Urinstatus
Synonyme: Harnstatus, U-Status
Definition
Als Urinstatus bezeichnet man im klinischen Sprachgebrauch die Ergebnisse der Untersuchung des Urins. Ein Urinstatus kann orientierend mithilfe eines Schnelltests oder detailliert im Labor erhoben werden.
Probengewinnung
Für den Urinstatus eignen sich am besten 10 ml frischer Morgenurin, die aus dem Mittelstrahl gewonnen werden. Der Morgenurin ist stärker konzentriert als der normale Tagesurin - die Analyse unterliegt daher keinen störenden Verdünnungseffekten. Der Genitalbereich sollte zunächst gesäubert und evtl. desinfiziert werden, da sich so eine Verfälschung der Ergebnisse durch äußerliche Verunreinigung weitgehend vermeiden lässt. Bei Frauen während der Menstruation sollte der Nachweis von Erythrozyten im Urin nicht zur Diagnose einer Hämaturie verleiten (diese ist natürlich auch nicht ausgeschlossen).
Auch das Verwerfen des Erststrahlurins dient der Reduzierung von Keimen und Bakterien aus dem äußeren Teil der Harnröhre. Der Mittelstrahlurin wird in einem Becher aufgefangen (ca. 10 ml). Bei speziellen Fragestellungen kann es sinnvoll sein, den Urin über einen Blasenkatheter zu gewinnen.
Methoden
Der Urinstatus kann entweder orientierend in der Praxis bzw. am Krankenbett mit Hilfe eines Teststreifens oder durch aufwändigere Methoden im Labor ermittelt werden.
Teststreifen
Der Urinteststreifen wird kurz in den Harn getaucht und ermöglicht innerhalb weniger Minuten eine semiquantitative Bestimmung diagnostischer Parameter, wie beispielsweise einer Proteinurie. Der sichtbare Farbumschlag zeigt näherungsweise den Gehalt an:
- Protein
- Glucose
- Keton
- Bilirubin
- Urobilinogen
- Urobilin
- den pH-Wert
- das Vorhandensein von Erythrozyten oder Hämoglobin
- das Vorhandensein von Leukozyten
Der Urin eines gesunden Menschen enthält normalerweise keine Ketone, kein Nitrit und keine Blutbestandteile (z.B. Hämoglobin), sowie nur minimale Spuren an Proteinen. Ketone können jedoch physiologisch bei ketogener Ernährung und Hungerzuständen auftreten.
Laboruntersuchung
Die Laboruntersuchung umfasst neben chemischen Zusammensetzung des Urins auch eine Untersuchung des Harnsediments, das durch Zentrifugieren des Urins gewonnen wird. Das Sediment wird mikroskopisch auf geformte Bestandteile (Epithelzellen, zelluläre Blutbestandteile, Zylinder) hin untersucht, deren genaue Anzahl man in einer Zählkammer oder automatisiert mithilfe der Durchflusszytometrie quantifizieren kann.
Als erweiterte Methoden kommen die Urinzytologie und die Bestimmung von Tumormarkern im Urin (z.B. Blasen-Tumor-Antigen, NMP-22) in Frage.
Referenzbereiche
- pH-Wert: 5-7
- Gesamt-Eiweiß: < 0,15 g/l (negativ)
- Bilirubin: negativ
- Urobilinogen: negativ
- Nitrit: negativ
- Glukose: negativ bzw. < 15 mg/dl
- Aceton (Ketonkörper): negativ
- Blut: negativ
Indikationen
- Erkennung von Blutungen im Urogenitalbereich
- Erkennung von Infektionen
- Diabetes mellitus
- Erkennung von Glucosurien (vor allem zum Screening)
- Erkennung von Mikroalbuminurien (mit speziellen Teststreifen)
- Erkennung von Proteinurien
- Azidosen, Alkalosen
- Diagnostik von Harnsteinen
- Harnsteinprophylaxe
Aussagekraft
Der Urinstatus kann Frühsymptome von folgenden Krankheitsgruppen ermitteln:
- Erkrankungen der ableitenden Harnwege, z.B. Harnwegsinfekte, Blasentumoren
- Erkrankungen der Niere (Nephrolithiasis, Nierentumore, Nephritis)
- Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels (z.B. Diabetes mellitus)
- Lebererkrankungen
- hämolytische Erkrankungen
Ein negatives Protein-Testfeld schließt eine Proteinurie nicht sicher aus, da die Methode nicht sensitiv genug ist. Bei entsprechender klinischer Fragestellung, z.B. Diabetes mellitus oder Hypertonie, sollte Albumin im Urin gezielt untersucht werden.
Interpretation
pH-Wert
Bei einem pH-Wert ≥ 7 (alkalischer Urin) können Harnwegsinfekte mit Urease-positiven Bakterien oder renale tubuläre Azidosen mit verminderter Säureausscheidung vorliegen. Ein alkalischer pH-Wert tritt auch bei Alkalosen, Kaliummangel, vegetarischer Ernährung und der Einnahme bestimmter Medikamente auf (z.B. Azetazolamid).
Ein niedriger pH-Wert ≤ 5 (saurer Urin) kommt bei Gicht sowie bei metabolischen und respiratorischen Azidosen vor.
Falsch hohe Werte ergeben sich durch quartäre Ammoniumverbindungen (Desinfektionsmittelreste).
Leukozyten
Der Nachweis von Leukozyten basiert auf dem Nachweis der Granulozyten-Esterase-Aktivität. Positive Werte sprechen für eine bakterielle Infektion. Es werden allerdings nur Granulozyten und keine Lymphozyten angezeigt. Falsch positive Werte können durch Formaldehyd (als Konservierungsmittel, Desinfektionsmittelreste) hervorgerufen werden.Falsch negative Werte treten im Zusammenhang mit Cefalexin (Antibiotikum) auf. Aufgrund der fehlenden Erfassung von Lymphozyten und der Störanfälligkeit wird die Bestimmung der Leukozyten aus dem Urinsediment empfohlen.
Blut
Der Nachweis von Blut basiert auf dem Peroxidase-Nachweis. Nachgewiesen werden Erythrozyten, freies Hämoglobin und Myoglobin. Positive Werte können auf folgendes hinweisen:
Falsch positive Werte können durch Reinigungsmittel (Hypochlorit, Peroxide, Perborat) hervorgerufen werden. Der häufigste Störfaktor ist jedoch die Menstruationsblutung, weshalb keine Urinuntersuchungen während der Menstruationsperiode durchgeführt werden sollten. Falsch negative Werte können durch Sauerstoffempfänger wie Ascorbinsäure, Harnsäure, Gentisinsäure (Antirheumatikum) begründet werden.
Eiweiß (Albumin)
Eiweiße werden durch den Farbumschlag eines pH-Indikators bei Anwesenheit von Albumin nachgewiesen. Positive Werte deuten auf manifeste glomeruläre Proteinurien hin, wenn die Albuminkonzentration 150 bis 300 mg/l überschreitet. Der Test ist daher als Frühscreening auf eine Glomerulonephritis zu unsensibel, bei dieser Fragestellung sollte besser das Gesamteiweiß im Urin bestimmt werden. Nicht erfasst werden zudem niedermolekulare Proteine (tubuläre Proteinurien), Ig-Leichtketten (Bence-Jones-Proteine, prärenal) sowie eine Mikroalbuminurie. Falsch positive Werte können bei einem Urin-pH > 9 z.B. durch Medikamente vorliegen. Falsch negative Werte hingegen bei einem Urin-pH < 4.
Urobilinogen
Der Nachweis von Urobilinogen ist ab 0,5-1,0 mg/dl möglich. Positive Werte können auf eine verstärkte Hämolyse, einen Leberschaden, eine Stauungsleber oder eine Pfortaderthrombose hinweisen. Negative Werte zeigen eine gestörte Gallesekretion oder -produktion oder eine Störung durch Formaldehyd an. Falsch positive Werte durch rote Stoffe wie Rote Beete, Aminophenazon u.a. hervorgerufen werden.
Nitrit
Der Nachweis von Nitrit gelingt ab 0,05 bis 0,1 mg/dl und spricht für ca. 100 Keime/ml. Positive Werte können auf einen Harnwegsinfekt durch Bakterien, die Nitrat zu Nitrit reduzieren, hinweisen. Der Wert ist jedoch unspezifisch und oft falsch positiv. Zudem kann es zu Störungen durch Farbstoffe kommen. Ein negatives Ergebnis schließt einen Harnwegsinfekt nicht aus (Antibiotiktherapie, nitratarme Kost, starke Diurese, z.B. Enterokokken bilden kein Nitrit).
Glukose
Bei gesunden Menschen wird in der Regel Glukose nicht über den Urin ausgeschieden, da die Nierenschwelle der Glukose bei 150 bis 180 mg/dl Serum liegt. Bei höherer Glukosekonzentration kommt es zu einer Glucosurie. Auf Urinteststreifen zeigt ein Farbumschlag den Glukosenachweis an. Die Glukosekonzentration im Urin sollte unter 15 mg/dl liegen. Konzentrationen über 40 mg/dl können unter anderem auf einen Diabetes mellitus hinweisen. Auch in der Schwangerschaft oder bei toxischen bzw. metabolischen Tubulusschäden kann eine Glucosurie auftreten.
Quellen
Laborlexikon.de; abgerufen am 02.06.2021
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