AL-Amyloidose: Unterschied zwischen den Versionen
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* Proteinurie: meist im nephrotischen Bereich mit Hypalbuminämie, sekundärer Hypercholesterinämie, | ===Renale Symptome=== | ||
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* [[Echokardiographie]]: konzentrisch verdickte Ventrikel, [[diastolisch]]e Dysfunktion | |||
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* Makroglossie: bei 10 % der Patienten | * [[Makroglossie]]: bei 10 % der Patienten | ||
* Hepatomegalie, Cholestase | * [[Hepatomegalie]], [[Cholestase]] | ||
* Funktioneller Hyposplenismus ohne Splenomegalie | * Funktioneller [[Hyposplenismus]] ohne [[Splenomegalie]] | ||
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* Nageldystrophie | * [[Nageldystrophie]] | ||
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Entscheidend ist die Identifikation einer zugrundeliegenden B-lymphoproliferativen Erkrankung. Jedoch sind bei der AL-Amyloidose im Gegensatz zum multiplen Myelom die [[Plasma]]- und [[Urin]]-[[Eiweißelektrophorese]] keine hilfreichen [[Screening]]tests, da monoklonale Leichtketten häufig nicht in ausreichender Quantität im Serum vorhanden sind, um eine M-Zacke hervorzurufen oder eine [[Bence-Jones-Proteinurie]] auszulösen. Mittels [[Immunfixationselektrophorese]] oder durch [[Nephelometrie|nephelometrische]] Messung können bei über 90 % der Patienten monoklonale Leichtketten im Serum oder Urin nachgewiesen werden. Zusätzlich kann bei ungefähr 90 % der Patienten ein erhöhter Prozentsatz von Plasmazellen (meist 5–30 % der kernhaltigen Zellen) im [[Knochenmark]] beobachtet werden. Die Kappa- bzw. Lambdaklonalität wird mittels [[Durchflusszytometrie]], [[Immunhistochemie]] oder [[In-situ]]-[[Hybridisierung]] von Leichtketten-[[mRNA]] nachgewiesen. | |||
Ein monoklonales Serumprotein ist diagnostisch nicht beweisend für eine Amyloidose, da z.B. eine MGUS häufig bei älteren Patienten vorkommt. Eine exakte Amyloid-Typisierung (z.B. mittels [[Massenspektrometrie]]) ist wichtig. | |||
==Quellen== | ==Quellen== |
Version vom 3. März 2021, 12:56 Uhr
Synonym: Leichtketten-Amyloidose
Definition
Die AL-Amyloidose, kurz AL, ist die häufigste Form der systemischen Amyloidosen, bei der die unlöslichen fibrillären Aggregate (Amyloid) aus den Leichtketten von Immunglobulinen stammen.
Epidemiologie
Die Inzidenz der AL-Amyoidose wird auf 4,5 pro 100.000 Einwohner geschätzt, wobei eine hohen Dunkelziffer vermutet wird. Sie tritt meist nach dem 40. Lebensjahr auf. Männer erkranken häufiger als Frauen.
Ätiologie
Die AL-Amyloidose wird i.d.R. durch eine klonale Ausdehnung von Plasmazellen im Knochenmark hervorgerufen, die monoklonale, fehlgefaltete Leichtketten sezernieren. Die Erkrankung kann mit Non-Hodgkin-Lymphomen (incl. multiplem Myelom und Morbus Waldenström) sowie mit einer MGUS assoziiert sein.
Die Fibrillen enthalten neben den intakten Leichtketten (v.a. Lambda-Subtyp) auch die Serumamyloid-P-Komponente, ApoA-IV, Glykosaminoglykane und Metallionen.
Klinik
Die Amyloidablagerungen können bei der AL-Amyloidose im Interstitium jedes Organs (außer im ZNS) auftreten. Unbehandelt verläuft sie rasch fortschreitend zum Tod. Häufig sind unspezifische Symptome wie Erschöpfung und Gewichtsverlust.
Renale Symptome
In 70-80 % d.F. ist die Niere betroffen:
- Proteinurie: meist im nephrotischen Bereich mit Hypalbuminämie, sekundärer Hypercholesterinämie, Ödemen und Anasarka
- Azotämie ohne Proteinurie: seltener, meist bei tubulärer Ablagerung von Amyloid
Kardiale Symptome
Kardiale Symptome kommen in 50-60 % der Patienten vor und stellen die häufigste Todsursache dar:
- EKG: Niedervoltage mit Pseudoinfarktmuster in Extremitätenableitungen
- Echokardiographie: konzentrisch verdickte Ventrikel, diastolische Dysfunktion
- MRT: Wandverdickung, verzögerte subendokardiale Kontrastmittelaufnahme
- erhöhtes Risiko von Vorhofthromben (und Schlaganfälle)
Weitere Symptome
Weitere Symptome sind:
- periphere sensomotorische Neuropathie
- autonome Neuropathie: Völlegefühl, Diarrhö, Obstipation, Augen-, Mundtrockenheit, Impotenz, orthostatische Hypotonie, neurogene Blase)
- Makroglossie: bei 10 % der Patienten
- Hepatomegalie, Cholestase
- Funktioneller Hyposplenismus ohne Splenomegalie
- Hämatomneigung (Ablagerung in Kapillaren oder Mangel an Faktor X): z.B. Hautblutungen rund um die Augen ("raccoon eyes")
- Nageldystrophie
- Alopezie
- Amyloidarthropathie: Verdickung der Synovialmembranen in Hand- und Schultergelenken
Diagnostik
Die folgende Tabelle listet die Symptome der AL-Amyloidose und deren Abklärung auf.[1]
Organ | Symptome | Abklärung |
---|---|---|
Herz | Dyspnoe bei Belastung, Ödeme, Palpitationen, Hypotonie, Ruhetachykardie Pleura- und Perikarderguss |
EKG, Echokardiografie, Kardio-MRT Holter-Monitoring, Röntgen oder Thorax-CT |
Niere | Ödeme (nephrotisches Syndrom) | Sammelurin |
Magen-Darm-Kanal | Inappetenz, Gewichtsverlust, Diarrhoe, GI-Blutungen | Endoskopie |
Leber | Harte Hepatomegalie, Aszites | Sonografie, Messung von AP und gamma-GT |
Peripheres Nervensystem | Sensomotorische Polyneuropathie | ENG, EMG |
Autonome Neuropathie | Eingeschränkte Herzfrequenz-Variabilität, Orthostase, Diarrhoe oder Obstipation, Blasenentleerungsstörung | Schellong-Test, Holter-EKG, Kipptischversuch, Sonografie |
Weichteile | Makroglossie, Hauteinblutungen (z.B. periorbitale Blutungen), Heiserkeit, Gerinnungsstörungen, Gelenkschwellungen | Faktor-X-Messung Sonografie Milz und Restharn |
Lunge | Dyspnoe, O2-Diffusionsstörung, Infiltrate | Röntgen und Thorax-CT Spirometrie mit Diffusionskapazität |
Entscheidend ist die Identifikation einer zugrundeliegenden B-lymphoproliferativen Erkrankung. Jedoch sind bei der AL-Amyloidose im Gegensatz zum multiplen Myelom die Plasma- und Urin-Eiweißelektrophorese keine hilfreichen Screeningtests, da monoklonale Leichtketten häufig nicht in ausreichender Quantität im Serum vorhanden sind, um eine M-Zacke hervorzurufen oder eine Bence-Jones-Proteinurie auszulösen. Mittels Immunfixationselektrophorese oder durch nephelometrische Messung können bei über 90 % der Patienten monoklonale Leichtketten im Serum oder Urin nachgewiesen werden. Zusätzlich kann bei ungefähr 90 % der Patienten ein erhöhter Prozentsatz von Plasmazellen (meist 5–30 % der kernhaltigen Zellen) im Knochenmark beobachtet werden. Die Kappa- bzw. Lambdaklonalität wird mittels Durchflusszytometrie, Immunhistochemie oder In-situ-Hybridisierung von Leichtketten-mRNA nachgewiesen.
Ein monoklonales Serumprotein ist diagnostisch nicht beweisend für eine Amyloidose, da z.B. eine MGUS häufig bei älteren Patienten vorkommt. Eine exakte Amyloid-Typisierung (z.B. mittels Massenspektrometrie) ist wichtig.