Polyarteriitis nodosa
Abkürzungen: PAN, cPAN
Synonyme: Periarteriitis nodosa, Panarteriitis nodosa, Kussmaul-Maier-Krankheit
Englisch: polyarteritis nodosa
Definition
Die Polyarteriitis nodosa, kurz PAN, ist eine Vaskulitis der mittelgroßen Arterien. Sie wird auch als klassische Polyarteriitis nodosa bezeichnet (cPAN), um sie von der mikroskopischen Polyangiitis (mPA) abzugrenzen.
Epidemiologie
Die Polyarteriitis nodosa ist eine seltene, jedoch schwerwiegende Erkrankung, die überwiegend im 4. und 5. Lebensjahrzehnt auftritt. Die Prävalenz liegt in Deutschland unter 5:100.000 Einwohner. Männer sind dabei dreimal häufiger als Frauen betroffen.
Ätiologie
Die Ätiologie ist immer noch ungeklärt (2023), die Polyarteriitis nodosa ist am ehesten als Autoimmunerkrankung aufzufassen. Eine Assoziation besteht zur Hepatitis B, die bei etwa einem Drittel der Patienten vorliegt. Das HBs-Antigen kann bei diesen Fällen in den Läsionen der Polyarteriitis nodosa nachgewiesen werden, was auf einen Immunkomplex-vermittelten Pathomechanismus hinweist.
Darüber hinaus findet sich in weiteren Fällen eine Hepatitis C oder eine HIV-Infektion. Auch im Rahmen einer Haarzellleukämie kann eine PAN auftreten.
Pathologie
Es sind vor allem die mittlere Arterien von Nieren, Nervensystem, Bewegungsapparat und Gastrointestinaltrakt betroffen. Die betroffenen Arterien sind entzündet und nekrotisch, die Vaskulitis betrifft dabei alle Wandschichten. Inkonstant kommt es an den entzündlichen Veränderungen zu knotigen Veränderungen (daher: "nodosa").
Charakteristisch ist aus pathologischer Sicht eine Infiltration der Gefäße und ihrer Umgebung durch Leukozyten, die Proliferation der Intima, Nekrosen der Gefäßwand und ein Verschluss von Arterien.
Symptomatik
Die Symptomatik besteht im Allgemeinen aus Fieber, Gewichtsverlust und schwerem Krankheitsgefühl. Wegweisend sind die Symptome des Organbefalls durch Schädigung der Blutversorgung. Dabei müssen nicht immer alle Organsysteme gleich schwer betroffen sein.
Niere
Die Niere unterliegt durch Schädigung der arteriellen Versorgung einer Ischämie. Dadurch kommt es zur Proteinurie und Hämaturie. Die Retentionswerte sind erhöht, bei ausgeprägten Verläufen kann es zum Nierenversagen kommen.
Ein weiteres Indiz für eine Schädigung der Nierengefäße ist eine Hypertonie.
- Anmerkung: Eine Glomerulonephritis gehört laut aktueller Definition (2023) nicht zum Befallsmuster der Polyarteriitis nodosa. Nach aktueller Wissenslage tritt diese nur bei der so genannten mikroskopischen Polyangiitis auf, die als eigenes Krankheitsbild gilt. Dabei kommt es zur Vaskulitis der Arteriolen.
Herz
In über 80% der Fälle kommt es zu einer Schädigung der Koronararterien, die sich durch Angina pectoris und Myokardinfarkte (im jungen Alter) äußern kann.
Gastrointestinaltrakt
Im Rahmen des abdominellen Befalls kommt es zu Koliken, Übelkeit und Erbrechen. Bei ausgeprägtem Befall kann es zum Mesenterialinfarkt und Infarzierungen von Leber, Pankreas und Milz kommen.
Bewegungsapparat
Die Gelenke sind im Rahmen einer Arthritis schmerzhaft, die Muskulatur kann sich ebenfalls entzünden (Myositis).
Nervensystem
Das Nervensystem ist im Rahmen von Ischämien des ZNS und einer Polyneuropathie vom Multiplex-Typ betroffen.
Haut
Die Haut zeigt vielfältige Veränderungen. Auffällig sind vor allem Erytheme mit schmerzhaften Knötchen und umschriebene Vermehrungen der Gefäßzeichnung, die auch als Livedo reticularis bezeichnet wird.
Sonstige betroffene Organe
Weiterhin können die Gonaden in ihrer Gefäßversorgung kompromittiert und in Mitleidenschaft gezogen werden, was sich in Hodenschmerzen äußert.
Diagnostik
Die Diagnostik stützt sich zunächst auf Anamnese und Befundung des Befallsmusters. Je nach Beschwerdeprofil sind spezifische Organuntersuchungen notwendig. Erhöhungen der Entzündungswerte im Laborbefund (CRP, BSG) lenken den Verdacht auf eine entzündliche Genese der Beschwerden.
Wegweisend für die Diagnose einer Polyarteriitis nodosa sind:
- Nachweis des Rheumafaktors (etwa 50 %)
- Verminderung der Faktoren des Komplementsystems (>50 %)
Angiographisch lassen sich oft perlschnurartig aneinandergereihte, arterielle Mikroaneurysmen nachweisen.
Die definitive Diagnosestellung ist durch eine Muskelbiopsie mit Nachweis der charakteristischen Histologie möglich. Alternativ kann auch eine Biopsie von Haut oder Nerven untersucht werden. Hochverdächtig ist der Nachweis von Hepatitis B.
Diagnosekriterien
Gemäß den Kriterien des ACR kann die Diagnose einer Polyarteriitis nodosa gestellt werden, wenn mindestens 3 der folgenden 10 Kriterien erfüllt sind:
- Gewichtsverlust ≥ 4 kg, der nicht auf andere Ursachen zurückgeführt werden kann
- Livedo reticularis
- Schmerzen oder Druckempfindlichkeit der Hoden, die nicht auf andere Ursachen zurückgeführt werden können
- Muskelschwäche und Muskelschmerzen
- Mono- oder Polyneuropathie
- Hypertonie
- Erhöhung des Serumkreatinins oder des Serumharnstoffs
- Nachweis einer Hepatitis-B- oder Hepatitis-C-Infektion
- Auffälligkeiten in der Angiographie der Arterien
- Pathologischer Befund der Biopsie
Therapie
Die Polyarteriitis nodosa sollte umgehend mit Immunsuppressiva behandelt werden, Dabei kommen Glukokortikoide allein oder in Kombination mit Cyclophosphamid, Methotrexat oder Azathioprin zum Einsatz. Das genaue Therapieschema richtet sich nach dem Schweregrad der Erkrankung.
Bei Hepatitis B-assoziierter PAN sollte eine antivirale Therapie erfolgen.
Prognose
Für die Prognose ist vor allem der Grad der Nierenschädigung entscheidend. Durch einen renalen Hypertonus können erhebliche prognoselimitierende kardiovaskuläre Komplikationen auftreten. Unbehandelt liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei unter 15%. Die Prognose verbessert sich, wenn innerhalb von 18 Monaten nach Diagnosestellung eine Remission erreicht wird.
Weblinks
- Aoki K, Kojima M. Polyarteritis Nodosa. N Engl J Med 2024 - Fallbericht mit Abb.
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