Mesenteriale Pannikulitis
Synonyme: Panniculitis mesenterica, mesenteriale Lipodystrophie, sklerosierende Mesenteritis
Englisch: mesenteric panniculitis, sclerosing mesenteritis
Definition
Als mesenteriale Pannikulitis, kurz MP, bezeichnet man eine seltene chronische entzündliche (bzw. sklerosierende) Erkrankung des mesenterialen Fettgewebes von Dünn- und Dickdarm.
Epidemiologie
Die Prävalenz der MP wird mit ca. 1 % angegeben. In einem Kollektiv von 5.595 Patienten wurde über einen Zeitraum von 3 Jahren bei 2,55 % computertomographisch die Diagnose einer mesenterialen Pannikulitis gestellt.[1] Sie tritt in allen Altersgruppen auf, jedoch bevorzugt bei Männern in der 6. und 7. Dekade.
Ätiologie
Die genaue Ursache der MP ist bis dato (2020) nicht geklärt. Man zählt sie jedoch zu den IgG4-assoziierten sklerosierenden Erkrankungen (wie z.B. auch die Riedel-Thyreoiditis).
Außerdem werden weitere pathogenetische Faktoren diskutiert:
- zurückliegende Operationen und Traumata
- ischämische Ursachen
- Malignome (paraneoplastisch): häufige Koinzidenz mit malignen Erkrankungen (z.B. Non-Hodgkin-Lymphom, Mammakarzinom, Bronchialkarzinom und Melanom)
siehe auch: Pannikulitis
Klinik
Die mesenteriale Pannikulitis betrifft in 90 % d.F. die Mesenterialwurzel des Dünndarms. Seltener sind z.B. das Mesocolon oder die Mesoappendix betroffen.
Lipodystrophie
Das Anfangsstadium der MP wird auch als mesenteriale Lipodystrophie bezeichnet. In dieser Phase werden die Fettzellen des Mesenteriums durch Makrophagen ersetzt.
Die Patienten sind i.d.R. asymptomatisch, sodass die MP häufig als Zufallsbefund bei einer Laparotomie oder bei computertomographischen Untersuchungen des Abdomens diagnostiziert wird.
Mesenteriale Pannikulitis
Die mesenteriale Pannikulitis im engeren Sinne beschreibt die akute entzündliche Phase mit Infiltraten aus Plasmazellen, Granulozyten, Riesenzellen und Makrophagen.
Neben unspezifischen abdominellen Beschwerden (Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Obstipation, Durchfall) beklagen die Patienten Gewichtsverlust, Fieber und Schüttelfrost. Bei Kindern kann die MP auch eine der Ursachen für Wachstumsretardierung und chronische Anämie sein.
Im Labor findet sich meist eine CRP-Erhöhung und eine Leukozytose.
Sklerosierende Mesenteritis
Im Endstadium der sklerosierende Mesenteritis zeigen sich fibrotische Veränderungen und Adhäsionen des Mesenteriums. Das fibrotische Gewebe manifestiert sich als intraabdominelle Raumforderung, sodass obstruktive Komplikationen häufig einen chirurgischen Eingriff notwendig machen.
Komplikationen
Schwere Komplikationen der MP entstehen v.a. im Endstadium, in dem es zur Kompression und Verlagerung der Darmabschnitte, mesenterialen Gefäße und anderen Organe kommt. Die häufigste Komplikation ist die Darmobstruktion bis hin zum Ileus. Außerdem sind Darmischämien und Aszites möglich. Selten sind Thrombosen der Vena mesenterica superior oder Vena cava superior beschrieben. Bei Kompression der Gallenwege kann ein Ikterus entstehen. Auch eine obstruktive Uropathie ist möglich.
Diagnostik
Die meisten Fälle der MP werden intraoperativ oder zufällig bei einer computertomographischen Bildgebung entdeckt.
Bei der klinischen Untersuchung zeigt sich meist eine druckempfindliche Bauchdecke. Ggf. kann eine abdominelle Raumforderung tastbar sein. Die rezidivierenden Bauchschmerzen werden überwiegend epigastrisch und im linken oberen Quadranten angegeben. Die MP kann jedoch anhand des klinischen Bildes nicht sicher diagnostiziert werden.
Entscheidend für die Diagnose ist die Computertomographie (CT) und/oder die Magnetresonanztomographie (MRT). Die Sonographie spielt nur eine untergeordnete Rolle. In unklaren Fällen kann eine PET-CT differentialdiagnostisch hilreich sein (fehlende Anreicherung). Endoskopische Untersuchungen sind i.d.R. ohne pathologischen Befund.
Für die endgültige Diagnose ist in den meisten Fällen eine histopathologische Abklärung notwendig.
Computertomographie
Die CT ist die wichtigste Untersuchungsmethode zur Diagnostik der MP. Zu den spezifischen Kriterien gehören:
- diffuse Imbibierung (milchglasartige Trübung) des mesenterialen Fettgewebes (-40 bis -60 Hounsfield-Einheiten)
- diffus verteilte Noduli
- "fat ring-sign" (Halo): schmaler hypodenser Saum des Fettgewebes um die mesenterialen Gefäße und Noduli
- das Vorhandensein einer Pseudokapsel: schmale, bandförmige fibröse Verdichtung
- raumfordernder Charakter mit Verdrängung benachbarter Strukturen
Sporadisch werden Kalzifikationen in den zentralen Nekrosearealen beobachtet. Ein chylöser Aszites kann ebenfalls vorkommen.
Magnetresonanztomographie
In der Magnetresonanztomographie gelten die gleichen diagnostischen Kriterien wie in der CT. Die MP zeigt sich hypointens in T1- und T2-Wichtung.
Histopathologie
Eine endgültige Diagnosesicherung ist meist nur histopathologisch möglich, jedoch ist eine Biopsie nur selten durchführbar. In der Regel ist die Gewinnung von Gewebematerial erst während der Laparotomie möglich.
Je nach Stadium variiert das histopathologische Bild der MP. Neben Fettnekrosen findet sich eine Proliferation des Bindegewebes und eine Akkumulation von fettbeladenen Makrophagen.
Differentialdiagnosen
Differentialdiagnostisch kommt eine Vielzahl an Erkrankungen in Frage, insbesondere:
- neoplastische Erkrankungen: Non-Hodgkin-Lymphom, Peritonealkarzinose, GIST, Mesotheliom
- pseudotumoröse Veränderungen: Desmoid, inflammatorischer Pseudotumor, Castleman-Krankheit
- entzündliche Prozesse: Peritonitis bei Pankreatitis, Appendizitis, Kolitis, Divertikulitis; tuberkulöse Peritonitis
- vaskulär-ischämische Veränderungen: Appendicitis epiploica, Omentuminfarkt
- mesenteriales Ödem: Hypalbuminämie, Leberzirrhose, Budd-Chiari-Syndrom, Thrombose der Vena mesenterica
Therapie
Derzeit (2020) existieren wenige Daten zur Behandlung der mesenterialen Pannikulitis. Bei asymptomatischen Patienten ist i.d.R keine Therapie notwendig. In anderen Fällen werden meist Glukokortikoide eingesetzt, ggf. auch in Kombination mit Azathioprin, Colchicin, Tamoxifen oder Thalidomid. Bei Therapieresistenz kann die Gabe von Infliximab erwogen werden. Die durchschnittliche Therapiedauer beträgt mindestens 3 bis 6 Monate, wobei sich die Symptome häufig bereits in den ersten Wochen nach Therapiebeginn verbessern.
Bei schweren Komplikationen (z.B. Ileus, Perforation) sind operative Eingriffe notwendig. Neben der Resektion von mesenterialen Massen sind je nach Situation Entfernungen von Darmabschnitten, Adhäsiolysen oder Bypässe notwendig.
Quellen
- ↑ Scheer F et al. Scheer F et al. Mesenteric Pannikulitis (MP) in CT - A Predictor of Malignancy?, Fortschr Röntgenstr 2016; 188(10): 926-932, abgerufen am 15.01.2020
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