Laktation (Veterinärmedizin)
Englisch: lactation
Definition
Als Laktation bezeichnet man die Bildung und Sekretion der Milch weiblicher Säugetiere.
Funktion
Die Laktation dient der Versorgung der Neugeborenen mit Nährstoffen während der ersten Lebensphase. Sie ermöglicht dem Muttertier den Nachwuchs mit einer hochwertigen, relativ einheitlichen und vom jeweiligen Nahrungsspektrum weitgehend unabhängigen Nahrung zu versorgen. Der Vorteil für die säugenden Jungtiere liegt in einer bedarfsgerechten Zusammensetzung der Nahrung, die den Säugetieren einen wesentlichen Überlebensvorteil gegenüber Fischen, Reptilien und Amphibien verschafft.
Neben der ernährenden Komponente erfüllt die Muttermilch in den ersten Lebensstunden einen wichtigen Anteil zur Ausbildung des Immunsystems der Neugeborenen. Durch die Kolostralmilch wird den noch ungeschützten Jungtieren eine passive Immunität verliehen, die sie in den ersten Tagen post partum benötigen, um gegen exogene Krankheitserreger bestehen zu können.
Milchproduktion
Sowohl die Entwicklung, als auch das Wachstum und die Funktion der Milchdrüse werden durch komplizierte hormonal-nervale Steuerungsvorgänge sichergestellt, die gleichermaßen den weiblichen Geschlechtszyklus beeinflussen. In der Zeit nach der Geburt nimmt die Milchdrüse mit dem allgemeinen Körperwachstum etwas an Größe zu. Die Zitzen werden länger und es wird vermehrt Fettgewebseinlagerung im späteren Drüsenbereich eingelagert (Platzhaltefett).
Durch den Eintritt der Geschlechtsreife (Pubertät) werden von den bereits vorhandenen Primär- und Sekundärsprossen der Milchdrüsenanlage im Zuge jeder einzelnen Brunst neue solide Epithelsprossen gebildet. Sie bilden nach später erfolgter Kanalisierung das verzweigte System der inter- und intralobulären Milchgänge,
Die Ausbildung des eigentlichen Milchdrüsengewebes ist an die erste Trächtigkeit (Gravidität) der Tiere gebunden. Sie beginnt mit einer Knospung der Alveolen aus den Endsprossen der Milchgänge und führt letztendlich zur Entstehung der Drüsenläppchen. Diese Phase ist beim Rind etwa mit dem 7. Trächtigkeitsmonat beendet. Die bei den Wiederkäuern kurz vor der Geburt beobachtete, besonders auffällige Vergrößerung des Euters hat mit der Ausbildung des Drüsengewebes nichts mehr zu tun. Vielmehr ist diese deutliche Umfangsvermehrung auf eine Füllung des Organs durch die beginnende Milchsekretion zurückzuführen.
Mammogenese
Zu Beginn der Trächtigkeit sind vorwiegend die von den Ovarien und später von der Plazenta gebildeten Östrogene und Progesterone für das Wachstum des Organs (Mammogenese) verantwortlich. Für die Mammogenese sind bis zum Prälaktationsstadium mindestens fünf Hormone notwendig, deren Funktionen genau aufeinander abgestimmt sind. Neben Östrogen und Progesteron gehören hier noch Prolaktin, Wachstumshormone und Kortikosteroide dazu.
Die aus der Hypophyse stammenden Hormone dürften besonders für die letzte Phase der Mammogenese bedeutungsvoll sein. Keines dieser fünf Hormone reicht für sich alleine aus, um einen vollständigen Aufbau der Milchdrüse zu gewährleisten, sodass stets alle in koordinierter Reihenfolge im Organismus vorhanden sein müssen.
Laktogenese
Die zweite Entwicklungsphase wird als Laktogenese (Laktopoese) bezeichnet und vollzieht sich großteils in der 2. Hälfte der Trächtigkeit. In dieser Phase sind Prolaktin und Kortikosteroide die wichtigsten Hormone, während Östrogen und Progesteron eher einen hemmenden Effekt erzielen. Durch das Ablösen der nicht mehr sehr aktiven Plazenta kurz vor der Geburt kommt es zu einer deutlichen Abnahme von Östrogen und Progesteron, was auf die nun notwendig werdende Milchsekretion einen günstigen Einfluss hat.
Galaktopoese
Als Galaktopoese bezeichnet man die Aufrechterhaltung der Milchsekretion. Die einzelnen Faktoren dieser Phase sind noch weitgehend unklar (2019) und unterscheiden sich deutlich von Tierart zu Tierart. Experimentelle Untersuchungen an hypophysektomierten Ziegen zeigten, dass zur optimalen Galaktopoese Prolaktin, Wachstumshormon, ACTH und TSH notwendig sind. Bei hypophysektomierten Kaninchen hingegen konnte derselbe Effekt durch Prolaktin allein erzielt werden.
Die Milchsekretion wird so lange aufrechterhalten, wie ein Saug- oder Melkreiz vorhanden ist. Bei den Haussäugetieren wird während der Säuge- oder Melkperiode kontinuierlich Milch gebildet und in den vorhandenen Hohlräumen (Ductus lactiferi, Sinus lactiferi) gespeichert. Damit die Milch jedoch fortwährend fließt, benötigt es neben den genannten mechanischen Reizen zusätzlich noch Oxytocin. Dieses aus dem Hypophysenhinterlappen stammende Hormon überwacht die Bereitschaft des Körpers zur Milchabgabe, was wiederum einem neurohormonalen Reflex unterliegt. Durch den Saug- oder Melkreflex erfolgt eine Erregung des afferenten neuronalen Schenkels des Reflexbogens, der den Reiz zu den Oxytocin-produzierenden Neuronen im Nucleus paraventricularis und supraventricularis des Hypothalamus weiterleitet. Durch die Aktivierung dieser Neurone wird einerseits Oxytocin, andererseits auch Vasopressin (in geringen Mengen) in der Neurohypophyse freigesetzt, sodass hier der hormonale efferente Schenkel des Reflexbogens seinen Ausgang nimmt. Das freigesetzte Oxytocin gelangt über die Blutbahn an das Myoepithel der Drüsenendstücke, woraufhin sich diese kontrahieren. Auf diese Weise werden die Drüsenalveolen entleert und das Sekret gelangt in die bereits mit Sekret gefüllten Milchgänge, was zu einer Drucksteigerung und damit zum Milchfluss führt.
Wirtschaft
Durch einen fortlaufenden Milchentzug mittels Melken kann bei Milchkühen, Milchschafen, Ziegen und Pferden die Milchbildung und Sekretion über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten werden. Durch die züchterische Selektion und die Optimierung von Fütterung und Haltung sind heutzutage bei Rindern Milchleistungen von jährlich über 12.000 kg (rund 40 Liter pro Tag) möglich.
In der täglichen Ernährung des Menschen ist die Milch eine wertvolle Quelle zur Deckung des Bedarfs an Protein, Kalzium, Phosphor und Riboflavin. Ähnliches gilt auch für Vitamin B12, Vitamin B6, Thiamin, Niacin und Magnesium. Milchproteine zeichnen sich v.a. durch eine hohe biologische Wertigkeit und das Milchfett durch eine hohe Verdaulichkeit aus.
Quellen
- von Engelhardt, Wolfgang, Breves, Gerhard, Diener, Martin, Gäbel, Gotthold. Physiologie der Haustiere. 5., vollständig überarbeitete Auflage. Enke-Verlag, 2015.
- Nickel, Richard, August Schummer, Eugen Seiferle. Band II: Organsysteme. Lehrbuch der Anatomie der Haustiere. Parey, 2004.
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