Segmentale arterielle Mediolyse
Englisch: segmental arterial mediolysis
Definition
Die segmentale arterielle Mediolyse, kurz SAM, ist eine Gefäßerkrankung, die durch Dissektionen, Aneurysmata, Stenosen und Okklusionen gekennzeichnet ist.
Epidemiologie
Die segmentale arterielle Mediolyse wurde erstmals 1976 als eigenständige Entität beschrieben. Lange galt die Erkrankung als sehr selten, wird inzwischen aber durch zunehmende Sensibilisierung in der Fachwelt und durch den Einsatz von dünnschichtigen CT-Angiographien (CTA) immer häufiger erkannt. Die Inzidenz wird auf bis zu 1/100.000/Jahr geschätzt. SAM gilt bei Personen im 40. bis 80. Lebensjahr als eine der Hauptursachen für spontane intraabdominelle Blutungen.
Ätiopathogenese
Die Ursache der segmentalen arteriellen Mediolyse ist derzeit (2021) unklar. Sie gilt als nicht-inflammatorische und nicht-atherosklerotische Gefäßerkrankung. Vermutet wird ein Zusammenhang mit vasokonstriktorischen Episoden im Splanchnikusgebiet (z.B. bei Schock, Hypoxie oder großen Operationen).
Pathophysiologie
Die pathophysiologische bzw. -histologische Grundlage ist eine vakuoläre Degeneration der glatten Muskelzellen der Media. Im Verlauf kommt es zu einer Disruption der Media mit intramuralem Hämatom und Fibrinablagerung. Die segmentale Mediolyse wird in Form von Dissektionen, Aneurysmata, Stenosierungen und/oder Okklusionen symptomatisch. Aneurysmata können rupturieren und vitale intraperitoneale oder retroperitoneale Blutungen bedingen. Reparative Mechanismen führen zu Granulationsgewebe und Fibrosierung der Gefäßwand.
Am häufigsten betroffen sind die Arteria mesenterica superior und die Arteria splenica. Grundsätzlich können aber alle Gefäße (incl. retroperitoneale, intrakranielle oder Koronargefäße) beteiligt sein.
Klinik
- Zeichen der akuten abdominellen Blutung: Bauchschmerzen bis hin zum akuten Abdomen bzw. Schock
- Angina abdominalis: u.a. postprandiale Bauchschmerzen
Diagnostik
Die segmentale arterielle Mediolyse wird primär radiologisch diagnostiziert. In der Computertomographie können mesenteriale oder intraperitoneale Blutungen bzw. Hämatome auffallen. In der CTA zeigt sich häufig ein Muster aus Aneurysmata und Stenosen in Serie ("Perlschnur-Muster"). Weiterhin sind Dissektionen in den Viszeralgefäßen typisch. Die Bifurkationsstellen sind im Gegensatz zu mykotischen Aneurysmata häufig nicht betroffen.
Differenzialdiagnostik
- Vaskulitiden (Takayasu-Arteriitis, Granulomatose mit Polyangiitis, Polyarteriitis nodosa, eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis, Kawasaki-Syndrom): meist charakteristische Laborwerte.
- Mykotisches Aneurysma: unterschiedliches Verteilungsmuster und bevorzugter Befall von Bifurkationen
- Zystische Medianekrose: betrifft selten die viszeralen Gefäße. Häufig bei Marfan-Syndrom
- Fibromuskuläre Dysplasie: betriff i.d.R. die Karotis oder die Nierenarterien. Außerdem meist jüngere Patienten. Blutungen treten selten auf.
Therapie
Der Verlauf der segmentalen arteriellen Mediolyse ist unvorhersehbar. Sowohl eine spontane Regression als auch das Auftreten von neuen Läsionen bis hin zu akuten Blutungen ist möglich. Bei einer spontanen Mesenterialblutung beträgt die Mortalitätsrate bis zu 50 %. Ist eine imminente Ruptur (periarterielle Fettgewebs-Imbibierung, Bruch von Wand-Kalzifikationen, penetrierende Ulzera) oder eine Endorgan-Ischämie ausgeschlossen, kann zunächst eine konservative Therapie erwogen werden. Diese schließt regelmäßige Verlaufskontrollen und eine Blutdruckeinstellung ein.
Ist eine Intervention notwendig, kommen endovaskuläre Maßnahmen wie Coil-Embolisation der ab- und zuführenden Gefäße oder ein Stent-Grafting in Frage. Chirurgische Maßnahmen sind Resektionen von Aneurysmata, Gefäßligaturen oder ein arterio-arterieller Bypass.
Aneurysmata ab 10 mm oder größenprogrediente Aneurysmata werden häufig prophylaktisch behandelt.
Literatur
- Sakano T et al. Segmental arterial mediolysis studied by repeated angioigraphy, Br J Radiol. 1997;70 (834): 656-8, abgerufen am 15.12.2021
- Michael M et al. Segmental arterial mediolysis: CTA findings at presentation and follow-up, AJR Am J Roentgenol. 2006;187 (6): 1463-9, abgerufen am 15.12.2021
- Baker-LePain JC et al. Clinical diagnosis of segmental arterial mediolysis: differentiation from vasculitis and other mimics, Arthritis Care Res (Hoboken). 2010;62 (11): 1655-60, abgerufen am 15.12.2021
- Najafi A et al. Extensive Embolisation von Aneurysmata der Viszeral-Arterien bei segmentaler arterieller Mediolyse, Rofo 2019; 191(11): 1010-1014, abgerufen am 15.12.2021
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