Sweet-Syndrom
nach dem amerikanischen Dermatologen Robert Douglas Sweet (1917–2001)
Synonym: akute febrile neutrophile Dermatose
Englisch: sweet's syndrome, acute febrile neutrophile dermatosis
Definition
Als Sweet-Syndrom bezeichnet man eine seltene Erkrankung ungeklärter Ätiologie, bei der grippeähnliche Symptome sowie schmerzhafte Papeln der Haut auftreten. Die Erkrankung ist durch ein Ödem sowie eine Infiltration der Dermis mit neutrophilen Granulozyten gekennzeichnet.
Geschichte
Das Sweet-Syndrom wurde erstmals im Jahr 1964 durch den Dermatologen Robert Douglas Sweet beschrieben.
Ätiologie
Je nach Ätiologie unterscheidet man verschiedene Formen des Sweet-Syndroms:
- Klassischer oder idiopathischer Typ
- Paraneoplastischer Typ
- Infektionsassoziierter Typ
- Autoimmuner Typ
- Medikamenteninduzierter Typ
- Schwangerschaftsassoziierter Typ
Klassischer oder idiopathischer Typ
Beim klassischen oder idiopathischen Typ ist die Ursache ungeklärt. Dieser Typ betrifft in erster Linie Frauen im Alter zwischen 30 und 50 Jahren.
Paraneoplastischer Typ
In etwa 20 % der Fälle ist ein Malignom ursächlich für das Sweet-Syndrom. Am häufigsten ist das Sweet-Syndrom mit einer akuten myeloischen Leukämie (AML) oder einem myelodysplastischen Syndrom assoziiert. In seltenen Fällen tritt die Erkrankung bei urogenitalen Malignomen auf.
Infektionsassoziierter Typ
Das Sweet-Syndrom kann im Anschluss an eine Infektion auftreten. Häufig assoziierte Infektionen sind beispielsweise:
- Darminfektionen (z.B. Salmonellose, Yersiniose)
- Atemwegsinfekte
- Infektion mit nicht-tuberkulösen Mykobakterien
Autoimmuner Typ
Das Sweet-Syndrom wird im Zusammenhang mit verschiedenen Autoimmunerkrankungen beobachtet, wie beispielsweise rheumatoider Arthritis, Sarkoidose, Hashimoto-Thyreoiditis oder systemischem Lupus erythematodes (SLE). Es kann auch bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (insbesondere Morbus Crohn) auftreten.
Medikamenten-induzierter Typ
Der Medikamenten-induzierte Typ macht etwa 5 % der Sweet-Syndrome aus. Die Veränderungen der Haut treten typischerweise sieben bis acht Tage nach der erstmaligen Einnahme des Medikamentes auf. Ein Medikamenten-induziertes Sweet-Syndrom ist am häufigsten nach der Behandlung mit einem Granulozyten-Kolonie stimulierenden Faktor (G-CSF) zu beobachten. Weitere Medikamente, die ein Sweet-Syndrom verursachen können, sind beispielsweise:
Pathogenese
Der genaue Pathomechanismus des Sweet-Syndroms ist derzeit (2022) noch nicht vollständig geklärt. Die Genese ist vermutlich multifaktoriell. Es existieren verschiedene Hypothesen. So vermutet man unter anderem, dass das Sweet-Syndrom eine Überempfindlichkeitsreaktion auf ein auslösendes bakterielles oder virales Antigen bzw. Tumorantigen ist.
Man geht davon aus, das G-CSF, Interferon-gamma, Interleukin-1, Interleukin-3, Interleukin-6 und Interleukin-8 eine wichtige Rolle in der Pathogenese des Sweet-Syndroms spielen.[1]
Klinik
Das Sweet-Syndrom ist zu Beginn typischerweise durch ein grippeähnliches Prodromalstadium mit Abgeschlagenheit, Fieber und Arthralgien gekennzeichnet. Die Symptome treten in der Regel drei bis sieben Tage vor dem Einsetzen der Hautveränderungen auf.
An der Haut bilden sich rötlich-livide Papeln, die druckdolent sind und im Verlauf zu Knoten und Plaques konfluieren. Die Veränderungen der Haut können den Eindruck von Bullae erwecken, da die Dermis aufgrund eines ausgeprägten entzündlichen Ödems durchscheinend wirkt. Die Hautveränderungen finden sich insbesondere im Gesicht, am Hals, am Rumpf sowie an den Streckseiten der Arme und Beine.
Beim Sweet-Syndrom bestehen keine Ulzerationen und es kommt nicht zur Vernarbung der Läsionen.
Extrakutane Symptome des Sweet-Syndroms sind:
- Polyarthritis
- Myalgien
- Nephritis
- Hepatitis
- Konjunktivitis
- Iridozyklitis
- Entzündliche Darmerkrankungen
- Sterile Osteomyelitis
In seltenen Fällen liegen eine aseptische Meningitis oder eine Pankreatitis vor.
Diagnostik
Die Diagnose wird anhand der klinischen Befunde, einer histologischen Untersuchung und der Labordiagnostik gestellt.
Histologie
In der histologischen Untersuchung zeigt sich ein Ödem der Dermis. Darüber hinaus liegt typischerweise eine dichte Infiltration der Dermis mit neutrophilen Granulozyten vor. In der Regel sind die obere und mittlere Dermis betroffen, in manchen Fällen die Subkutis.
Labordiagnostik
Typischerweise liegen ein Anstieg der Blutsenkungsgeschwindigkeit sowie ein erhöhtes CRP vor. Weitere charakteristische Laborbefunde sind eine Leukozytose mit Neutrophilie und Linksverschiebung.
Darüber hinaus kann bei einigen Patienten die alkalische Phosphatase erhöht sein. In manchen Fällen sind die Transaminasen erhöht. Bei malignen Grunderkrankungen liegt in 30 bis 50 % der Fälle eine Anämie vor. Weitere mögliche Laborbefunde sind eine Proteinurie und Thrombozytopenie.
Differentialdiagnosen
Mögliche klinische Differentialdiagnosen des Sweet-Syndroms sind beispielsweise:
Therapie
Die Therapie setzt sich aus einer topischen und einer systemischen Therapie zusammen. Zur externen Therapie werden unter anderem wasserhaltige hydrophile Salben und Zinkoxidschüttelmixturen eingesetzt. Darüber hinaus können mittelstark wirksame Glukokortikoid-Lotionen verwendet werden.
Für die systemische Therapie kommen in erster Linie Glukokortikoide zum Einsatz. Nach dem Beginn der Behandlung kommt es in der Regel zur schnellen Besserung der Allgemeinsymptome sowie der Hautveränderungen. Alternative Medikamente, die zur Behandlung verwendet werden können, sind Acetylsalicylsäure, Kaliumiodid und Indometacin. Darüber hinaus wurden Therapieerfolge mit Dapsone, intravenösen Immunglobulinen und Ciclosporin A beschrieben.
Prognose
Die Prognose des Sweet-Syndroms ist gut. Auch ohne eine Therapie heilen die Hautveränderungen in der Regel innerhalb von Wochen bis Monaten ab. Durch eine Therapie verbessert sich die Symptomatik meist schnell. 50 % aller Patienten weisen im weiteren Verlauf ein Rezidiv auf.
Bei Patienten mit dem Medikamenten-induzierten Typ heilen die Hautveränderungen meist innerhalb von 3 bis 30 Tagen nach Absetzen des ursächlichen Medikamentes ab.
Quellen
- ↑ Cohen PR. Sweet's syndrome-a comprehensive review of an acute febrile neutrophilic dermatosis Orphanet J Rare Dis. 2007
Literatur
- Altmeyers Enzyklopädie - Sweet-Syndrom, abgerufen am 17.10.2022
- MDS Manuals - Akute febrile neutrophile Dermatose, abgerufen am 17.10.2022
- Pschyrembel - Sweet-Syndrom, abgerufen am 17.10.2022
- Paul et al. Sweet’s Syndrome in a Patient With Seropositive Rheumatoid Arthritis After Starting Adalimumab: Is Sweet’s Syndrome Related to Rheumatoid Arthritis or Is It the Paradoxical Effect of Adalimumab?, Cureus, 2021
- Wagner, A.C., Vogt, T., Müller, C.S.L.: "Sweet-Syndrom mit akraler Beteiligung nach Boswellia-Einnahme: Ein Fallbericht." Akt. Dermatol. 2019; 45: 604-607.
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