Akute disseminierte Enzephalomyelitis
Synonyme: Akute demyelinisierende Enzephalomyelitis, ADE, ADEM
Englisch: acute disseminated encephalomyelitis, acute demyelinating encephalomyelitis
Definition
Die akute disseminierte Enzephalomyelitis, kurz ADEM, bezeichnet eine seltene demyelinisierende Erkrankung des ZNS, die als postinfektiöse Komplikation oder spontan auftreten kann.
Epidemiologie
Ätiologie
Der akuten disseminierten Enzephalomyelitis geht in etwa 2/3 aller Fälle eine Infektion mit Viren (z.B. Influenza, Herpes simplex, Masern, Röteln, Dengue-Fieber) oder Bakterien (z.B. Streptokokken, Chlamydien, Borrelien, Leptospiren) voraus. Es entwickelt sich schließlich eine akute Entzündung, die in der Folge zur Zerstörung der Myelinschicht durch das Immunsystem führt.
Die ADEM wird in der Literatur auch im Zusammenhang mit Impfungen, v.a. gegen Rabies, erwähnt. In großen epidemiologischen Studien ließ sich jedoch kein signifikant gesteigertes Risiko nachweisen. Demnach scheint das Risiko, eine ADEM nach einer Impfung zu entwickeln, deutlich geringer zu sein, als im Rahmen einer Infektion.
Symptome
Die klinische Symptomatik ist variabel. Die Krankheit ist – im Gegensatz zur multiplen Sklerose (MS) – monophasisch. Folgende Symptome können etwa 4 bis 21 Tage nach der Infektion auftreten:
Die neurologischen Symptome reichen von leichter Lethargie bis zum Koma. Außerdem können Hemiparesen, Paraparesen, Ataxien und Krampfanfälle auftreten. Häufig sind Meningismus, Sprachstörungen und Bewegungsstörungen.
Diagnostik
Serum und Liquor
Derzeit (2022) existiert kein Serum- oder Liquormarker zur Identifizierung einer ADEM. Häufig ist jedoch der Proteinanteil im Liquor erhöht und es zeigt sich eine milde bis moderate lymphozytäre Liquorpleozytose.
Kernspintomographie
Im MRT können sich solitäre oder multiple, häufig große und asymmetrische Läsionen in den Groß- und Kleinhirnhemisphäre sowie im Hirnstamm und Rückenmark zeigen. Die Läsionen zeigen – im Gegensatz zu MS – keine typischen Befallsmuster.
Differentialdiagnosen
- Multiple Sklerose
- Akute hämorrhagische Leukoenzephalitis (AHL)
- Multiphasische dissemierte Enzephalomyelitis (MDEM)
- Hirnabszess
- Zerebrale Ischämie
- Parasitenbefall des ZNS
- Metastasen und Hirntumoren
Therapie
Als therapeutische Maßnahme erfolgt in der Regel die Gabe von Immunsuppressiva wie Glukokortikoide (z.B. Methylprednisolon) und Antiphlogistika. Im Allgemeinen ist die Prognose gut und es kommt zu einer restitutio ad integrum. Es sind aber auch Defektheilungen möglich.
Literatur
- Stüve O, Nessler S et al.: Akute disseminierte Enzephalomyelitis. Pathogenese, Diagnose, Behandlung und Prognose. Der Nervenarzt. Ausgabe 6, 2005. Springer Verlag
- Schwarz S, Knauth M, Storch-Hagenlocher B: Akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM) Intensivmedizin und Notfallmedizin 42 (6), 2005. https://doi.org/10.1007/s00390-005-0551-7
- Garg RK: Acute disseminated encephalomyelitis. Postgrad Med J. 2003 Jan;79(927):11-7.
Quellen
- ↑ Sartor K et al.: Pareto-Reihe Radiologie: Gehirn. 1. Auflage, 2006. DOI: 10.1055/b-0034-22647
- ↑ Brenton JN, Banwell BL: Therapeutic Approach to the Management of Pediatric Demyelinating Disease: Multiple Sclerosis and Acute Disseminated Encephalomyelitis. Neurotherapeutics. 2016 Jan;13(1):84-95