Isoniazid
Handelsnamen: Isozid®, Tebesium®
Synonym: Isonicotinsäurehydrazid (INH)
Englisch: isoniazid
Definition
Isoniazid ist ein Antibiotikum aus der Gruppe der Tuberkulostatika. Es dient als Erstrangmedikament sowohl der Therapie als auch der Prophylaxe und Prävention einer Tuberkulose.
Chemie
Isoniazid hat die Summenformel C6H7N3O und eine molare Masse von 137,14 g/mol.
Wirkmechanismus
Isoniazid wird von der Bakterienzelle aufgenommen und in ihrem Inneren durch das Enzym Katalase/Peroxidase (KatG) zu Isonicotinsäure umgewandelt und anstelle der Nicotinsäure in NAD+ eingebaut. NAD+ spielt eine wichtige Rolle als Coenzym in diversen Stoffwechselreaktionen.
Durch den Einbau von Isonicotinsäure wird die Synthese der bakteriellen Nukleinsäuren und der Mykolsäure reduziert. Mykolsäure ist jedoch ein wichtiger Bestandteil der Zellwand, der die hohe Widerstandsfähigkeit der Mykobakterien ausmacht.
Pharmakokinetik
Isoniazid ist gut gewebe- und liquorgängig. Da es nach Acetylierung in der Leber renal eliminiert wird, neigt es zur Kumulation bei Langsamacetylierern mit Niereninsuffizienz.
Indikationen
- Erstrangmedikament zur Therapie der Tuberkulose (i.d.R. in Kombination mit Rifampicin, Pyrazinamid und Ethambutol)
- Chemoprävention bei nachgewiesener latenter Tuberkulose-Infektion (LTBI)
- Chemoprophylaxe zur Vermeidung einer Infektion mit Mycobacterium tuberculosis
Darreichungsform
Isoniazid ist sowohl in Form von Tabletten à 50, 100 und 200 mg als auch als Durchstechflasche mit 0,5 g zur Herstellung einer Infusionslösung erhältlich.
Dosierung
Isoniazid wird bei Erwachsenen i.d.R. in einer Dosierung von 3-8 mg/kgKG mit einer maximalen Tagesdosis von 300 mg verabreicht. Für Personen unter 18 Jahren existieren gesonderte Dosierungsempfehlungen.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
Die Nebenwirkungen von Isoniazid sind dosisabhängig:
- Neurotoxizität durch funktionellen Vitamin B6-Antagonismus (daher prophylaktische Vitamin B6-Gabe v.a. bei Alkoholikern und Diabetikern)
- Kopfschmerzen, Schwindel, psychische Störungen, Krampfanfälle (1-10 %)
- periphere Neuropathie mit Parästhesien (1-10 %)
- Hepatotoxizität: mindestens monatliche Kontrolle der Leberwerte
- Erhöhung der Transaminasen (> 10 %)
- selten Hepatitis
- akute Pankreatitis
- gastrointestinale Nebenwirkungen (1-10 %): Erbrechen, Völlegefühl, Diarrhö
- Überempfindlichkeitsreaktionen: Exantheme, Fieber, Myalgie, Arthralgie
- hämatologische Nebenwirkungen: Eosinophilie, Granulopenie, Thrombopenie, Anämie, Gerinnungsstörungen
- Gynäkomastie
Wechselwirkungen
- Alkohol, Paracetamol, Rifampicin, Protionamid: additive Hepatotoxizität
- Carbamazepin, Phenytoin, Valproat, Primidon, Diazepam, Theophyllin, Triazolam: verminderte Clearance mit Wirkungsverstärkung der genannten Substanzen
- Ketoconazol: verminderte Ketoconazol-Serumspiegel
- Chlorpromazin, Betablocker, Insulin: Wirkungsverstärkung von Isoniazid
- orale Antikoagulantien: verstärkte Antikoagulation
Kontraindikation
- akute Lebererkrankung, Z.n. Isoniazid-Hepatitis, Vorsicht bei chronischen Lebererkrankungen
- Polyneuropathie, Vorsicht bei ZNS-Vorerkrankungen (Psychosen, Krampfleiden)
- gestörte Hämatopoese oder Hämostase
- Schwangerschaft bzw. Stillzeit (strenge Indikationsstellung)
Resistenzen
Mykobakterielle Resistenzen gegenüber Isoniazid beruhen vor allem auf Mutationen des KatG-Gens und des InhA-Gens. Letzteres kodiert für die Enoylreduktase, die an der Mykolsäuresynthese beteiligt ist. Im Falle einer Mutation im InhA-Genregulationsbereich ist außerdem eine Kreuzresistenz von Isoniazid zu Thioamiden (z.B. Ethionamid) möglich.
Im Falle einer isolierten INH-Resistenz werden folgende Antituberkulotika empfohlen:
- Initialphase (2 Monate): Rifampicin, Pyrazinamid, Ethambutol, Levo- oder Moxifloxacin
- Kontinuitätsphase (4-7 Monate): Rifampicin, Ethambutol, Levo- oder Moxifloxacin
Intoxikationen
Ab einer Konzentration von 30-45 mg/kgKG gilt Isoniazid als potentiell toxisch, ab 80-150 mg/kgKG als sicher toxisch. Bei schwerer Intoxikation drohen Krampfanfälle, Bewusstlosigkeit und eine metabolische Azidose.
Therapeutisch sollten Pyridoxin 5-12 g als Kurzinfusion und bei Krämpfen Benzodiazepine verabreicht werden.