Aszites
von altgriechisch: ἀσκίτης ("askítēs") - Bauchwassersucht
Synonyme: Bauchwassersucht, Peritonealerguss, "Wasserbauch"
Englisch: ascites
Definition
Als Aszites bezeichnet man eine pathologische Ansammlung von freier Flüssigkeit in der Bauchhöhle, genauer gesagt der Peritonealhöhle. Der Begriff wird sowohl für das Krankheitsbild als auch für die Flüssigkeit verwendet.
Ätiologie
Ursache eines Aszites ist immer der Austritt von Flüssigkeit aus Blutgefäßen in die Bauchhöhle. Man unterscheidet folgende Ursachen bzw. Typen von Aszites:
- nicht-entzündlicher Aszites: Transsudat bei portaler Hypertension (z.B. bei Leberzirrhose), Herzinsuffizienz, erniedrigtem kolloidosmotischen Druck (Hypoalbuminämie, nephrotisches Syndrom), exsudativer Enteropathie, Magenkarzinom, Kolonkarzinom, sowie bei mittelgradigem bis schwerem OHSS nach ovarieller Stimulation
- maligner Aszites: Ovarialtumor, Lungentumor, Pankreastumor, Lebertumor
- entzündlicher Aszites: Exsudat (bei Tumor oder Entzündung, z.B. spontan bakterielle Peritonitis, Peritonealkarzinose)
- hämorrhagischer Aszites: bei tuberkulöser Peritonitis, Peritonealkarzinose, nach Ruptur eines Gefäßes (Blutung in die Bauchhöhle hinein)
- chylöser Aszites: Austritt von Lymphflüssigkeit bei Abflussstörung im Ductus thoracicus
- biliärer Aszites: Gallige Peritonitis
Pathophysiologie
Aszites entsteht durch eine Dysbalance zwischen Sekretion und Resorption der Peritonealflüssigkeit.
Leberzirrhose
Die häufigste Ursache eines Aszites ist die Leberzirrhose. Hier kommt es zu einem Zusammenspiel von Parenchymschaden und intrahepatischer Abflussbehinderung. Der kolloidosmotische Druck ist vermindert (Hypoalbuminämie), der intravasale hydrostatische Druck erhöht. Lymphe wird in die Bauchhöhle abgepresst, das effektive zirkulierende Blutvolumen nimmt ab. Die Folge ist eine kompensatorische Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS), des antidiuretischen Hormons (ADH) und des Sympathikus mit Natrium- und Wasserretention. Es manifestiert sich ein sekundärer Hyperaldosteronismus.
Eine weitere pathophysiologische Komponente ist die ausgeprägte splanchnische Vasodilatation. Sie wird unter anderem durch NO, CO, Endocannabinoide und bakterielle Endotoxine vermittelt. Die daraus resultierende periphere Gefäßerweiterung führt zu einem relativen zentralen Volumenmangel und verstärkt zusätzlich die Aktivierung von RAAS und Sympathikus.
Bei einem länger bestehenden Aszites kann es zu einer bakteriellen Durchwanderung der Darmwand kommen (bakterielle Translokation). Sie spielt eine wesentliche Rolle bei der Progression des Aszites und der Entwicklung einer spontan bakteriellen Peritonitis.
Entzündlicher Aszites
Bei einem entzündlichen Aszites ist die erhöhte Kapillarpermeabilität der treibende pathogenetische Faktor. Es kommt zu einer Öffnung endothelialer Tight Junctions und zu einem erhöhtem Flüssigkeitsaustritt in den Extravasalraum. Das proteinreiche Exsudat fördert die Ansammlung weiterer Flüssigkeit in der Peritonealhöhle, gleichzeitig wird durch die Entzündung die peritoneale Lymphdrainage gehemmt.
Symptome
Typische Zeichen eines Aszites sind:
- vergrößerter Bauchumfang
- Gewichtszunahme
- Blähungen
- vorgewölbter Bauch, evtl. besteht eine Nabelhernie
Diagnostik
Die Diagnostik des Aszites umfasst unter anderem:
- Ballottement-Test (Fluktuationswelle) des Abdomens: das durch Stoß oder ruckartige Bewegung ausgelöste Schaukeln des Abdomens wie bei einer "Wasserwelle"
- Perkussion (Abklopfen) des Abdomens: Flankendämpfung
- Messung des Bauchumfangs
- Ultraschall (Sonographie)
Eventuell kann eine Peritonealpunktion zur genaueren Untersuchung der Flüssigkeit (Farbe, Geruch, Eiweißgehalt, Tumorzellen, Vorkommen neutrophiler Granulozyten, Infektionserreger usw.) durchgeführt werden (Mikrobiologie, Zytodiagnostik, klinische Chemie).
Differentialdiagnostik
| Ursache/Herkunft des Aszites | Eigenschaften |
|---|---|
| portal (Transsudat) |
|
| entzündlich (Exsudat) |
|
| maligne (Exsudat) |
|
| pankreatogen | Elastase Serum/Aszites < 1 |
| chylös | Triglyzeride erhöht |
Die alleinige Beurteilung eines Aszites nach dem Transsudat-Exsudat-Konzept anhand der Gesamtproteinkonzentration kann zu Fehleinschätzungen führen. Deshalb wird von der American Association for the Study of Liver Disease (AASLD) und den "British Guidelines on the Management of Ascites in Cirrhosis" empfohlen, zur Abgrenzung eines Pfortaderhochdrucks den Serum-Aszites-Albumin-Gradienten (SAAG) anzuwenden.
Therapie
Die Basistherapie besteht aus der Behandlung der Grundursache und der Beseitigung der portalen Hypertension. Mögliche Therapiemaßnahmen sind:
- Kochsalz- und Flüssigkeitsrestriktion
- Nichtselektive Betablocker (Propranolol, Carvedilol)
- Diuretika (z.B. Spironolacton, Schleifendiuretika, etc.)
- Transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt (TIPS)
- Parazentese
Bei bereits fortgeschrittener dekompensierter Leberzirrhose ist die Lebertransplantation die einzige kurative Option.
Komplikationen
- Dyspnoe
- Zwerchfellhochstand
- Refluxösophagitis
- Upside-down-Magen
- Bakterielle Peritonitis
- Akutes Nierenversagen bei zu schnellem Abbruch der Diuretika-Therapie
Quellen
Laborlexikon.de; abgerufen am 05.02.2021
Literatur
- Duale Reihe Anatomie. Aumüller G, Aust G, Conrad A, Engele J, Kirsch J, Maio G, Mayerhofer A, Mense S, Reißig D et al., Hrsg. 4., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2017.