Aujeszky-Krankheit (Schwein)
nach dem ungarischen Tierarzt Aladár Aujeszky (1869 bis 1933)
Synonem: Aujeszky'sche Krankheit, Morbus Aujeszky, Pseudowut, Pseudorabies, Pseudolyssa, Infektiöse Bulbärparalyse, Juckseuche
Englisch: Aujeszky's disease, pseudorabies, mad itch
Definition
Als Aujeszky-Krankheit oder Morbus Aujeszky bezeichnet man eine durch das Suide Herpesvirus 1 (SuHV-1) verursachte Infektionskrankheit der Schweine.
Erreger
Das Suide Herpesvirus 1 (Porcines Herpesvirus 1, Pseudorabies-Virus, Aujeszky-Virus) ist ein Virus aus der Familie der Herpesviridae (Subfamilie Alphaherpesvirinae) innerhalb der Ordnung der Herpesvirales.
Die einzelnen Virusstämme schwanken in ihrer Virulenz, verhalten sich jedoch serologisch einheitlich. Schwachvirulente Stämme sind streng neurotrop und verursachen im Gegensatz zu den hochvirulenten Stämmen keine weiteren Organschäden. Hochvirulente Stämme hingegen sind in der Lunge und in den Geschlechtsorganen sowie im Samen infizierter Eber nachweisbar.
Epidemiologie
Die Aujeszky-Krankheit ist weltweit verbreitet und tritt gehäuft in Schweinebeständen auf. Deutschland und Österreich sind (im Hausschweinbestand) anerkannt frei von der Aujeszky-Krankheit. Die Wildschweinpopulationen sind sehr wohl infiziert.
Das Suide Herpesvirus 1 kann viele Haussäugetiere infizieren, jedoch nicht den Menschen. Als Hauptwirt gilt das Schwein, letale Erkrankungen treten aber bei Hunden, Katzen, Rindern, Schafen, Ziegen und Pferden auf und gehen mit tollwutähnlichen Symptomen einher.
Das Virus kann in der Umwelt bei 25 °C bis zu 40 Tage lang überleben und infektiös bleiben. Eine Inaktivierung des Erregers erfolgt durch Erhitzung über 55 °C oder durch Desinfektionsmittel auf Chlor-, Ammonium- oder Formalinbasis. Alkohole und Phenole erwiesen sich als unwirksam.
Pathogenese
Schweine infizieren sich meist durch gesunde aber latent infizierte Tiere, aber auch über das Futter, das Personal und über Luftbewegungen ("airborne disease"). Innerhalb eines Bestandes erfolgt die Erregerübertragung aerogen über das Nasensekret. Die Entwicklung der Infektion im Organismus hängt stark vom Alter des Wirtstieres, der Virulenz des Virusstammes, der Infektionsdosis und vom Infektionsweg ab. Eine Infektion über den Verdauungstrakt führt grundsätzlich zu den mildesten Symptomen. Eine Ansteckung hingegen über den Respirationstrakt tritt meist in einem klinisch manifesten Krankheitsverlauf in Erscheinung.
Das Virus vermehrt sich primär in den Epithelien von Nasen- und Rachenschleimhaut und in den Tonsillen. Die weitere Verbreitung erfolgt über die Lymphgefäße. Das Virus wandert vom Primärort über den Nervus olfactorius und den Nervenfasern innerhalb des Axoplasmas in den Nervus trigeminus. In weiterer Folge gelangt der Erreger ins ZNS, um sich dort in den Schwann-Zellen und Fibroblasten des Endoneuriums auszubreiten.
Klinik
Die Erkrankung verläuft altersabhängig unterschiedlich und entwickelt verschiedene Krankheitsbilder.
Bei Ferkeln zeigen sich anfangs Fieber, Erbrechen, Bewegungsstörungen, Kreisbewegungen, Dysphagie und Hypersalivation. In weiterer Folge kommt es zu zentralnervösen Symptomen wie Muskelzittern, Krämpfen, Paddelbewegungen der Gliedmaßen und Paresen. Bei Ferkeln die jünger als zwei Wochen sind beträgt die Mortalität 100 %. Drei bis vier Wochen alte Ferkel verenden zu 50 %. Absatzferkel leiden oftmals an Inappetenz, Rhinitis, leichtem Fieber und Dyspnoe. Tiere dieser Altersklasse versterben meist nur bei zentralnervöser Beteiligung.
Bei Läufern sowie Mastschweinen kommt es vorwiegend zu Erkrankungen des Atmungstraktes, begleitet von hohem Fieber, Apathie und schlechter Gewichtszunahme. Selten entwickeln die Tiere zentralnervösen Störungen. Die Mortalität beträgt etwa 5 %.
Sauen und Eber zeigen deutliche Fruchtbarkeitsprobleme. Eine Infektion verläuft ansonsten subklinisch und ist mit milden respiratorischen Symptomen, leichtem Fieber und eventuell auch Orchitis begleitet. Bei einem Erstkontakt mit dem Erreger kommt es bei 50 % der trächtigen Sauen zu Aborten sowie einer Resorption der Feten (Infektion bis zum 30. Trächtigkeitstag). Die Unfruchtbarkeit nach einem Abort beträgt etwa 20 %.
Diagnose
Eine Verdachtsdiagnose wird anhand der typischen Klinik (zentralnervöse Erscheinungen, respiratorische Symptome) gestellt und mittels Erregernachweis gesichert. Eine Probenentnahme (Tupferprobe von Nasensekret oder Blut) und anschließende PCR bestätigt die Diagnose.
Alternativ kann ein Antigennachweis (Immunfluoreszenz) in Gewebeschnitten von Gehirn, Rückenmark, Tonsillen oder Lunge durchgeführt werden. Ein Serumantikörpernachweis ist nur mittels Neutralisationstest oder ELISA möglich.
Differenzialdiagnosen
- Klassische Schweinepest (Klassische Schweinepest-Virus)
- Afrikanische Schweinepest (Afrikanische Schweinepest-Virus)
- Myoclonia congenita (Linda-Virus)
- Enzootische Streptokokkenmeningitis (Streptococcus suis)
- Parvovirose (Porzines Parvovirus)
- Porzines respiratorisches und reproduktives Syndrom (PRRS-Virus)
- Leptospirose (Leptospira interrogans)
- Brucellose (Brucella suis)
Therapie
Die Aujeszky-Krankheit der Hausschweine ist eine anzeigepflichtige Tierseuche und muss durch die Keulung des gesamten Bestandes getilgt werden. In Österreich ist keine Impfung zugelassen.
Literatur
- Mayr, Anton, Rolle, Michael. Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre. 8., überarbeitete Auflage. Enke-Verlag, 2007.
- Skript Virologie für die Module Tierseuchen, Verdauung, Respiration + Kreislauf, ZNS, Reproduktion. Für Studierende der Veterinärmedizin. Institut für Virologie, Veterinärmedizinische Universität Wien. Stand 1/2017.
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