Hand-Fuß-Mund-Krankheit
Synonyme: HFM-Krankheit, Hand-Fuß-Mund-Exanthem, "falsche Maul- und Klauenseuche"
Englisch: hand, foot, and mouth disease, HFMD
Definition
Die Hand-Fuß-Mund-Krankheit, kurz HFMK, ist eine durch verschiedene Coxsackieviren (vor allem Coxsackievirus A) ausgelöste Virusinfektion, die überwiegend bei Kleinkindern auftritt.
Erreger
Erreger der Hand-Fuß-Mund-Krankheit sind einzelsträngige unbehüllte RNA-Viren aus der Gattung der Enteroviren. Die auslösenden Coxsackieviren (Cox) werden der Enterovirus-Spezies A (EV-A) zugeordnet. Während in der Vergangenheit Cox A16 als Auslöser dominierte, wird heute (2022) meist Cox A6 nachgewiesen. Weitere mögliche Erreger sind Cox A1, selten EV-A71. Sehr selten sind Echoviren beteiligt.
Die Viren sind relativ resistent gegenüber Umwelteinflüssen und aufgrund der fehlenden Hülle unempfindlich gegenüber Detergentien und lipidlöslichen Mitteln. Sie sind bei niedrigem pH-Wert stabil und überstehen so die Magenpassage.
Epidemiologie
Die Hand-Fuß-Mund-Krankheit ist weltweit verbreitet und tritt ganzjährig auf. Es kommt jedoch zu einer saisonalen Häufung im Spätsommer und Herbst. Betroffen sind vor allem Kinder unter 5 Jahren, jedoch können sich auch ältere Kinder und nicht immunisierte Erwachsene infizieren. Typisch sind lokale Ausbrüche in Kindergärten und anderen Gemeinschaftseinrichtungen, die dann in die Familien weitergetragen werden.
In Deutschland liegt die jährliche Inzidenz - geschätzt aus Abrechnungsdaten - zwischen 80.000 und 140.000 Fällen, wobei von einer hohen Dunkelziffer auszugehen ist.
Übertragung
Eine Übertragung des Erregers erfolgt von Mensch zu Mensch. Gängig ist der fäkal-orale Infektionsweg über die Hände oder der Kontakt mit infizierten Körperflüssigkeiten wie Speichel. In den ersten Tagen der Infektion werden Viren auch aus Bläschen der Mundschleimhaut über Aerosole beim Husten des Erkrankten ausgeschieden. Weiterhin ist auch eine indirekte Übertragung über mit Speichel oder Stuhl kontaminierte Oberflächen möglich.
Die Erreger dringen über die Mundschleimhaut oder den Dünndarm in den Wirt ein und gelangen über die regionalen Lymphknoten nach etwa drei Tagen in die Blutbahn, so dass es zu einer Virämie kommt.
Inkubationszeit
Die Inkubationszeit liegt zwischen 3 bis 6 Tagen, abhängig von der initial übertragenen Virusdosis auch länger (bis zu 30 Tagen).
Virusausscheidung
Während der ersten Erkrankungswoche sind infizierte Personen hoch kontagiös. Das in den Bläschen der Haut- und Schleimhauteffloreszenzen enthaltene Sekret enthält reichlich infektiöse Viruspartikel. Mit Abheilen des Exanthems sinkt die Infektiösität, jedoch können auch nach dem Abklingen der Symptome über mehrere Wochen Erreger im Stuhl ausgeschieden werden. Auch asymptomatisch infizierte Personen, meist Erwachsene, können Überträger sein.
Symptome
Der Verlauf der Erkrankung ist interindividuell sehr unterschiedlich und kann von leichten Symptomen bis zur schweren Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens reichen. Auch asymptomatische Verläufe sind möglich.
Die Erkankung beginnt unspezifisch mit Schwächegefühl, Fieber, Nachtschweiß, Kopfschmerzen und Inappetenz. Mit dem Befall der Mund- und Rachenschleimhaut kommt es zu Halsschmerzen und Speichelfluss. Im weiteren Verlauf stellen sich nach 1-2 Tagen die typischen Symptome ein:
- Enanthem: Vesikel (Bläschen) im Rachen, an der Mundschleimhaut, an der Zunge und an den Lippen, die rasch platzen und danach als kleine Ulzera bzw. Aphthen zu erkennen sind. Die Tonsillen sind vergrößert und gerötet. Die Ulzerationen sind schmerzhaft und können bei Kleinkindern zu einer Verweigerung fester Nahrung führen.
- Palmoplantar betontes Exanthem mit 3-7 mm durchmessenden, teilweise konfluierenden Bläschen, Makeln und/oder Papeln an den Handflächen, Fingern und Fußsohlen. Das Exanthem kündigt sich oft durch ein Jucken oder "Brennen" der Handflächen an. Die Effloreszenzen können sich zu hämorrhagischen Quaddeln oder Pusteln entwickeln und schließlich ulzerieren. Weiterhin ist ein Befall des perioralen Gesichtsbereichs, der Knie und der Ellenbogen sowie des Genital- bzw. Windelbereichs möglich.
Die Symptome verschwinden normalerweise nach einem Krankheitsverlauf von 7-10 Tagen. Das mit dem Exanthem verbundene Brennen der Haut kann mehrere Tage andauern und sehr unangenehm sein. Der Hautausschlag heilt unter Schuppung der Herde in der Folge narbenlos ab.
In einigen Fällen kommt es innerhalb weniger Wochen nach der Infektion - als Ausdruck einer gestörten Keratinisierung - zu einer Onycholyse mit vorübergehendem Verlust der Finger- und Zehennägel.
Komplikationen
Selten greift die Infektion auf das ZNS über und manifestiert sich dann als aseptische Meningitis, Enzephalitis oder Myelitis mit entsprechenden neurologischen Symptomen (z.B. Paresen). Auch der Herzmuskel kann betroffen sein (Myokarditis).
Schwangerschaft
Aufgrund der hohen Durchseuchung kommen Erstinfektionen der Mutter in der Schwangerschaft selten vor. Eine vertikale Übertragung des Virus auf das Neugeborene ist möglich. Der Verlauf der Neugeboreneninfektion jedoch meist mild. Das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufes ist in den ersten beiden Lebenswochen am höchsten. Stillen kann den Verlauf abschwächen.
Diagnose
Die Diagnose wird meist aufgrund des relativ typischen klinischen Bildes gestellt. Mithilfe der PCR kann man die Virus-RNA im Bläscheninhalt, in Rachenabstrichen oder in frischen Stuhlproben identifizieren. Bei einer ZNS-Beteiligung kann auch der Liquor untersucht werden.
Der serologische Nachweis spezifischer Antikörper (IgA, IgG, IgM) gegen Coxsackieviren ist möglich, wird aber nur selten durchgeführt.
Differentialdiagnose
Bei der Differentialdiagnose sollten folgende Erkrankungen in Betracht gezogen werden:
Therapie
Die Therapie der HFMK ist bei unkompliziertem Verlauf rein symptomatisch. Da die Kinder wegen der Schmerzen im Mundbereich weniger Nahrung und Flüssigkeit aufnehmen, sollte darauf geachtet werden, dass sie ausreichend essen und trinken. Säurehaltige Fruchtsäfte oder Obst sollten jedoch vermieden werden, da sie an den Ulzera brennen. Weitere Massnahmen sind:
- Eis zum Lutschen
- Mundspülungen mit Antiseptika (z.B. Chlorhexidin) und/oder Lokalanästhetika (z.B. Lidocain)
- Pinselungen der Mundschleimhaut, mit Ethacridinlactat/Lidocain-Lösung (z. B. Ethacridinlactat-Monohydrat-Lösung 0,25% mit Lidocain 0,5% (NRF 7.7.) ad 10,0 g)
- Antipyretika (z.B. Ibuprofen oder Paracetamol) nur im Bedarfsfall, da Fieber Teil der physiologischen Immunreaktion ist
- Kalte Umschläge zur Fiebersenkung (Wadenwickel)
Die Hautveränderungen an den Füßen und Händen können mit einer Glukokortikoid-Creme (z.B. Triamcinolon-Creme) und mit antiseptischen Umschlägen (z.B. Chinolinol-Lösung) behandelt werden. Bei Beschwerdepersistenz können systemische Glukokortikoide verabreicht werden.
Eine spezifische antivirale Therapie mit Virostatika ist zur Zeit (2022) nicht verfügbar.
Prävention
Infizierte Kinder sollten mindestens 1 Woche nach dem Auftreten der Symptome von Gemeinschaftseinrichtungen fern gehalten werden, um eine Verbreitung der Viren zu unterbinden.
Eine adäquate Hygiene (Händewaschen, Desinfektion von Spielzeug) erschwert die Verbreitung.
Impfung
Eine Impfung ist nur gegen den in Asien verbreiteten Erreger EV-A71 verfügbar. In Europa ist zur Zeit (2022) kein Impfstoff zugelassen. Multivalente Vakzinen gegen verschiedene Enteroviren befinden sich in früher klinischer Entwicklung.
Meldepflicht
In Deutschland ist weder die Erkrankung noch der Verdacht auf HFMK gemäß dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) meldepflichtig.
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