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Querschnittsmyelitis

(Weitergeleitet von Akute transversale Myelitis)

Synonyme: transversale Myelitis, Myelitis transversa, akute transversale Myelitis, ATM
Englisch: transverse myelitis, acute transverse myelitis

1. Definition

Unter einer Querschnittsmyelitis versteht man eine akute Entzündung der grauen und weißen Substanz des Rückenmarks, wobei es zu einer bilateralen Beteiligung in einem oder mehreren Rückenmarkssegmenten kommt.

2. Terminologie

Die Bezeichnung Querschnittsmyelitis wird in der Regel als Sammelbegriff für das klinische Bild einer akuten bilateralen Rückenmarksaffektion verwendet. Somit handelt es sich zunächst eher um eine Arbeitsdiagnose, die - sofern keine spezifische Ursache gefunden wird - als "idiopathische" Form bestehen bleibt.

3. Epidemiologie

Die Querschnittsmyelitis ist eine seltene Erkrankung mit einer Inzidenz von 1 bis 4 von 1.000.000 Einwohner pro Jahr. Sie tritt gehäuft im späten Winter und im Frühling auf. Typisches Erkrankungsalter ist das 10 bis 19. und das 30 bis 39. Lebensjahr.

4. Ätiologie

Die Ursache der idiopathischen akuten Querschnittsmyelitis ist per definitionem unklar. Es handelt sich mutmaßlich um eine autoimmun vermittelte demyelinisierende Reaktion z.B. auf eine Virusinfektion. Nicht selten ist jedoch eine spezifische Ursache vorhanden, die nicht erkannt wird (z.B. atypischer spinaler Infarkt, direkte virale Myelitis).

Die idiopathische Querschnittsmyelitis muss von einer (sekundären) Querschnittsmyelitis bekannter Ursache abgegrenzt werden: Mögliche Erreger sind z.B. Coxsackie-Virus, ECHO-Virus oder Varizella-Zoster-Virus (VZV), seltener auch das Epstein-Barr-Virus (EBV) und das HTLV-I-Virus. Bei Immunsuppression können auch das Cytomegalie-Virus (CMV) und das Herpes-simplex-Virus (HSV) zu einer Myelitis führen. Aber auch Borrelien, Chlamydien, Treponema pallidum und Mycoplasma pneumoniae kommen als Verursacher infrage. Ähnliche Fälle werden auch nach Impfung gegen Masern, Mumps, Röteln, Hepatitis B, Tollwut und Tetanus beobachtet.

5. Lokalisation

Am häufigsten sind die thorakalen Abschnitte des Rückenmarks betroffen sind.

6. Klinik

Die Erkrankung imponiert durch verschiedene neurologische Ausfälle, die innerhalb von Stunden bis Tagen ihr Maximum erreichen und bis zum kompletten Querschnittssyndrom fortschreiten können. Typisch sind bilaterale, meist symmetrische Paresen, Sensibilitätsstörungen sowie autonome Störungen inklusive Blasen- und Mastdarmstörungen. Häufig entwickelt sich im Laufe der Zeit eine Spastik mit Reflexsteigerung.

7. Diagnostik

Grundlegend sind Anamnese und klinische Untersuchung. Die betroffenen Patienten berichten dabei häufig von einem vorangegangenen Infekt.

7.1. Bildgebung

An bildgebender Diagnostik sollte eine Magnetresonanztomographie (MRT) mit Kontrastmittel angefertigt werden. Sie kann in 40 bis 50 % der Fälle initial unauffällig sein, sodass ggf. eine Wiederholung nach 3 bis 7 Tagen erwogen werden sollte. Hinweisende Befunde sind:

  • T2w/STIR-hyperintenses, T1w-iso- bis hypointenses, zentrales Ödem im Rückenmark, das meist über 2/3 der Querschnittsfläche einnimmt
  • Die Läsion erstreckt sich meist über mehr als 2 Segmente (meist 3 bis 4 Segmente)
  • Die Kontur des Myelons ist in 50 % der Fälle leicht aufgetrieben
  • Kontrastmittelaufnahme in 50 % der Fälle (fokal, diffus, randständig)
  • Nach Abheilung können eine residuale Gliose und eine Myelonatrophie vorliegen

Die Computertomographie (CT) ist in der Regel nicht wegweisend. Hier kann eine variable Schwellung des Rückenmarks und ggf. ein variables Kontrastmittelenhancement auffallen.

7.2. Neurophysiologische Untersuchungen

In der neurophysiologischen Untersuchung zeigt sich eine Verzögerung von MEP und SEP.

7.3. Erreger- und Liquordiagnostik

Bei einer Querschnittsmyelitis sollte versucht werden, einen Erreger zu identifizieren. Da jedoch nur einige Infektionen behandelt werden können, sollte man sich auf die Suche nach diesen Erregern beschränken. Dazu zählen VZV, HSV, Mykoplasmen und Borrelien.

Bei der Untersuchung des Liquors nach Lumbalpunktion zeigt sich bei viraler oder parainfektiöser Genese eine lymphozytäre Pleozytose mit leichter Erhöhung der Proteinkonzentration. Wenn die Symptomatik durch Bakterien verursacht wurde, liegt eine granulozytäre Pleozytose vor.

7.4. Histopathologie

Bei der histopathologischen Untersuchung finden sich perivaskuläre lymphozytäre Infiltrate, Nekrosen und eine Demyelinisierung. Eine histologische Untersuchung ist jedoch fast nie indiziert.

7.5. Diagnosekriterien

Die Transverse Myelitis Consortium Working Group schlägt folgende Diagnosekriterien vor:

  • Einschlusskriterien:
    • Entwicklung einer sensorischen, motorischen oder autonomen Dysfunktion mutmaßlich spinaler Herkunft
    • bilaterale Befunde (nicht zwingend symmetrisch)
    • klar definierter sensorischer Querschnitt
    • Ausschluss einer extraaxialen Kompression durch MRT oder Myelographie (CT nicht ausreichend)
    • Entzündung des Rückenmarks (Pleozytose oder erhöhter IgG-Index in Liquordiagnostik oder Kontrastmittelenhancement in MRT)
    • Zunahme bis zum Maximum nach 4 Stunden bis 21 Tage nach Symptombeginn
  • Ausschlusskriterien:
  • Ausschlusskriterien für eine idiopathische Querschnittsmyelitis

8. Differenzialdiagnosen

Grundsätzlich müssen bei einer akuten Querschnittsmyelitis spezifische Infektionen, die zu einer Myelitis führen können, ausgeschlossen werden. Dazu zählen insbesondere:

Weiterhin kommen folgende Differenzialdiagnosen infrage:

Erkrankungen, die mit einer ausgedehnten Beteiligung des Rückenmarks einhergehen (mindestens drei Wirbelkörpersegmente), werden auch als longitudinale extensive transverse Myelitis (LETM) zusammengefasst.

9. Therapie

Die Querschnittsmyelitis wird mit hochdosierten Glukokortikoiden behandelt. Findet sich eine infektiöse Ursache, kommen z.B. Cephalosporine oder Aciclovir in Frage.

Bijan Fink
Peer reviewed am 12.12.2023 von Bijan Fink
Fachgebiete: Neurologie, Radiologie

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21.03.2024, 08:50
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