Carbo medicinalis
Handelsnamen: Kohle Hevert®, Kohle Pulvis®, Ultracarbon® u.a.
Synonyme: Aktivkohle, medizinische Kohle, Medizinalkohle
Englisch: activated charcoal
Definition
Carbo medicinalis ist ein aus pflanzlichen Materialien (z.B. aus Holzkohle) gewonnener Arzneistoff, der überwiegend aus reinem, amorphem Kohlenstoff besteht. Er ist feinkörnig und besitzt aufgrund seiner besonderen Oberflächenstruktur eine hohes Bindungsvermögen, sodass er als Adsorbens eingesetzt werden kann.
Indikationen
Anwendung bei Vergiftungen
Carbo medicinalis dient der primären Entgiftung. Sie weist eine enorm große Adsorptionsfläche (ca. 1.000 bis 2.000 m2/g) auf und kann somit Giftstoffe binden. Die Kohle wird nicht im Magen-Darm-Trakt resorbiert, sie verhindert damit die Resorption der Giftstoffe und beschleunigt deren Elimination. Die gebundenen Toxine werden mit dem Stuhl ausgeschieden.
Anwendung bei Diarrhö
Carbo medicinalis kann Bakterientoxine adsorbieren und somit auch als Antidiarrhoikum eingesetzt werden.
Anwendung als Wundauflage
Carbo medicinalis kann, aufgrund seiner Eigenschaft Partikel, Zelldetritus etc. zu adsorbieren, auch als Wundauflage z.B. bei Ulcus cruris angewendet werden.
Darreichungsform
Dosierung
Präparate zur Behandlung von Diarrhö werden von Erwachsenen in der Regel dreimal täglich eingenommen.
Bei einer Vergiftung ist die Dosis höher und vom Körpergewicht abhängig, im Allgemeinen wird 1 g/kgKG verabreicht. Die Verabreichung soll so bald wie möglich nach der Vergiftung erfolgen. Die wiederholte Anwendung von Aktivkohle ist sinnvoll bei Substanzen, die einem enterohepatischen Kreislauf unterliegen, eine verlängerte Halbwertszeit und ein kleines Verteilungsvolumen besitzen, zum Beispiel:
- Carbamazepin
- Phenobarbital
- Chinin
- Theophyllin
- Amitriptylin
- Dextropropoxiphen
- Digoxin
- Digitoxin
- Disopyramid
- Phenylbutazon
- Phenytoin
- Piroxicam
- Sotalol
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Anwendungshinweise
Patienten sollten während und nach der Einnahme von Aktivkohle viel Flüssigkeit zu sich nehmen.
Nebenwirkungen
Als unerwünschte Wirkungen können Obstipation oder ein mechanischer Ileus auftreten. Opioide oder andere Arzneistoffe, welche die Darmbewegung verlangsamen, erhöhen das Risiko.
Kontraindikationen
Aktivkohle darf bei Vergiftungen mit ätzenden Stoffen nicht angewendet werden, da sie Säuren oder Laugen nicht effektiv bindet. Sie birgt das Risiko einer zusätzlichen Reizung und Verschlimmerung der Schleimhautschäden.
Bei Patienten mit Darmerkrankungen (z.B. Stenosen, Verwachsungen oder Tumoren) sollte der Einsatz von Aktivkohle hinsichtlich seiner Nutzen-Risiko-Relation abgewogen werden.
Gefahren
- Aspiration durch Lage der Magensonde in den Atemwegen[1]
Quellen
- ↑ Bohnert S. et al. Aspiration von Aktivkohle: Organbefunde nach Fehllage einer Magensonde mit 18-tägiger Überlebenszeit. Rechtsmedizin 2023