Leptospirose (Schwein)
Synonym: Leptospira interrogans-Infektion des Schweins
Definition
Die Leptospirose ist eine durch das Bakterium Leptospira interrogans verursachte Infektionskrankheit des Schweins.
Erreger
Leptospiren sind zarte und schrauben- bis korkenzieherförmige Bakterien mit einem Durchmesser von rund 0,1 µm und einer Länge von 20 bis 24 µm. Um ihre Protoplasmazylinder sind zwei Endoflagellen gewunden, die den Bakterien eine rotierende Bewegung ermöglichen. Leptospira interrogans ist an beiden Enden gebogen, wodurch die charakteristische Kleiderbügel- bzw. Hakenform zustande kommt.
Innerhalb der Gattung Leptospira können drei Arten unterschieden werden. Leptospira interrogans kann mit über 250 beschriebenen Serovaren in 23 Serogruppen unterteilt werden. Schweine können sich grundsätzlich mit allen Leptospira-interrogans-Serovaren infizieren, wobei folgende sechs Serovare von besonderer veterinärmedizinischer Bedeutung sind:
Epidemiologie
Eine Infektion betrifft vor allem adulte Tiere (Reservoirwirte). Als Nebenwirte kommen alle Altersgruppen in Frage - insbesondere tragende Sauen und junge Wirte.
Die Übertragung der Erreger erfolgt durch direkten oder indirekten Kontakt (kontaminierte Umgebung, Wasser) mit einem Trägertier (Schweine, wildlebende Fleischfresser, Nagetiere, Rinder u.v.m.). Die Einschleppung der Bakterien in einen bislang leptospirenfreien Bestand erfolgt oft über klinisch gesund erscheinende Jungsauen, die konstant Erreger ausscheiden.
Die Ausscheidung von Leptospiren erfolgt über den Harn, Sperma, Lochien, Genitalsekrete und Milch. An feuchten Stellen können die Bakterien dann bis zu 10 Tage lang infektiös bleiben.
Pathogenese
Eine Infektion kann sowohl perkutan als auch permukös, laktogen, diaplazentar oder transvaginal erfolgen. Im Anschluss kommt es rasch zu einer von Fieber begleiteten Bakteriämie. Nach einer kurzen bakteriämischen Phase ziehen sich die Erreger vorzugsweise in den Harntrakt zurück, wo sie dann in den angrenzenden Organen persistieren. Die genauen Pathomechanismen der durch die Erreger verursachten Reproduktionsstörungen sind bislang (2019) noch nicht ausreichend geklärt.
Klinik
Die Symptome hängen einerseits vom Serovar ab, andererseits von der Infektionsart (Reservoir- oder Nebenwirt).
Reservoirwirte entwickeln oftmals einen subklinischen bzw. chronischen Krankheitsverlauf. Nebenwirte hingegen erkranken selten akut (septikämischer Verlauf). In den meisten Fällen treten Symptome bei tragenden Sauen und jungen Ferkeln auf:
Fruchtbarkeitsstörungen treten sowohl bei Reservoir- als auch bei Nebenwirten auf. Diese müssen jedoch nicht zeitnah mit der Infektion auftreten, sondern können auch lange nach Abklingen der Symptome manifest werden. Zu den Fruchtbarkeitsstörungen gehören:
- reduzierte Reproduktionsleistung
- Aborte (typischerweise in der 2. Trächtigkeitshälfte und/oder erhöhte perinatale Sterblichkeit)
- Totgeburten
- Mumifikationen
- Geburt lebensschwacher Ferkel (Frühgeburten)
- Unfruchtbarkeit (Leptospira interrogans bratislava)
Diagnose
Die Verdachtsdiagnose einer Leptospirose ergibt sich aus der Anamnese und dem klinischen Bild. Durch weiterführende pathologische und molekularbiologische Untersuchungen kann die Diagnose gesichert werden.
Frisch abortierte Feten zeigen oftmals eine blutig-sulzige Subkutis sowie eine Ansammlung rot-brauner Flüssigkeit in den Körperhöhlen. An der Leber sind deutliche Schäden und Petechien erkennbar. Im akuten Fall treten Blutungen in den Nieren und der Lunge auf und es kommt zu einer Lebernekrose. Chronische Krankheitsverläufe sind vor allem durch undeutlich ausgeprägte pathomorphologische Veränderungen gekennzeichnet. Auf der Niere können kleine, disseminierte graue Herde infolge einer interstitiellen Nephritis auftreten.
Da die Erregerausscheidung intermittierend erfolgt, schließt ein negatives Ergebnis bei der Urinuntersuchung eine Leptospirose nicht aus. Da die kulturelle Isolierung der Erreger äußerst schwierig, kostspielig und zeitaufwendig ist (mind. 16 Wochen, oft noch länger), wird ein kultureller Nachweis in der Praxis nicht durchgeführt. Die Kombination aus einem Mikroagglutinationstest (MAT) und einer PCR haben sich als zuverlässige Methode für die Routinediagnostik erwiesen.
Differenzialdiagnosen
Therapie
Erkrankte Tiere müssen antibiotisch behandelt werden. Aufgrund der schwierigen Kultivierung von Leptospiren sind Resistenztests nicht üblich. Die Leptospirose kann beispielsweise mit Doxycyclin (10 mg/kgKG/Tag oral über mind. 14 Tage) behandelt werden. Alternativ stehen auch Oxytetracyclin, Chlortetracyclin oder Streptomycin zur Verfügung.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Es ist zu beachten, dass eine antibiotische Therapie nicht zu einer vollständigen Eliminierung der Erreger führt. Um den Infektionsdruck jedoch deutlich zu reduzieren, empfiehlt sich eine Wiederholung der antibiotischen Behandlung sowie eine strategische Behandlung von Jungsauen und Ebern bei der Eingliederung in einen neuen Bestand.
Prophylaxe
Neben den Optimierungen der Haltungsbedingungen (Hygiene, Rein-Raus-System, Stressreduktion) sollte eine effektive Nagerbekämpfung durchgeführt und der Kontakt zu anderen Spezies unterbunden werden. Die Besamung ist dem Natursprung vorzuziehen. Zusätzlich kann eine seit 2019 zugelassene Kombinaktionsvakzine im Betrieb eingesetzt werden.
Quellen
- Mayr, Anton, Rolle, Michael. Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre. 8., überarbeitete Auflage. Enke-Verlag, 2007.
- Skriptum, Universitätsklinik für Schweine. Veterinärmedizinische Universität Wien. Leptospiren, Leptospira interrogans. Version 1.
- Skriptum Erkrankungen des Reproduktionstraktes, Universitätsklinik für Schweine. Veterinärmedizinische Universität Wien.
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