(Weitergeleitet von Humane spongiforme Enzephalopathie)
Synonyme: Humane spongiforme Enzephalopathie, Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, subakute spongiforme Enzephalopathie
Englisch: Creutzfeldt Jakob Disease, CJD
Die Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung, kurz CJK oder CJD, ist eine Form der übertragbaren spongiformen Enzephalopathie (TSE). Sie führt aufgrund atypischer Eiweißbildung und spongiformer Degeneration des ZNS zu einer rasch progredienten Demenz. Ursache sind fehlgefaltete Prionproteine.
Man unterscheidet folgende Formen der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung:
Die Erkrankung ist insgesamt selten und tritt mit einer Inzidenz von einem Fall pro 1.000.000 Einwohner auf.
In ihrer physiologischen Form (alpha-Helix) ist das Prionenprotein PrPC über einen Phosphatidyl-Inositol-Anker an der Außenseite der Zellmembran befestigt. Das Protein kommt hochkonserviert im ZNS und im retikuloendothelialen System vor. Seine Funktion ist unklar. Es bindet Kupferionen und könnte eine Rolle beim Langzeitgedächtnis spielen. Darüber hinaus scheint es bei den physiologischen Abläufen des Geruchssinns involviert zu sein.
Bei der spontanen CJD kommt es durch unbekante Auslöser zu einer Konformationsänderung des physiologischen PrPC zur pathologischen Form PrPSc (Scrapie-Form). Diese hat eine Beta-Faltblatt-Struktur. Die Konformationsänderung triggert eine Kettenreaktion, die dazu führt, dass es zu einer Akkumulation und Aggregation des fehlgefalteten Proteins in Form von spongioformen Fibrillen und Amyloid-Plaques kommt.
Als möglicher Suszeptibilitätsfaktor für das Auftreten gilt eine Homozygotie für Methionin oder Valin am Codon 129 des Prionprotein-Gens (PRNP).
Die hereditäre Form beruht auf einer Mutation des Prion-Gens. Sie folgt einem autosomal-dominanten Erbgang mit 100 % Penetranz. Die Mutation liegt auf dem PRNP-Gen, möglicherweise auf dem kurzen Arm von Chromosom 20.
Bei der erworbenen Form, insbesondere der vCJD, gelangen pathologische Prione über die Nahrung (z.B. Verzehr von mit BSE verseuchten Rindern oder Scrapie-verseuchten Schafen) in den Darm. Die Prionen sind sehr resistent gegenüber der Magensäure und Verdauungsenzymen. Sie treten vermutlich über die Peyer-Plaques in den Körper ein und vermehren sich dort. Anschließend erfolgt die Invasion des ZNS.
Eine weitere, äußerst seltene Form der erworbenen CJD ist die iatrogene Form. Die Weitergabe des Erregers von Mensch zu Mensch erfolgt dabei durch den direkten Kontakt mit infektiösem Gewebe. Die unbeabsichtigte Übertragung pathologischer Prionproteine erfolgt in seltenen Fällen z.B. durch kontaminierte neurochirurgische Instrumente oder intrazerebrale EEG-Elektroden. In wenigen Fällen kam es nach einer Hornhauttransplantation von erkrankten Spendern zu einer CJD. Die weltweit meisten Fälle gehen jedoch auf kontaminierte Dura-mater-Transplantate oder die intramuskuläre Gabe von seinerzeit aus Leichenhypophysen hergestellten Wachstumshormonen bei Patienten mit primärem Hypopituitarismus zurück.
Die Verlaufsdauer der Erkrankung ist individuell unterschiedlich. Die Erkrankung kann innerhalb weniger Monate zum Tod führen, während sich prolongierte Verläufe über mehrere Jahre ziehen.
Die Frühsymptome von CJD sind recht unspezifisch. Sie umfassen u.a. Müdigkeit, Depression, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust.
Im weiteren Verlauf treten neurologische Symptome in den Vordergrund: gesteigerte Schreckreaktionen, Persönlichkeitsveränderungen, dementieller Abbau (rasch progredient), Myoklonien, zerebelläre Symptome, extrapyramidalmotorische Störungen (Hyperkinesien, Rigor), Sprachstörungen, Pyramidenbahnzeichen, Faszikulationen und visuelle Störungen. Auch Psychosen sind möglich.
Spätsymptome sind akinetischer Mutismus (apathieähnlich) und Dekortikationszeichen. Die vCJD imponiert durch eine ausgeprägte progrediente Ataxie sowie durch psychopathologische Veränderungen.
Die sicherste Diagnose erfolgt durch den neuropathologischen oder biochemisch-immunologischen Nachweis (Western-Blot) einer Prionerkrankung. Die wahrscheinliche Diagnose einer sporadischen CJD kann klinisch anhand folgender Kriterien gestellt werden:
Vorliegen einer fortschreitenden Demenz |
---|
und: |
Mindestens 2 der folgenden klinischen Erscheinungen: |
1. Myoklonien |
2. Visuelle und/oder zerebelläre Störungen |
3. Pyramidale und/oder extrapyramidale Zeichen |
4. Akinetischer Mutismus |
Sowie zumindest einer der folgenden technischen Zusatzbefunde: |
EEG: periodisch auftretende triphasische Sharp-Wave-Komplexe |
Liquor: deutliche Erhöhung von 14-3-3 Protein bei Krankheitsdauer < 2 Jahre |
MRT: hyperintense Basalganglien bzw. kortikale Regionen (temporal-parietal-okzipital) im MRT in FLAIR und/oder DWI |
oder: |
Progressives neurologisches Syndrom mit positivem RT-QuIC-Test im Liquor oder anderen Gewebe |
Eine eindeutige Diagnosestellung ist bei der erworbenen (variant) CJD sehr schwierig, da hier das mittlere Erkrankungsalter bei etwa 30 Jahren liegt und die oben beschriebenen diagnostischen Kriterien nicht immer anwendbar sind. Die folgende Tabelle veranschaulicht die Unterschiede:
Sporadische CJD | Erworbene (v)-CJD | |
---|---|---|
Erkrankungsalter | 55 - 70 Jahre | 19 - 39 Jahre |
Frühsymptome | Demenz, Myoklonien | psychische Veränderungen, Ataxie |
Klinische Dynamik | rasch progredienter Verlauf (ca. 6 Monate) | schleichender Beginn und protrahierter Verlauf (ca. 14 Monate) |
EEG | periodische sharp-wave-Komplexe | unspezifisch, keine periodischen sharp-wave-Komplexe |
Liquor | Protein 14-3-3 (94%) | Protein 14-3-3 nur bei 50% nachweisbar |
MRT | Hyperintensität im Nucleus caudatus und Globus pallidus
(T2-Wichtung bei 66 %) |
Hyperdensität im Pulvinar thalami auf T2 und DWI (ca. 80 %) |
Es ist zur Zeit (2021) keine kausale Therapie möglich. Auch durch Medikamente kann der Verlauf der Erkrankung nicht beeinflusst werden. Es erfolgt lediglich eine symptomatische Therapie.
Infauste Prognose, mittlere Überlebenszeit nach Diagnosestellung 6-12 Monate, bei familiärer CJD 4-40 Monate
In Deutschland besteht - mit Ausnahme der familiär-hereditären Formen - eine Meldepflicht nach § 6 IfSGb bei Verdacht auf humane spongiforme Enzephalopathien.
Herkömmliche Desinfektionsmittel sind nicht ausreichend. Es wird deshalb die Verwendung von Einmalbesteck empfohlen. Sollte dennoch die Verwendung chirurgischen Bestecks notwendig sein, so ist eine besondere Aufbereitung notwendig (spezielles "Prionprogramm") gemäß aktuellen Leitlinien und Empfehlungen des RKI.
Tags: BSE, Demenz, Enzephalopathie, Prionen, ZNS
Fachgebiete: Neurologie
Diese Seite wurde zuletzt am 3. März 2021 um 16:11 Uhr bearbeitet.
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