Chronisches Koronarsyndrom
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Englisch: chronic coronary syndrome
Definition
Das chronische Koronarsyndrom, kurz CCS, ist eine Manifestationsform der koronaren Herzkrankheit (KHK), die durch einen chronischen Verlauf mit konstanter oder langsam progredienter Symptomatik gekennzeichnet ist. Es ist komplementär zum akuten Koronarsyndrom (ACS).
Epidemiologie
Die Prävalenz steigt mit zunehmendem Alter an. Betroffen sind vor allem Männer über 50 Jahre sowie postmenopausale Frauen. Durch Fortschritte in der Primärprävention, Änderungen des Lebensstils und eine verbesserte medikamentöse Risikofaktorkontrolle ist die altersstandardisierte Prävalenz obstruktiver Formen rückläufig.
Ätiologie
Hauptursache ist eine koronare Atherosklerose mit Bildung stabiler Plaques. Zu den wichtigsten Risikofaktoren zählen:
- Arterielle Hypertonie
- Dyslipidämie
- Diabetes mellitus
- Nikotinabusus
- Adipositas
- positive Familienanamnese
Daneben können funktionelle Störungen wie Vasospasmus oder mikrovaskuläre Dysfunktionen ischämische Symptome verursachen.
Pathogenese
Die Plaques in den Koronararterien verengen das Gefäßlumen ohne Ruptur der fibrösen Kappe, wodurch es nicht zu einer akuten Thrombusbildung kommt. Das Myokard wird dadurch zwar unter Ruhebedingungen ausreichend, bei Belastung jedoch unzureichend mit Sauerstoff versorgt – es entsteht eine Belastungsangina ("stabile Angina pectoris").
Symptome
Leitsymptom des chronischen Koronarsyndroms ist die stabile Angina pectoris, die sich durch ein retrosternales Druck-, Enge- oder Brenngefühl auszeichnet, das häufig in Arm, Hals, Kiefer, Rücken oder Oberbauch ausstrahlt. Die Beschwerden treten ausschließlich unter körperlicher oder emotionaler Belastung auf und bilden sich in Ruhe oder nach der Gabe von Nitroglycerin zurück. Häufig kommt es zusätzlich zur Dyspnoe.
Diagnostik
Die diagnostische Abklärung des chronischen Koronarsyndroms verfolgt zwei Hauptziele: Feststellung des Vorliegens einer relevanten Koronarstenose und Beurteilung ihrer hämodynamischen Bedeutung.
Klinische Untersuchung und Anamnese
Bei der klinischen Untersuchung stehen die Erhebung der Leitsymptome und deren Zuordnung zu typischer, atypischer oder nicht-anginaler Symptomatik im Vordergrund. Gleichzeitig werden kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Hypertonie, Diabetes mellitus, Dyslipidämie, Rauchen und eine positive Familienanamnese erfasst. Ein Ruhe-EKG kann Hinweise auf zurückliegende Infarkte oder Ischämien liefern, ist jedoch bei stabiler Angina häufig unauffällig.
Nicht-invasive Tests
- CT-Koronarangiographie
- Belastungs-EKG (Ergometrie)
- Stress-Echokardiographie
- Myokardszintigraphie
- Kardio-MRT
Bei Patienten mit Symptomen ohne nachweisbare Stenose (ANOCA) oder Ischämie (INOCA) sollte an mikrovaskuläre oder funktionelle Ursachen gedacht werden.
Invasive Diagnostik
Die invasive Diagnostik dient der direkten Darstellung von Koronarstenosen. Das Standardverfahren ist die Koronarangiographie, bei der nach Gabe von Kontrastmittel die Koronararterien unter Durchleuchtung sichtbar gemacht werden. Da die Angiographie nur das Gefäßlumen abbildet, können Plaqueformation, zirkuläre Ausdehnung oder Verkalkungen zu Fehleinschätzungen führen. Ergänzend können intrakoronare Verfahren wie intravaskulärer Ultraschall (IVUS) oder optische Kohärenztomografie (OCT) eingesetzt werden, um die Plaque-Morphologie und Gefäßwandstruktur genauer zu beurteilen.
Bei mikrovaskulärer Dysfunktion oder Vasospasmus (ANOCA, INOCA) können spezielle invasive Funktionstests indiziert sein.
Differentialdiagnosen
Therapie
Die Behandlung des CCS zielt auf die Verbesserung der Prognose und Linderung der Symptome ab. Grundlage ist stets eine optimale medikamentöse Therapie und Lebensstilmodifikation. Je nach Grad der Stenose sind zudem interventionelle Maßnahmen indiziert.
Lebensstiländerung
Zu den wichtigsten Maßnahmen zählen ein konsequenter Rauchstopp, Gewichtsreduktion, regelmäßige körperliche Aktivität und eine gesunde Ernährung. Zudem sollte eine optimale Einstellung von Blutdruck, Blutzucker und Lipidwerten (Statine gegebenenfalls in Kombination mit Ezetimib oder PCSK9-Inhibitoren) erfolgen.
Anti-ischämische Therapie
Zur anti-ischämischen Therapie werden Betablocker, Calciumantagonisten oder langwirksame Nitrate eingesetzt, um die Symptomatik zu kontrollieren. Bei unzureichendem Ansprechen können Ivabradin, Ranolazin oder Nicorandil als ergänzende Optionen erwogen werden.
Antithrombotische Therapie
Zur Reduktion thromboembolischer Ereignisse wird bei Patienten mit chronischem Koronarsyndrom und Myokardinfarkt in der Anamnese oder nach erfolgter Revaskularisation eine Dauertherapie mit Acetylsalicylsäure (ASS) 75–100 mg täglich empfohlen. Bei Aspirinunverträglichkeit kann Clopidogrel 75 mg täglich als Alternative eingesetzt werden.
Eine duale Thrombozytenaggregationshemmung (DAPT) mit ASS und einem P2Y12-Inhibitor (z.B. Ticagrelor oder Clopidogrel) kann bei Hochrisikopatienten mit hohem ischämischem, aber niedrigem Blutungsrisiko erwogen werden, z.B. bei multiplen Revaskularisationen, Diabetes mellitus oder diffuser Atherosklerose. Die Dauer sollte individuell festgelegt und regelmäßig reevaluert werden.
Bei Patienten mit zusätzlicher Indikation zur Antikoagulation (z.B. bei Vorhofflimmern) ist eine Kombinationstherapie aus oraler Antikoagulation und einem Thrombozytenaggregationshemmer nur für einen begrenzten Zeitraum indiziert, um Blutungskomplikationen zu vermeiden. Im Anschluss wird eine Monotherapie mit Antikoagulans bevorzugt.
Ziel der antithrombotischen Therapie ist die Minimierung des thrombotischen Risikos unter gleichzeitiger Reduktion des Blutungsrisikos gemäß den aktuellen ESC-Leitlinien (2024).
Revaskularisation
Eine Revaskularisation (z.B. PCI oder Koronararterien-Bypass) wird bei anhaltender Angina trotz optimaler medikamentöser Therapie oder bei nachgewiesener hämodynamisch signifikanter Stenose empfohlen.
Die Indikation sollte stets interdisziplinär gestellt werden.
Nachsorge
Regelmäßige Verlaufskontrollen, Anpassung der Therapie und Teilnahme an einer kardialen Rehabilitation sind empfohlen. Psychosoziale Unterstützung und Lebensstilberatung verbessern die Adhärenz und Prognose.
Prognose
Die Prognose hängt von der Anzahl und Lokalisation der betroffenen Gefäße, der linksventrikulären Funktion und der Adhärenz zur Sekundärprävention ab. Unter konsequenter Therapie kann das Risiko eines Myokardinfarkts und einer kardiovaskulären Mortalität deutlich gesenkt werden.
Leitlinien
- Vrints et al., 2024 ESC Guidelines for the management of chronic coronary syndromes, European Heart Journal, 2024
- AWMF - S3-Leitlinie Nationale Versorgungsleitlinie - Chronische KHK, Stand 2024