Takayasu-Arteriitis
nach dem japanischen Augenarzt Mikito Takayasu (1860-1938)
Synonyme: Takayasu-Syndrom
Englisch: Takayasu's arteritis, pulseless disease, aortic arch syndrome, occlusive coagulant aortic syndrome, idiopathic medial aortopathy, obstructive productive arteritis
Definition
Die Takayasu-Arteriitis, kurz TA, ist eine systemische, granulomatöse Vaskulitis, die vor allem die aus der Aorta abgehenden großen Arterien befällt.
Epidemiologie
Als generell seltene Erkrankung tritt die Takayasu-Arteriitis meist bei Patienten unter 50 Jahren auf, typischerweise zwischen dem 15. und 30. Lebensjahr. Frauen sind acht- bis neunmal häufiger betroffen. In China, Indien, Japan, Thailand, Afrika und Südamerika kommt die Erkankung häufiger vor. Die weltweite Prävalenz beträgt etwa 6 pro 1.000.
Ätiopathogenese
Die Ätiologie der Takayasu-Arteriitis ist bisher unklar (2022). Sie wird den Autoimmunerkrankungen und Großgefäßvaskulitiden zugeordnet.
Bei der Takayasu-Arteriitis handelt sich um eine granulomatöse Vaskulitis, die Arterien vom elastischen Typ befällt. Die Granulome bilden sich in der Media der Gefäßwand und führen sekundär zu Thrombosen, Stenosen und Aneurysmen betroffener Blutgefäße.
Klinik
Die Takayasu-Arteriitis beginnt in ca. 50 % der Fälle mit unspezifischen Allgemeinsymptomen wie Unwohlsein, Fieber, Nachtschweiß, Myalgien, Arthralgien und Gewichtsverlust. Häufig finden sich erhöhte Entzündungsparameter und eine Anämie.
Die Symptome dieser Phase verschwinden allmählich mit dem Beginn der chronischen, sogenannten "pulslosen" Phase: Diese kann sich klinisch vielfältig präsentieren. Gängige Befunde sind unter anderem:
- Pulsabschwächung an der Arteria brachialis
- Strömungsgeräusche über den stenosierten Gefäßen
- Schmerzen der Arme, eventuell im Sinne einer Claudicatio intermittens mit belastungsabhängiger Symptomatik (Subclavian-Steal-Syndrom)
- Blutdruckdifferenz zwischen beiden Armen (>10 mmHg)
- Arteria carotis: Schmerzen am Hals und neurologische Symptomatik (Schlaganfall)
- Nierenarterien: renale Hypertonie
- Koronararterien: Herzinfarkt
- Pulmonalarterien: pulmonale Hypertonie
Die Takayasu-Arteriitis verläuft typischerweise in rezidivierenden Schüben, wobei die Phasen nebeneinander bestehen können. Das Intervall zwischen den Phasen ist variabel. Die häufigste Todesursache ist eine Herzinsuffizienz.
Klassifikation
Nach Numano werden je nach Lokalisation 5 Typen unterschieden:[1][2]
- Typ I: klassische Form mit Beteiligung von Ästen des Aortenbogens (Truncus brachiocephalicus, Arteria carotis, Arteria subclavia)
- Typ II
- Typ IIa: Aorta ascendens und/oder Aortenbogen, ggf. mit Ästen des Aortenbogens
- Typ IIb: Aorta descendens, ggf. mit Aorta ascendens oder Aortenbogen und Aortenbogenästen
- Typ III: Aorta descendens und Aorta abdominalis und/oder Nierenarterien. Die Aorta ascendens und der Aortenbogen mit seinen Ästen sind nicht betroffen.
- Typ IV: Aorta abdominalis und/oder Nierenarterien
- Typ V: Generalisierter Befall mit Kombinationen der anderen Typen
Die Beteiligung der Koronararterien oder Pulmonalarterien wird mit C(+)bzw. P(+) gekennzeichnet.
Am häufigsten ist die linke Arteria subclavia betroffen.
Diagnose
Die Diagnose einer Takayasu-Arteriitis wird durch Anamnese, körperliche Untersuchung und Laboruntersuchungen gestellt. Die Verdachtsdiagnose ergibt sich aus dem klinisch-anamnestischen Setting, typischerweise bei jungen Frauen, die keinen Puls an der Arteria radialis aufweisen. Im Labor zeigt sich die Erhöhung der BSG, häufig vergesellschaftet mit einer dezenten Leukozytose und Anämie.
Zur Objektivierung der Gefäßverschlüsse sollten bildgebende Verfahren herangezogen werden. Durch eine Farbduplexsonographie oder angiographische Schnittbildverfahren kann die Okklusion der aortennahen Gefäße dargestellt werden.
Diagnosekriterien
Nach dem American College of Rheumatology kann die Diagnose einer Takayasu-Arteriitis gestellt werden, wenn mindestens 3 Kriterien erfüllt sind:
- Erkrankungsbeginn vor dem 40. Lebensjahr
- Claudicatio intermittens der oberen oder unteren Extremität
- Blutdruckdifferenz >10 mmHg zwischen beiden Armen
- Pulsabschwächung/Pulslosigkeit der Arteria brachialis
- Gefäßgeräusche über Arteria subclavia oder Aorta
- Pathologisches Angiogramm der großen Gefäße der Extremitäten ohne Zeichen für eine fibromuskuläre Dysplasie oder Arteriosklerose
Bildgebung
Ultraschall
Im Ultraschall zeigt sich eine lange, glatte, homogene und mäßig echogene, zirkumferentielle Verdickung der Arterienwand (Makkaroni-Zeichen). Die Verdickung der Intima und/oder sekundäre Thrombusbildung führen zu Gefäßverschlüssen mit konsekutiv verlangsamter Strömungsgeschwindigkeit. Weiterhin können in der Sonographie Aneurysmen festgestellt werden.
Computertomographie
In der Computertomographie (CT) findet sich in der akuten bzw. aktiven Phase eine verdickte, iso- bis hyperdense Gefäßwand, die nach Gabe von Kontrastmittel ein Enhancement aufweist. In der CT-Angiographie (CTA) können Stenosen, Gefäßverschlüsse, Aneurysmen oder Dissektionen festgestellt werden.
Magetresonanztomographie
In der Magnetresonanztomographie (MRT) ist die Gefäßwandverdickung in der T1w-Sequenz erkennbar. In der STIR-Sequenz zeigt sich ein Wandödem und nach Kontrastmittelgabe findet sich ebenfalls ein Enhancement der Gefäßwand, typischerweise in der aktiven Phase. Mittels einer MR-Angiographie (MRA) kann man Stenosen, Gefäßverschlüsse, Aneurysmen oder Dissektionen dargestellen.
FDG-PET
Das FDG-PET dient primär dem Therapiemonitoring. Die FDG-Aufnahme der Gefäßwand kann gering bis ausgeprägt sein.
Differenzialdiagnosen
- Riesenzellarteriitis: Großgefäßvaskulitis, die eher bei älteren Patienten auftritt. Kann mit einer Polymyalgia rheumatica einhergehen. Am häufigsten sind die Äste der Arteria carotis interna und externa betroffen.
- Atherosklerose: meist inhomogene, diskontinuierliche Gefäßbeteiligung, insbesondere an Gefäßabgängen. Häufig finden sich Verkalkungen. Typischerweise sind Patienten über 40 Jahre mit metabolischem Syndrom betroffen.
- Aortenisthmusstenose: häufiger bei Männer
- Infektiöse Vaskulitis: z.B. Tuberkulose, Syphilis, HIV
- Fibromuskuläre Dysplasie: am häufigsten im Bereich der Nierenarterien und der Karotis.
- Polyarteriitis nodosa: assoziiert mit Hepatitis B. Betrifft am häufigsten gastrointestinale und renale Arterien. Meist multiple kleine Aneurysmen.
- Segmentale arterielle Mediolyse (SAM)
- Morbus Behcet: bei 30 % der Patienten sind die großen Gefäße beteiligt. Typischerweise finden sich Aneurysmen der proximalen Pulmonalarterien.
- weitere Ursachen einer Aortitis: ankylosierende Spondylitis, rheumatoide Arthritis, Cogan-Syndrom, rezidivierende Polychondritis, IgG4-assoziierte Erkrankungen
Therapie
Die Therapie der Takayasu-Arteriitis besteht aus zwei Komponenten.
Medikamentöse Therapie
Mit der immunsuppressiven Therapie wird die Progression der Erkrankung verhindert. Sie erfolgt im Fall der Takayasu-Arteriitis durch die Gabe von Glukokortikoiden (z.B. Prednison) und ASS über einen längeren Zeitraum. Bei schweren Verläufen kann die Gabe von potenteren Wirkstoffen wie Methotrexat oder Cyclophosphamid erfolgen. Diese Therapien sind jedoch mit deutlichen Nebenwirkungen verbunden.
Interventionelle bzw. operative Therapie
Zur Rekanalisierung und Rekonstruktion der Gefäße kommen gefäßchirurgische und/oder interventionelle Verfahren zum Einsatz:
Literatur
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Quellen
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- ↑ Moriwaki R et al. Clinical manifestations of Takayasu arteritis in India and Japan--new classification of angiographic findings, Angiology. 1997;48(5):369-379
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