Lisocabtagen-Maraleucel
Handelsname: Breyanzi®
Englisch: lisocabtagen maraleucel
Definition
Lisocabtagen-Maraleucel ist eine Krebsimmuntherapie aus der Gruppe der CAR-T-Zell-Therapien. Sie wird zur Behandlung des diffus großzelligen B-Zell-Lymphoms (DLBCL), des primär mediastinalen großzelligen B-Zell-Lymphoms (PMBCL) und des follikulären Lymphoms eingesetzt.[1]
Herstellung
Lisocabtagen-Maraleucel ist eine Individualtherapie. Zunächst werden dem Patienten T-Zellen entnommen ("Harvesting"). Diese werden außerhalb des Körpers ("ex vivo") mithilfe eines lentiviralen Vektors verändert. Das inserierte Gen codiert für einen gegen CD19 gerichteten chimären Antigenrezeptor ("CAR").
Der chimäre Antigenrezeptor besteht aus einem murinen Einzelketten-Antikörperfragment (scFv), das CD19 erkennt. Es ist mit einer CD28-Transmembrandomäne, einer kostimulatorischen CD137-Domäne sowie einer CD3-zeta-Aktivierungsdomäne verbunden. Die Komponente CD3-zeta ist wichtig für die Einleitung der T-Zell-Aktivierung und die antitumorale Aktivität, während CD137 die Expansion und Persistenz von Lisocabtagen-Maraleucel verbessert.
Die Herstellung der Therapie dauert zwischen 2 bis 4 Wochen. Anschließend werden die CAR-T-Zellen dem Patienten zurückinfundiert.
Wirkmechanismus
Die Wirkung von Lisocabtagen-Maraleucel tritt dadurch ein, dass die CAR-T-Zellen CD19-exprimierende Zellen erkennen und sich an CD19-positive B-Lymphozyten binden. Dadurch aktivieren die kostimulierenden Domänen CD137 und CD3-zeta nachgeschaltete Signalkaskaden, die bei den T-Zellen zur Proliferation und zur Sekretion von inflammatorischen Zytokinen und Chemokinen führen. Durch die zytotoxische Aktivität der T-Zellen werden die gebundenen B-Lymphozyten in die Apoptose getrieben.
Indikation
- Behandlung von erwachsenen Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem diffus großzelligen B- Zell-Lymphoms (DLBCL), primär mediastinalem großzelligem B-Zell-Lymphoms (PMBCL) oder follikulärem Lymphom Grad 3B (FL3B) nach zwei oder mehr Linien einer systemischen Therapie.[1]
Darreichungsform
- Infusionsdispersion in Durchstechflaschen á 4,6 ml zur intravenösen Anwendung
Zusammensetzung
Das Arzneimittel besteht aus zwei getrennten Zellkomponenten:
- CD4+-Zellkomponente mit 1,1 - 70 x 106 CAR-T-Zellen
- CD8+-Zellkomponente mit 1,1 - 70 x 106 CAR-T-Zellen
Dosierung
Die Zieldosis beträgt 100 x 106 lebensfähige CAR-T-Zellen (bestehend aus einem angestrebten Verhältnis von 1:1 der CD4+- und CD8+-Zellkomponenten) innerhalb eines Bereichs von 44 – 120 × 106 lebensfähigen CAR-T-Zellen.[1]
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Prämedikation
Um mögliche immunologische Reaktionen zu minimieren, erfolgt etwa 1 Stunde vor der CAR-T-Zell-Therapie die Gabe von Paracetamol und Diphenhydramin (25 bis 50 mg) oder anderen H1-Antagonisten. Glukokortikoide sollten vermieden werden, da sie die Aktivität der T-Zellen beeinflussen können.
Konditionierung
Vor der Gabe der CAR-T-Zellen muss eine Lymphozytendepletion durchgeführt werden. Bevorzugt werden hier Fludarabin und Cyclophosphamid eingesetzt.
Nach der Konditionierung sollte innerhalb von 2 bis 7 Tagen mit der Übertragung der CAR-T-Zellen begonnen werden. Die Herstellungsdauer der CAR-T-Zellen und der Konditionierungszeitraum müssen demnach aufeinander abgestimmt werden.
Nebenwirkungen
Die häufigste und gravierendste Nebenwirkung einer Therapie mit Lisocabtagen-Maraleucel ist das Zytokin-Freisetzungssyndrom (CRS). Im Falle des Auftreten eines Zytokin-Freisetzungssyndroms erfolgt die Gabe von Tocilizumab, das als Notfallausrüstung verfügbar sein muss. Ergänzend können Glukokortikoide gegeben werden.
Weitere häufige (≥ 1/100, < 1/10) oder sehr häufige Nebenwirkungen (≥ 1/10) sind:[1]
- Infektionen: Virale oder bakterielle Infektionen, Pilzinfektionen
- Blut und Lymphsystem: Leukopenie, Lymphopenie, Neutropenie, Anämie, Thrombozytopenie, Panzytopenie, Hypofibrinogenämie
- Immunsystem: Zytokin-Freisetzungssyndrom, Hypogammaglobulinämie
- Stoffwechsel: Hypophosphatämie
- Nervensystem: Delirium, Angst, Insomnie, Kopfschmerzen, Enzephalopathie, Schwindel, Tremor, Aphasie, Ataxie, periphere Neuropathie, Sehstörungen, Krampfanfälle, Geschmacksstörung, Kleinhirnsyndrom
- Herz-Kreislauf-System: Tachykardie, Arrhythmie, Kardiomyopathie, Hypertonie, Hypertonie, Thrombose
- Atemwege: Husten, Hypoxie, Dyspnoe, Pleuraerguss, Lungenödem
- Gastrointestinaltrakt: Diarrhö, Übelkeit, Erbrechen, Obstipation, Abdominalschmerzen, gastrointestinale Blutung
- Haut: Exanthem
- Niere: akute Niereninsuffizienz
- Sonstige: Fieber, Müdigkeit, Ödeme, Schüttelfrost
Wechselwirkungen
Es wurden bisher noch keine Studien zu Wechselwirkungen mit weiteren Arzneimittel durchgeführt. Es können Wechselwirkungen mit monoklonalen Antikörpern auftreten, die gegen den epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor (EGF-Rezeptor) gerichtet sind (Anti-EGFR-mAbs).
Die Verwendung von Lebendimpfstoffen sollte mindestens 6 Wochen vor Beginn der Chemotherapie, während der gesamten Therapiedauer und bis zur Wiederherstellung des Immunsystems unterbleiben.
Zulassung
Lisocabtagen-Maraleucel ist seit Januar 2022 in der EU zugelassen. Hersteller ist Bristol-Myers Squibb.
Nutzenbewertung
Da es sich bei Lisocabtagen-Maraleucel um ein Orphan Drug handelt, gilt nach § 35a Abs. 1 Satz 10 SGB V der medizinische Zusatznutzen bereits durch die Zulassung als belegt.
Kosten
Die Jahrestherapiekosten von Lisocabtagen-Maraleucel pro Patient liegen zwischen 350.000 und 420.000 €.[2]