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Neuroleptikum

(Weitergeleitet von Neurophlegika)

von altgriechisch: νεῦρον ("neũron") - Nerv, λῆψις ("lepsis") - Ergreifung
Synonyme: Antipsychotikum, Neurophlegikum
Englisch: major tranquilizers, neuroleptic drugs

1. Definition

Neuroleptika sind Arzneistoffe aus der Gruppe der Psychopharmaka. Sie rufen psychotrope (z.B. antipsychotische, antiautistische, sedierende), neurologische (vor allem extrapyramidalmotorische), sowie andere (z.B. endokrine, kardiale, metabolische) Wirkungen und Nebenwirkungen hervor. Die einzelnen Wirkkomponenten können bei verschiedenen Wirkstoffen erheblich variieren.

2. Wirkmechanismus

Der genaue Wirkmechanismus von Neuroleptika ist derzeit (2024) nicht vollständig geklärt und Gegenstand der Forschung. Die Wirkung wird über eine Blockade von zentralen Rezeptoren vermittelt. Dazu gehören Dopamin-Rezeptoren (v.a. D2-Rezeptor), Serotonin-Rezeptoren (5-HT2-Rezeptor), m-Cholinorezeptoren, alpha-Rezeptoren und Histamin-Rezeptoren. Welche Rezeptoren primär angesprochen werden, ist substanzabhängig,

3. Indikationen

Neuroleptika sind indiziert bei manischen Psychosen, Schizophrenie, psychomotorischen Erregungszuständen, chronischen Schmerzen (adjuvant), als Prämedikation, bei Neuroleptanalgesie und -anästhesie oder auch als Antiemetika.

Neuroleptika können Patienten mit psychischen Erkrankungen helfen, sich ihrer Krankheit bewusst zu werden und sich von ihr zu distanzieren.

Weitere Einsatzgebiete sind u.a.:

4. Einteilung

Man unterscheidet folgende Typen von Neuroleptika:

4.1. Konventionelle Neuroleptika

Sie werden auch klassische Neuroleptika oder "First Generation Antipsychotika" (FGA) genannt.

4.1.1. Trizyklische Neuroleptika

Es handelt sich um die Gruppe der Phenothiazine mit schwach antipsychotischer Wirkung. Dazu zählen z.B.:

sowie die stärker antipsychotisch wirksame Derivate, wie

Eine weitere Unterklasse der klassischen trizyklischen Neuroleptika sind die Thioxanthenderivate, wie

4.1.2. Butyrophenone

Diese verfügen über eine stark antipsychotische Wirkung. Dazu gehören z.B:

sowie die minderpotenten Derivate

4.1.3. Diphenylbutylpiperidine

Eine strukturchemisch sowie pharmakologisch mit den Butyrophenonen verwandte Gruppe der Neuroleptika sind die Diphenylbutylpiperidine. Sie verfügen über eine stark ausgeprägte und lange anhaltende antipsychotische Wirksamkeit, sowie in der Regel nur geringfügige sedierende Wirkungen. Hierzu zählen drei Wirkstoffe:

4.2. Atypische Neuroleptika

Atypische Neuroleptika haben keine oder geringe Wirkung auf das extrapyramidalmotorische System.

4.2.1. Dibenzepine

Die Dibenzepine besitzen eine dreidimensionale Molekülstruktur, die von den klassischen trizyklischen Neuroleptika abweicht. Zu dieser Gruppe gehören:

4.2.2. Benzisoxazol-, Benzisothiazol- und Indol-Derivate

4.2.3. Benzamide

4.2.4. Weitere

Beachte: Je ausgeprägter die antipsychotische Potenz ist, desto geringer ist die sedative Wirkung in vergleichbaren Dosierungen.

5. Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen sind abhängig von der jeweiligen Substanzklasse. Unter anderem umfassen sie irreversible Bewegungsstörungen, Apathie, Krampfanfälle, teilweise massive Gewichtszunahme und Sprachverarmung.

Die Behandlung mit Neuroleptika führt auch zu einer dosis- und zeitabhängigen Veränderung der Gehirnstruktur und einer Verringerung des Volumens verschiedener Strukturen des Gehirns und der Hirnrinde.[1] Auch die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte zu begreifen und neue Informationen zu verarbeiten, kann durch Neuroleptika negativ beeinflusst werden.[2][3][4] Antipsychotika werden überdies mit der Entstehung von Diabetes und Hypophysentumoren in Verbindung gebracht.[5]

Aufgrund des D2-Rezeptorantagonismus der Neuroleptika kommt es zu einer Erhöhung des Serumprolaktins, was zum Libidoverlust führen und sich negativ auf die Compliance auswirken kann. Darüber hinaus erhöht sich durch den Prolaktinanstieg das absolute Brustkrebsrisiko von Frauen unter der Medikation um ca. 2,2 %.[6]

Eine Verlängerung des QT-Intervalls kann zu plötzlichen Todesfällen führen.

Eine seltene, aber potentiell lebensbedrohliche Nebenwirkung ist das maligne neuroleptische Syndrom, das unter allen Neuroleptika auftreten kann. Es äußert sich u.a. durch hohes Fieber, Rigor, Leukozytose und einen Anstieg der CK sowie der Transaminasen.

6. Rechtliches

Nach einem, durch eine Verfassungsbeschwerde initiierten, Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom März 2011 hat die bis dahin gängige Zwangsbehandlung mit Neuroleptika im Maßregelvollzug und geschlossenen Psychiatrien in Deutschland in weiten Teilen keine rechtliche Grundlage mehr.[7]

7. Quellen

Stichworte: Arzneistoff, Psychotrop
Fachgebiete: Pharmakologie

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