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Leber (Radiologie)

1. Definition

Die Leber ist das größte parenchymatöse Organ des menschlichen Körpers und spielt eine zentrale Rolle im Stoffwechsel sowie bei der Entgiftung. Aufgrund ihrer Vielseitigkeit und komplexen Anatomie ist die radiologische Bildgebung der Leber essenziell, um pathologische Veränderungen zu identifizieren und therapeutische Entscheidungen zu treffen.

2. Hintergrund

Bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) dienen der Diagnostik und dem Management von Lebererkrankungen. Sie ermöglichen nicht nur eine detaillierte Darstellung der Leberanatomie, sondern auch die Differenzierung zwischen benignen und malignen Läsionen sowie die Beurteilung von funktionellen und vaskulären Veränderungen. Dieser Artikel befasst sich primär mit der CT und MRT.

3. Klinische Anatomie

Anhand der Couinaud-Klassifikation wird die Leber in acht Segmente eingeteilt. Die vertikalen Ebenen verlaufen entlang der Lebervenen, die horizontale Ebene entlang der rechten und linken Pfortader.

4. CT- und MRT-Protokolle

Untersuchungen zur Beurteilung diffuser oder fokaler Lebererkrankungen erfolgen in der Regel mehrphasisch, wobei Bilder zu verschiedenen Zeitpunkten während und nach der intravenösen Bolusinjektion eines Kontrastmittels akquiriert werden:

  • Nativaufnahme: Für die Beurteilung von Steatose und Hämochromatose sowie auch von Verkalkungen oder Einblutungen. Bei der MRT ist die T1w-Gradientenecho-Sequenz mit In-Phase- und Opposed-Phase-Sequenzen wichtig. Bei der Steatose findet sich ein Signalabfall in der Opposed-Phase-Sequenz bzw. eine Dichteabnahme in der CT. Bei der Hämochromatose findet sich ein Signalverlust in Sequenzen mit längerer Echozeit bzw. eine erhöhte Dichte im CT.
  • Früh-arterielle Phase (ca. 15-25 Sekunden post injectionem): optimal zur Darstellung der Anatomie der Leberarterien. Wenig geeignet zur Detektion von fokalen Raumforderungen.
  • Spät-arterielle Phase (ca. 35-45 s): gut geeignet zur Darstellung hypervaskularisierter Lebertumore (z.B. HCC, FNH, hypervaskularisierte Metastasen).
  • Portal-venöse Phase (ca. 60-70 s): essentielle Phase zur Darstellung der meisten fokalen Leberläsionen sowie der Leber- und Portalvenen.
  • Spätphase (ca. 5-10 Minuten): wichtig zur Differenzierung zwischen Washout bei hypervaskularisierten Tumoren (z.B. HCC) und persistierendem Enhancement (z.B. bei CCC)

Besonderheiten:

5. Pathologien

Die Charakterisierung von Lebererkrankungen und fokalen Leberläsionen erfolgt anhand von Größe, Form und Vaskularisierung sowie anhand der Dichte bzw. Signalintensität. Die meisten fokalen Leberläsionen erscheinen hypodens im Vergleich zu kontrastmittelaufnehmendem Lebergewebe.

5.1. Raumforderung mit zentraler oder ekzentrischer Narbe

Häufig
weniger häufig

5.2. Fokale Läsion mit Einblutung

Häufig
  • Posttraumatische Läsion
  • Adenom
  • Zyste
weniger häufig

5.3. Läsion mit Kapselretraktion

Häufig
weniger häufig

5.4. Fetthaltige Raumforderung

Häufig
weniger häufig
selten

5.5. Zystische Raumforderung

Häufig
weniger häufig

5.6. Multiple hypodense Läsionen

Häufig
weniger häufig

5.7. Läsionen mit Kapsel oder Halo im MRT

Häufig
  • Metastasen
  • Abszesse
  • HCC
  • Hämatom
weniger häufig
  • Adenom
  • Echinokokkus-Zyste
  • Amöbenabszess
  • FNH
  • Noduläre regenerative Hyperplasie

5.8. Fokale hyperdense Raumforderungen im nativen CT

Häufig
  • zirrhotische Regeneratknoten
  • jegliche Raumforderungen bei einer Fettleber
  • fokale Ausspaarungen bei Fettleber
  • Metastase
  • Hämatom
weniger häufig
  • Einblutung z.B. bei Adenom oder HCC
  • Verkalkungen z.B. bei Hämangiom oder fibrolamellärem HCC
  • Pseudotumor (Budd-Chiari-Syndrom, PSC)

5.9. Periportale Aufhellungen oder Ödem

Häufig
weniger häufig

5.10. Diffuse Dichteminderung der Leber

Häufig
  • Steatose
weniger häufig

6. Interventionelle Radiologie

Die interventionelle Radiologie hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem essenziellen Bestandteil der Diagnostik und Therapie von Lebererkrankungen entwickelt. Durch den Einsatz bildgesteuerter, minimalinvasiver Techniken können komplexe Eingriffe durchgeführt werden, die früher chirurgische Maßnahmen erforderten. Diese Verfahren bieten häufig eine höhere Präzision, geringere Komplikationsraten und kürzere Erholungszeiten für die Patienten.

Wichtige interventionelle Verfahren sind:

  • Leberbiopsie: Unter Ultraschall- oder CT-Kontrolle wird Gewebe entnommen, um eine histopathologische Diagnostik durchzuführen. Dies ist insbesondere bei diffusen Lebererkrankungen oder fokalen Läsionen mit unklarer Ätiologie von Bedeutung.
  • Abszessdrainage: Bei Leberabszessen ermöglicht die interventionelle Radiologie eine präzise Platzierung von Drainagen zur Entfernung des eitrigen Materials und zur Infektionskontrolle.
  • Radiofrequenzablation (RFA) und Mikrowellenablation (MWA): Unter CT- oder Ultraschall-Kontrolle werden Tumoren durch Hitze zerstört. Können kurative Therapieoptionen für Patienten mit frühen HCC-Stadien (BCLC 0 und A) darstellen, die nicht für eine chirurgische Resektion oder eine Lebertransplantation in Frage kommen. Diese Verfahren sind besonders geeignet für Tumoren bis zu 3 cm. Für Patienten mit oligometastatischen Erkrankungen, insbesondere bei Metastasen des kolorektalen Karzinoms, können RFA und MWA als alternative Therapieoptionen in Betracht gezogen werden. Außerdem kann eine RFA bei nicht resezierbaren intrahepatischen CCC angewendet werden.
  • Transarterielle Chemoembolisation (TACE): Zielgerichtete Verabreichung von Chemotherapeutika in den Tumor durch selektive Katheterisierung der Leberarterie, kombiniert mit Embolisation zur Ischämieinduktion. Diese Methode wird häufig bei nicht-resektablem HCC eingesetzt. Sie ist die Standardtherapie für Patienten mit intermediärem HCC (BCLC B), die nicht für eine kurative Behandlung geeignet sind. Sie kann auch als Bridging-Therapie vor einer Lebertransplantation eingesetzt werden. Weiterhin kann sie bei Patienten mit nicht resezierbaren Lebermetastasen eingesetzt werden, insbesondere wenn andere systemische Therapien versagen oder nicht vertragen werden. Außerdem kann eine TACE bei nicht resezierbarem intrahepatischem CCC angewendet werden.
  • Selektive interne Radiotherapie (SIRT) bzw. Transarterielle Radioembolisation (TARE): Verabreichung von mit Yttrium-90 beladenen Mikrosphären in die Leberarterie, um eine gezielte Strahlentherapie durchzuführen. Behandlungsoption für Patienten mit fortgeschrittenem HCC, insbesondere bei portalvenöser Invasion bzw. Pfortaderthrombose sowie bei Patienten, die nicht für eine TACE geeignet sind. Sie kann auch als Salvage-Therapie nach Versagen anderer Behandlungen eingesetzt werden. SIRT kann bei Patienten mit nicht resezierbaren Lebermetastasen (v.a. kolorektales Karzinom) eingesetzt werden, insbesondere wenn systemische Therapien nicht wirksam sind. Außerdem kann eine SIRT bei nicht resezierbaren intrahepatischen CCC angewendet werden.
  • Portalvenenembolisation (PVE): Indem die Blutversorgung bestimmter Lebersegmente unterbrochen wird, soll das Wachstum des verbleibenden Leberparenchyms vor einer geplanten Resektion gefördert werden.
  • TIPS (Transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt): Dieses Verfahren wird bei Patienten mit portaler Hypertonie durchgeführt. Unter Röntgendurchleuchtung wird ein Shunt zwischen der Pfortader und einer Lebervene gelegt, um den Pfortaderdruck zu senken und Komplikationen wie Aszites oder Ösophagusvarizenblutungen zu behandeln.

7. Literatur

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