Chinin
Synonyme: Quinin, Chininum hydrochloricum
Englisch: quinine
Definition
Chinin ist ein Arzneistoff gegen Malaria, der u.a. in der Rinde des Chinarindenbaumes (Cinchona pubescens bzw. Cinchona officinalis) vorkommt.
Geschichte
Chinin wird bereits seit Jahrhunderten als Heilmittel gegen Malaria verwendet. Schon die Ureinwohner Südamerikas wussten von der fiebersenkenden Wirkung des Chinins.
Wirkmechanismus
Chinin wirkt wie die 4-Aminochinoline und andere Arylaminoalkohole gegen Blutschizonten. Die Malariaerreger gewinnen während ihres intraerythrozytären Wachstums Energie aus dem Abbau des Hämoglobins. Dabei entsteht das für sie giftige Abbauprodukt Ferriprotoporphyrin IX (FPPIX). Durch eine nicht-enzymatische Aggregatbildung wird FPPIX zu ungiftigem Hämozoin umgewandelt. Chinin bildet wie andere Arylaminoalkohole stabile Komplexe mit FPPIX und erhöht so die Zahl von nicht-aggregierten FPPIX-Molekülen, was dann letztendlich zum Absterben der Parasiten führt. Chinin wirkt prinzipiell gegen alle Plasmodiumarten. Trotz der fast 200-jährigen Anwendung sind Resistenzen vergleichsweise wenig verbreitet.
Pharmakokinetik
Chinin wird normalerweise oral gegeben, kann im Notfall jedoch auch intravenös verabreicht werden. Nach oraler Gabe wird Chinin gut und schnell resorbiert. Das Wirkungsmaximum tritt nach 1 bis 3 Stunden ein. Im Plasma ist Chinin zu 70 % an Proteine gebunden. Chinin wird fast vollständig in der Leber metabolisiert, nur 10 % werden unverändert renal ausgeschieden.
Verwendung
Chinin wird zur Behandlung von Malaria eingesetzt, es wirkt abtötend auf die im Blut vorkommenden Schizonten. Nach der Entwicklung synthetischer Malariamittel hatte Chinin eine schwindende Bedeutung, angesichts wachsender Resistenzen der Erreger wird es heute (2024) wieder öfter eingesetzt. Es wird nach wie vor aus der Rinde von Chinarindenbäumen gewonnen, die eigens für diesen Zweck kultiviert werden.
Hauptsächlich verwendet man Chinin zur Behandlung der Malaria tropica, wenn die Erreger (Plasmodien) Resistenzen gegen Chloroquin aufweisen oder multiresistent sind. Malaria tropica wird durch Plasmodium falciparum verursacht. Die Resistenzbildung unter Chinin ist gering.
Weiterhin wird Chinin als Zusatz in Medikamenten gegen grippale Infekte verwendet, da es bereits in geringen Dosen lokal betäubend und fiebersenkend wirkt. Außerdem wird es zur Behandlung einer Babesiose eingesetzt.
Zudem findet Chinin Verwendung in Bitterlimonaden, z.B. in Tonic Water (Ø 71 mg/l) und Bitter-Lemon (Ø 34 mg/L). Die zugelassenen Chinin-Höchstmengen liegen in Deutschland für Spirituosen bei 250 mg/l und für alkoholfreie Erfrischungsgetränke bei 100 mg/l.[1]
Nebenwirkungen
- Gastrointestinale Beschwerden
- Allergische Symptome
- Toxische Wirkung auf das Nervensystem
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Verwirrtheit
- Sehstörungen: z.B. Doppeltsehen, Visusminderung, Farbensehen
- Hörstörungen: z.B. Tinnitus, Schwerhörigkeit
- Blutdruckabfall
- Schock
- Herzrhythmusstörungen
Wechselwirkungen
Durch die gleichzeitige Einnahme von Chinin wird die Wirkung von Antikoagulanzien, Herzglykosiden und Muskelrelaxanzien verstärkt.
Durch die Hemmung von P-Glykoprotein kann die Wirkung von Substraten des Effluxtransporters so erheblich verstärkt werden, dass es zu einer vital bedrohlichen Vergiftung durch das Substrat (z.B. Loperamid) kommt.[2]
Kontraindikationen
Chinin darf bei folgenden Situationen nicht gegeben werden:
- Tinnitus
- Schädigungen des Sehnerven
- Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase-Mangel: Gefahr der intravasalen Hämolyse (Schwarzwasserfieber)
- Myasthenia gravis
- Schwangerschaft: Chinin wirkt auf die Muskulatur des Uterus und kann Wehen auslösen
- Chininallergie
Toxikologie
Werden zu hohe Dosen Chinin gegeben, kann es zu einer Chininvergiftung kommen, die sich u.a. durch folgende Symptome äußert:
- Schwindel
- Erbrechen
- Ohrensausen
- Sehstörungen
- Spasmen der Netzhautgefäße
- Schädigung des Sehnervs
- Erblindung: in der Regel vorübergehend
- Erregungszustände
- Zyanose
- Herztod durch Herzlähmung
- Tod durch zentrale Atemlähmung
Die tödliche Dosis Chinin liegt bei etwa 8 bis 10 g.
Therapie der Chininvergiftung
Bei einer Chinin-Intoxikation stehen resorptionsvermindernde Maßnahmen (Aktivkohle, Natriumsulfat) sowie die Gabe geeigneter Benzodiazepine im Vordergrund. Diazepam wird initial in einer Dosierung von 1–2 mg/kgKG i.v. gegeben. Die anschließende Erhaltungsdosis beträgt 0,25 mg pro kg Körpergewicht und Stunde.
Quellen
- ↑ Chinin in Getränken. Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, abgerufen am 04.09.2024
- ↑ Kursun H et al. Tod durch Limonade. NeuroTransmitter 2024, abgerufen am 04.09.2024