Herpesvirus-Infektion (Katze)
Synonym: FHV-Infektion
Definition
Die Herpesvirus-Infektion der Katze ist eine Infektionskrankheit, die durch das feline Herpesvirus (FHV) verursacht wird. Der Erreger gehört zum sogenannten Katzenschnupfen-Komplex.
Geschichte
Das feline Herpesvirus wurde Ende der 1950er-Jahre von Crandell und Maurer aus Katzenwelpen mit Schnupfensymptomen isoliert. Der anfangs als felines Rhinotracheitis-Virus (FVR-Virus) benannte Erreger wurde später zum felinen Herpesvirus umbenannt.
Erreger
FHV gehört zusammen mit dem Herpes-simplex-Virus des Menschen, dem Aujeszky-Virus des Schweins sowie den equinen und bovinen Herpesviren zur Subfamilie der Alphaherpesvirinae.
Das feline Herpesvirus besteht aus einem Kapsid und einer Virushülle. Sein Durchmesser beträgt zwischen 130 und 190 nm. Das Virion besteht aus über 20 Strukturproteinen, wovon 6 glykolysiert sind. Das Genom wird durch doppelsträngige DNA (dsDNA) kodiert. Die Virushülle ist für die Infektiosität des Erregers maßgeblich verantwortlich.
Alle heute bekannten Stämme des FHV sind immunologisch sehr ähnlich. Einzelne Isolate unterscheiden sich jedoch insbesondere bezüglich ihrer Virulenz. In Zellkulturen führt FHV zu einem sogenannten zytopathischen Effekt (CPE). Dabei runden sich die infizierten Zellen binnen 24 Stunden post infectionem ab, brechen dabei das einströmende Licht und lösen sich zusätzlich von der Oberfläche der Kulturschale ab. Die charakteristischen Einschlusskörperchen lassen sich sowohl in der Zellkultur als auch im histologischen Präparat nachweisen.
Epidemiologie
Die FHV-Infektion tritt weltweit auf und wird neben Hauskatzen auch bei wild lebenden Feliden sowie Löwen beobachtet. Neben klinisch kranken Katzen stellen v.a. asymptomatische Ausscheider ein wichtiges Virusreservoir dar.
FHV-Infektionen werden hauptsächlich durch engen Kontakt übertragen. Tröpfcheninfektionen über weite Distanzen hingegen sind äußerst selten. Zu gehäuften Infektionen kommt es vorwiegend dort, wo mehrere Katzen auf engem Raum gehalten werden oder wo die Tiere durch ungünstige Haltungsbedingungen vermehrt unter Stress leiden (z.B. Tierheim, Zuchtstätten). Im Gegensatz dazu ist die FHV-Infektion bei einzeln gehaltenen Katzen sowie bei Tieren mit freiem Auslauf von geringerer Bedeutung. Als besonders empfänglich gelten Kätzchen unter 3 Monaten sowie ältere Tiere in Stresssituationen.
Katzenwelpen werden gelegentlich auch durch das eigene Muttertier infiziert, wenn diese bei der Geburt oder aufgrund hoher Laktationsleistungen vermehrtem Stress ausgesetzt sind. Bei diesen Tieren wird die latente Infektion reaktiviert, ohne dass es zu einem klinisch manifesten Krankheitsverlauf kommt.
Pathogenese
Pathogenetisch lässt sich eine primäre von einer chronischen bzw. latenten Verlaufsform unterscheiden, wobei sich die klinischen Symptome deutlich voneinander unterscheiden.
Die Infektion nimmt ihren Ausgang im Nasenraum, wo sich der Erreger zunächst in Epithelzellen festsetzt. Dort kommt es zu einer zunehmenden Virusreplikation, worauf die befallenen Zellen zugrunde gehen. Von dort aus gelangen die Viren dann in den Rachenraum, in die Lidbindehäute sowie in den oberen Atemtrakt. Im Anschluss kommt es zu einer vorübergehenden, vorwiegend an Monozyten gebundenen Virämie.
Im Anschluss an die primäre (akute) Infektionsphase erholt sich die Katze rasch von den klinischen Symptomen, wobei der größte Teil der betroffenen Tiere auch infiziert bleibt. Bei diesen Katzen unterscheidet man zwischen asymptomatischen Ausscheidern (shedding) und latent infizierten Tieren. Im Gegensatz zum Calicivirus wird das FHV jedoch nicht permanent, sondern schubweise ausgeschieden. Nur ein kleiner Teil der erkrankten Tiere (ca. 20 %) kann die Viren vollständig eliminieren.
Zu einer Reaktivierung von latenten FHV kommt es entweder durch lokale sowie systemische Kortikosteroidtherapien (in üblichen Dosierungen über einige Tage), als auch durch Milieuveränderungen, Geburt und Laktation. Intrauterine Infektionen treten nur äußerst selten auf.
Klinik
Zu den häufigsten Symptomen einer FHV-Infektion gehören Rhinitis (primär durch Niesen und Augenausfluss gekennzeichnet) sowie Konjunktivitis. Zu Beginn ist der Nasenausfluss serös, nimmt aber im Verlauf der Erkrankung häufig schleimig-eitrigen Charakter an. Hinzu kommt eine erschwerte Atmung. Die Symptome verschwinden dann häufig binnen 10 bis 14 Tage von alleine.
In manchen Fällen kommt es zu einer Ausbreitung der Infektion in die Maulhöhle, den Rachenraum, die Nasenhöhlen, Trachea sowie Lunge. Dabei verkompliziert sich der Krankheitsverlauf häufig durch bakterielle Sekundärinfektionen. Bei lokal beschränkten Infektionen (Nasenraum) kommt es meist nur zu milden klinischen Symptomen wie geringem Fieber bei erhaltener Fresslust. Eine weitere Ausbreitung im oberen Atmungstrakt geht mit hohem Fieber, Apathie und Inappetenz/Anorexie einher. Diese Tiere können auch plötzlich versterben.
FHV-Infektionen verursachen häufig eine Konjunktivitis, die sich initial durch serösen, später eitrigen Augenausfluss, Rötung, Schwellung und Lichtscheu äußert. Milde Verläufe können dabei über Wochen hinweg persistieren, ohne dass es zu einem stark beeinträchtigen Allgemeinbefinden kommt. Oftmals führen FHV-Infektionen jedoch auch zu Läsionen der Kornea, die sich zu Ulzera ausweiten und im schlimmsten Fall auch perforieren können.
Bei älteren Katzen werden manchmal auch rekurrierende Rhinitiden beobachtet. Diese Verlaufsformen beobachtet man vorwiegend in Zuchtstätten oder Katzenheimen, wo latent infizierte ältere Tiere durch akut infizierte Jungtiere erneut angesteckt werden. Diese Rhinitiden verlaufen jedoch häufig milder als die Primärinfektion, können sich aber aufgrund von Sekundärinfektionen auch zu chronischen Sinusitiden ausweiten.
Diagnose
Die Verdachtsdiagnose ergibt sich aus der typischen Klinik (Schnupfen, Niesen, Augen- und Nasenausfluss, Konjunktivitis, ggf. Hornhautdefekte u.ä.).
Ein direkter Erregernachweis (RT-PCR) kann mittels steriler Tupferprobe aus der Nase, den Lidbindehäuten und/oder dem Rachenraum durchgeführt werden. Die Aussagekraft der PCR ist zum Nachweis einer FHV-assoziierte Erkrankung jedoch eingeschränkt, da das Virus auch latent bei vielen gesunden Katzen nachgewiesen werden kann. Zusätzlich muss bedacht werden, dass das von Impfstoffen stammende Virus ebenfalls zu positiven PCR-Befunden führen kann.
Bei FHV-Infektionen werden - im Gegensatz zu den meisten Viruserkrankungen - oft erhöhte Leukozytenzahlen (Leukozytose) beobachtet, wobei v.a. die neutrophilen Granulozyten vermehrt sind. Nach einer länger bestehenden Infektion folgt eine Anämie.
Therapie
Eine kausale Therapie ist nicht bekannt. Antiviral wirkende Medikamente wie z.B. Aciclovir erweisen sich bei der Katze als nicht wirksam und sind zudem toxisch. Im Gegensatz dazu kommen bei FHV-assoziierter Keratitis lokale virustatische Ophthalmika (z.B. Idoxuridin, Trifluridin oder Cidofovir) zum Einsatz.
Parallel dazu sind eine symptomatische Therapie mit Infusionen, mechanisches Freihalten der oberen Atemwege sowie die Bekämpfung bakterieller Sekundärinfektionen durchzuführen.
Prophylaxe
Seit den 1970er-Jahren sind verschiedene inaktivierte und attenuierte Impfstoffe auf dem Markt, die größtenteils parenteral verabreicht werden. Die Impfung schützt vor klinischen Symptomen, jedoch nicht vor einer Infektion und damit auch nicht vor einer latenten Infektion.
Zusammen mit dem Parvovirus- sowie Calicivirus-Impfstoff gehört die FHV-Impfung zu den sogenannten Core-Impfungen (Pflichtimpfungen). Sie sollte bei allen Jungkatzen angewendet werden. Die Erstvakzinierung wird in oder nach der 9. Lebenswoche durchgeführt. Anschließend wird 3 Wochen später die zweite Impfung verabreicht. Die meisten Katzen werden dann nochmals in der 16. Lebenswoche vakziniert. Mit dem 1. Lebensjahr erfolgt dann eine erneute Boosterung. Anschließend sind jährlich Auffrischungsimpfungen vorzunehmen (Freigänger).
Literatur
- Lutz H, Kohn B, Forterre F (Hrsg.). 2019. Krankheiten der Katze. 6., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG. ISBN: 978-3-13-241649-9
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