Ulcus cruris
Synonyme: Unterschenkelgeschwür, "Offenes Bein"
Englisch: leg ulcer
1. Definition
Das Ulcus cruris ist eine tiefe, meist nässende Wunde im Bereich des Unterschenkels.
2. Ursachen
Ein Ulcus cruris entsteht in den meisten Fällen auf Grundlage von drei Grunderkrankungen:
- Chronisch venöse Insuffizienz (CVI): venöses Ulcus cruris, Ulcus cruris venosum
- Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK): arterielles Ulcus cruris, Ulcus cruris arteriosum
- Diabetes mellitus: diabetisches Ulcus cruris, Ulcus cruris diabeticum
2.1. Venöses Ulcus cruris
Das venös bedingte Geschwür ist immer Folge einer chronisch-venösen Insuffizienz und tritt nach Phlebothrombose oder ausgeprägter Varikosis auf. Auslöser ist oft eine kleine Verletzung. Prädilektionsstellen befinden sich oberhalb des Innen- und Außenknöchels.
Das Ulcus cruris venosum tritt typischerweise medial am Unterschenkel, vorwiegend im Bereich des Innenknöchels, auf. Dies ist Folge einer chronischen venösen Insuffizienz mit erhöhtem hydrostatischem Druck, der vor allem im oberflächlichen Venensystem entsteht. Besonders betroffen sind die Vena saphena magna sowie die Vv. perforantes, die bei Klappenversagen den Rückfluss aus dem tiefen in das oberflächliche Venensystem ermöglichen. Diese Venen verlaufen bevorzugt medial und erklären so die typische Lokalisation des venösen Ulkus.
2.2. Arterielles Ulcus cruris
Im Rahmen einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) kann es zu einem Verschluss einer Beinarterie mit anschließender Nekrose und Ulcusbildung kommen, meist unter dem Bild einer trockenen Gangrän, auch als Raucherbein bekannt.
Das Ulcus cruris arteriosum ist häufiger lateral oder prätibial lokalisiert. Die Ursache liegt in einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, bei der arterielle Durchblutungsstörungen – insbesondere in den stromabwärts gelegenen, schlecht durchbluteten Arealen wie der lateralen Unterschenkelregion – zu ischämischen Hautulzerationen führen. Die schwächere arterielle Versorgung in diesem Gebiet ergibt sich aus der vergleichsweise geringeren Kaliberstärke der Arteria fibularis sowie der begrenzten Kollateralisierung.
Sind eine chronisch venöse Insuffizienz und pAVK gleichermaßen ursächlich, handelt es sich um einen Ulcus cruris mixtum.
2.3. Diabetisches Ulcus cruris
Gehäuft treten Ulcera cruris auch beim Diabetes mellitus auf. Bei dieser Erkrankung sind es mehrere Faktoren, die eine Ulcusentstehung begünstigen:
- Arteriosklerose
- Diabetische Polyneuropathie
- hoher Zuckergehalt im Interstitium (begünstigt bakterielle Infektionen mit Ausbildung einer feuchten Gangrän)
Ein Ulcus cruris diabeticum ist oft begleitet mit Läsionen an für das diabetisches Fußsyndrom (DFS) typischen Stellen, wie z.B. an plantaren Druckstellen (Großzehenballen, Metatarsalköpfchen oder Ferse). Aufgrund einer diabetischen Polyneuropathie kommt es zu einer verminderten Schmerzempfindung und veränderten Druckverhältnissen, was in Kombination mit einer häufig bestehenden Mikroangiopathie die Ulkusentstehung begünstigt.
3. Klinik
Ein Ulcus cruris ist in der Regel am distalen Unterschenkel lokalisiert. Die klinische Symptomatik ist abhängig von der jeweiligen Ursache.
Ein Ulcus cruris, das den Unterschenkel in seiner gesamten Zirkumferenz umfasst, wird als Gamaschenulkus bezeichnet.
4. Therapie
- Spülung und Entfernung von Belägen
- Alginat (Sekretbindung) oder Polyacryl - / Schaumeinlage zur Defektfüllung
- Silberzusatz bei Infektzeichen
- Hydrogel bei Gefahr der Austrocknung (kaum gegeben)
- Umgebungstherapie der Haut/des Wundrandes: Panthenol, Zinksalbe (alle 3 Tage)
- Kompressionstherapie ist Basis der ursächlichen Therapie und unerlässlich
- ggf. plastische Verfahren zur Defektdeckung (Hauttransplantation oder Lappenplastik)
Cave: Zinkpaste trocknet die Haut aus und darf nur noch nach schriftlicher Anordnung angewendet werden, da eigentlich obsolet
siehe auch: Malum perforans
5. Skript
"Ulcus cruris – Mythos oder behandelbar?" lautet der Titel des Vortrags zum Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Lymphologie in Marktoberdorf 2013.