VEXAS-Syndrom
Englisch: VEXAS syndrome
Definition
Das VEXAS-Syndrom ist ein autoinflammatorisches Krankheitsbild, das erstmals 2020 beschrieben wurde. Es handelt sich um eine Multisystemerkrankung mit Beteiligung diverser Organsysteme, die durch eine somatische Mutation entsteht.
Bedeutung
VEXAS ist ein Akronym und steht für:
- V - Vakuolen
- E - E1-Enzym
- X - X-chromosomal
- A - autoinflammatorisch
- S - somatisch
Epidemiologie
Es handelt sich um ein sehr seltenes Krankheitsbild, das insbesondere durch Fortschritte in der DNA-Sequenzierung diagnostiziert werden konnte. Seither gibt es vereinzelte Fallberichte über die typische Symptomkonstellation mit einem Nachweis der entsprechenden Mutation. Das VEXAS-Syndrom manifestiert sich erst im Erwachsenenalter.
Genetik
Der Erkrankung liegt eine somatische Mutation im UBA1-Gen auf dem X-Chromosom zugrunde. Dieses kodiert das Ubiquitin-aktivierende Enzym E1, das den ersten Schritt der Ubiquitinierung initiiert. Bei dem Großteil der nachgewiesenen Mutationen handelt es sich um Missense-Mutationen des Methionins an Position 41, dem Startcodon der zytoplasmatischen Form von UBA1. Sie führt zum Verlust des funktionellen Proteins und der Synthese eines abnormalen Proteinfragments.
Aufgrund der Genlokalisation sind hauptsächlich Männer betroffen, da sie nur ein X-Chromosom aufweisen. Jedoch existieren auch einzelne Fallberichte von erkrankten Frauen mit Monosomie X (Turner-Syndrom).[1]
Klinik
Dominiert wird das Bild durch multiple Entzündungen, die rheumatologische Krankheitsbilder imitieren und spezifische syndromale Manifestationen umfassen können.
Entzündungssymptomatik
Unspezifische Symptome umfassen:
- Fieber
- Gewichtsverlust
- Polyarthritis, Polyarthralgie
- Alveolitis
- Serositis
- Uveitis, Episkleritis
- pulmonale Symptomatik mit respiratorischer Insuffizienz
Spezifische syndromale Manifestationen sind:
- Polyarteriitis nodosa
- Riesenzellarteriitis
- Sweet-Syndrom
- Polychondritis
- ANCA-assoziierte Vaskulitis (selten)
- Chronische inflammatorische demyelinisierende Polyradikuloneuropathie (CIDP)
Hämatologische Befunde
Zu den hämatologischen Befunden zählen:
- Zytopenie: Thrombozytopenie, Anämie (charakteristischerweise makrozytär und hyperchrom)
- venöse Thrombembolien
- Lymphadenopathie
- MDS
- MGUS, multiples Myelom
- hämophagozytische Lymphohistiozytose (selten)
Weiterhin zeichnet sich das VEXAS-Syndrom dadurch aus, dass ausschließlich eine Behandlung mit Glukokortikoiden anschlägt. Sobald jedoch die Dosis reduziert wird, kommt es zum Relaps.
Differentialdiagnosen
Neben den oben genannten Syndromen anderer Genese muss auch an weitere Differenzialdiagnosen gedacht werden, z.B.:
Diagnose
Das VEXAS-Syndrom sollte bei männlichen Patienten als Diagnose in Betracht gezogen werden, deren Krankheitsbild multiple Organe betrifft und durch inflammatorische sowie hämatologische Merkmale charakterisiert ist.
- Blutbild: Erhöhung von CRP, BSG, makrozytäre hyperchrome Anämie, Thrombozytopenie
- Knochenmarksbiopsie: hyperzelluläres Knochenmark mit Nachweis von Vakuolen in erythroiden und myeloischen Vorläuferzellen
- Hautbiopsie: leukozytoklastische Vaskulitis mit Nachweis reifer, perivaskulärer neutrophiler Granulozyten, Nachweis CD163-positiver Zellen
- DNA-Sequenzierung: vollständige Exomsequenzierung mit Nachweis einer UBA1-Mutation in myeloischen Zellen aus dem Knochenmark, peripheren Blut oder aus einer Hautbiopsie
- Männer mit einer Polychondritis im Ohr oder in der Nase, sowie MCV >100 fl oder eine Thrombozytenzahl unter 200.000 /µl
Therapie
Das Krankheitsbild spricht grundsätzlich schlecht auf eine Therapie an. Unter einer Hochdosistherapie mit Glukokortikoiden (> 20 mg/d) kann eine Remission der Symptome erreicht werden. Selbst eine autologe Stammzelltransplantation konnte lediglich eine Remission von 6 Monaten induzieren, bevor die Symptome zurückkehrten.
Prognose
Es handelt sich um ein chronisch verlaufendes Krankheitsbild. Häufig vergehen viele Jahre, bis die Diagnose gestellt wird, wobei über die Zeit immer neue Symptome hinzutreten. Die Mortalität wird auf 50 % geschätzt.
Quellen
- ↑ Zeck et al.: VEXAS-Syndrom, Zeitschrift für Rheumatologie, 2022
Literatur
- Beck, David B., et al. Somatic mutations in UBA1 and severe adult-onset autoinflammatory disease. New England Journal of Medicine (2020)
- Ferrada, Marcela A., et al. Somatic mutations in UBA1 define a distinct subset of relapsing polychondritis patients with VEXAS syndrome. Arthritis & Rheumatology (2021)
- OMIM - VEXAS SYNDROME, abgerufen am 27.01.2022