign).[2] Durch die Infiltration der Haut mit den Tumorzellen kommt es zu einem ausgeprägten Juckreiz.
Weitere mögliche Symptome sind:
- Ödeme (Lungenödem, Aszites)
- Arthralgien
- Infektanfälligkeit
- Dyspnoe
- Blutungen
- neurologische Störungen (u.a. Polyneuropathie, Verwirrtheit, Kleinhirnsyndrome)
Aufgrund der unspezifischen Symptomatik, die Patient und Behandler anfangs nicht selten als Virusinfekt fehldeuten, wird die richtige Diagnose häufig erst spät gestellt.
Diagnostik
- Körperliche Untersuchung
- Palpation des Abdomens: Hepatosplenomegalie
- Palpation der Lymphknoten: Lymphadenopathie
- Labor
- Blutbild: Anämie, Thrombozytopenie, Lymphopenie
- Differentialblutbild: Hypereosinophilie (in ca. 30-40 % d.F.)
- Polyklonale Hypergammaglobulinämie
- LDH ↑
- Lymphknotenbiopsie
- Sonografie: Hepatosplenomegalie
- CT
Pathohistologie
Die pathohistologische Untersuchung der Lymphknoten sollte durch einen erfahrenen Untersucher erfolgen, da die Bewertung anspruchsvoll ist. Im Biopsat zeigen sich u.a. folgende Veränderungen:[1]
- Partielle oder vollständige Auflösung der normalen Histoarchitektur
- Polymorhpes Entzündungsbild mit reaktiven Lymphozyten, Histiozyten , Eosinophilen, Plasmazellen, Immunoblasten und follikulären dendritischen Zellen
- Die Tumorzellen stellen eine relativ kleine Zellpopulation. Sie haben eine mittlere Größe, ein klares Zytoplasma und nur geringe Kernatypien. Im Lymphknoten sind sie um die Hochendothelvenolen oder perifollikulär angeordnet.
Die pathohistologische Untersuchung des peripheren Bluts oder einer Knochenmarkbiopsie liefert in der Regel keine validen Ergebnisse.
Immunhistochemie
In der Immunhistochemie fallen die Färbungen wie folgt aus:[1]
- Positiver Färbenachweis
- Negativer Färbenachweis
Durchflusszytometrie
Mithilfe der Durchflusszytometrie kann die Diagnose eines AITL unterstützt werden:[1]
- Positiv für CD2, CD4, CD5, CD10, CD42 und CD45
- Negativ für sCD3, CD7, CD8, CD19, CD20, CD38, CD56, CD57, TCRαβ und TCRγδ
sCD3-/CD4+-positive T-Zellen im peripheren Blut haben einen hohen positiven prädiktiven Wert für ein AITL.
Therapie
Aufgrund der geringen Fallzahlen gibt es keine etablierte Standardtherapie des AITL. Typischerweise kommt eine Anthracyclin-basierte Chemotherapie (z.B. CHOP, R-CHOP oder CHEOP) mit anschließender Stammzelltransplantation zum Einsatz. Die Patienten sprechen auf die Chemotherapie in der Regel gut an, es kommt aber schnell zu Remissionen. Darüber hinaus werden in klinischen Studien weitere Arzneistoffe getestet, u.a. Brentuximab-Vedotin, Pralatrexat, Romidepsin, Belinostat, Bendamustin oder Lenalidomid.
Prognose
Die Prognose des angioimmunoblastischen T-Zell-Lymphoms ist vorsichtig zu stellen, da die Erkrankung in der Regel einen aggressiven Verlauf zeigt. Die mediane Überlebenszeit liegt zwischen 18 und 29 Monaten. Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt 32 %.[1] Negative Prognosefaktoren sind u.a. Alter > 60 Jahre, B-Symptome, Thrombozytopenie und das Auftreten extranodaler Krankheitsherde.
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Marques-Piubelli ML, Miranda RN.: Angioimmunoblastic T cell lymphoma. PathologyOutlines.com, abgerufen am 1.4.2022
- ↑ Shenoy et al. Diffuse leprosy with "deck-chair" sign, Indian dermatology online journal, 2015
Weblinks
- Chen ST et al. Case 15-2024: A 73-Year-Old Woman with Worsening Rash. N Engl J Med. 2024 - Angioimmunoblastisches T-Zell-Lymphom; ausführlicher Fallbericht mit Abb., abgerufen am 20.05.2024
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