Dengue-Fieber
von Swahili: denga - Krampf
Synonyme: Sieben-Tage-Fieber, Dandy-Fieber, Polka-Fieber, Knochenbrecherfieber
Englisch: dengue fever, breakbone fever, dengue hemorrhagic fever, DHF
Definition
Das Dengue-Fieber ist eine infektiöse Tropenerkrankung, die durch Arboviren der Gattung Flavivirus hervorgerufen wird. Als Überträger dienen Mücken. Das Dengue-Fieber zählt zu den hämorrhagischen Fiebern.
In Deutschland ist das Dengue-Fieber meldepflichtig.
ICD10-Codes
- A90: Denguefieber [Klassische Dengue]
- A91: Hämorrhagisches Denguefieber
Erreger
Die Krankheit wird durch das Dengue-Virus ausgelöst. Es handelt sich um ein Einzelstrang-RNA-Virus (ss(+)RNA), welches zur Familie der Flaviviridae gehört. Das Virus besitzt vier DENV-Serotypen (DENV-1 bis DENV-4), die meist in unterschiedlichen Endemiegebieten auftreten und zwischen denen keine Kreuzimmunität besteht.
Das Erregerreservoir bilden der Mensch, Primaten (Affen) und die Stechmücken, die den Erreger übertragen. Eine infizierte Mücke kann das Virus über die Eier an ihre Nachkommen weitergeben. Das ermöglicht dem Dengue-Virus Trockenperioden oder Kälteperioden in gemäßigten Regionen zu überdauern.
Übertragung
Das Dengue-Fieber wird durch Vektoren der Gattung Stegomyia (früher: Aedes) übertragen, insbesondere durch Stegomyia aegypti (Gelbfiebermücke) und Stegomyia albopictus (Tigermücke). Nach dem Stich interagiert das Virus zuerst mit besonderen Zellen des Immunsystems, den so genannten dendritischen Zellen. Sie werden als primäre Zielzellen des Virus angesehen, die es aufnehmen, reproduzieren und dadurch die weitere Verbreitung im gesamten Organismus ermöglichen.
Die übertragenden Mücken vermehren sich im stehenden Wasser, wobei schon kleine Pfützen und wassergefüllte Behälter (z.B. Dosen) ausreichen, um den Larven die notwendige Entwicklungsumgebung zu bieten. Das erleichtert den Mücken die Ausbreitung in Wohngebieten, weshalb sich das Fieber heute vor allem in den Städten des Tropengürtels ausbreitet.
Die Übertragung von Mensch zu Mensch ist durch Transfusion kontaminierter Blutprodukte möglich. In Ländern mit hoher Dengue-Durchseuchung wird deshalb ein systematisches Screening von Spendern diskutiert.
Epidemiologie
Jährlich werden etwa 50 Millionen Menschen vom Dengue-Fieber befallen. Die Inzidenz hat sich zwischen 1986 und 2006 mehr als vervierfacht. Als mögliche Ursachen werden die zunehmende Bevölkerungsdichte in Ballungsräumen und der Klimawandel diskutiert. Der Großteil der Infizierten (>90%) sind Kinder. Die Letalität liegt insgesamt zwischen 2 und 5 Prozent, bei Neugeborenen und Kleinkindern deutlich höher.
Hauptverbreitungsgebiet des Dengue-Fiebers sind subtropische und tropische Gebiete in Zentralafrika, Lateinamerika, Indien und Südostasien. Die Erkrankung tritt auch im Süden der USA (Texas) auf. Durch den internationalen Ferntourismus und Migration wird das Fieber auch nach Europa eingeschleppt. In Deutschland wurden 2004 insgesamt 121 Dengue-Fälle an das Robert-Koch-Institut (RKI) gemeldet. Bei Tropenrückkehrern mit Fieber aber ohne Malaria sollte deshalb immer an das Dengue-Fieber gedacht werden.
Im Jahr 2012 kam es zu einem größeren Ausbruch des Dengue-Fiebers auf Madeira, der von den Gesundheitsbehörden als die größte Dengue-Endemie in Europa seit den 1920er Jahren eingeordnet wurde.
Aufgrund der zunehmenden Verbreitung der Vektoren ist mittelfristig davon auszugehen, dass sich das Dengue-Fieber auch in Europa ausbreitet.
Symptome
Nach einer Inkubationszeit von 2 bis 7 Tagen zeigt die Erkrankung Grippe-ähnliche Symptome mit plötzlichem Beginn. Dazu zählen:
- hohes Fieber
- Schüttelfrost
- Schmerzen
- Nausea mit Erbrechen
- Bradykardie
Nach 3 Tagen können die Symptome remittieren und es folgt ein kurzes symptomarmes Intervall. Um den 5. bis 7. Erkrankungstag kommt es zu einem erneuten Anstieg des Fiebers. Begleitend kann ein morbilliformes Exanthem, Lymphknotenschwellungen und eine Beteiligung des ZNS mit neurologischen Symptomen auftreten.
Die klassische Dengue-Trias besteht aus Fieber, Exanthem und Kopf-, Glieder- oder Gelenkschmerzen.
Krankheitsverlauf
Die Erstinfektion mit Dengue zeigt in der Regel einen unkomplizierten Verlauf. Bei rund 90 % der Patienten verläuft sie mit nur gering ausgeprägter Symptomatik oder asymptomatisch. Einen wesentlich gefährlicheren Verlauf zeigt das hämorrhagische Denguefieber (DHF), das wahrscheinlich durch eine Zweitinfektion mit einem anderen Serotypen des Dengue-Virus ausgelöst wird.
Diagnostik
Der Nachweis eines Dengue-Fiebers erfolgt durch den Nachweis von Antikörpern oder durch den direkten Virusnachweis mittels der RT-PCR (NS1-Antigen-Test) zwischen dem vierten und siebten Krankheitstag.
Differentialdiagnosen
- Chikungunya-Fieber
- Malaria
- Gelbfieber
- andere Viruserkrankungen (z.B. Rubella, Influenza, Masern)
Bekämpfung
Die früher eingesetzten großflächigen Bekämpfungsmaßnahmen gegen die übertragenden Mücken sind wegen der Insektizidbelastung der Umwelt weitgehend verlassen worden. Im häuslichen Umfeld können Mückenbrutstätten dadurch vermieden werden, dass konsequent alle Gegenstände, in denen sich Wasserreservoirs bilden könnten, abgedeckt oder entfernt werden.
Seit einiger Zeit wird zur biologischen Bekämfpung ein Larvizid verwendet, das aus dem Bakterium Bacillus thuringiensis isrealensis gewonnen wird. Die Wirksamkeit dieses Wirkstoffs ist jedoch noch nicht eindeutig nachgewiesen.
Therapie
Antivirale Medikamente gegen das Dengue-Fieber gibt es nicht. Die Behandlung ist rein symptomatisch.
In den ersten Tagen der Infektion ist eine ausreichende intravenöse Flüssigkeitsgabe erforderlich. Die Zufuhr wird so titriert, das ein Urinvolumen von etwa 0,5–1 ml/kg/hr, stabile Vitalparameter und ein normaler Hämatokrit erzielt werden. Aufgrund des erhöhten Blutungsrisikos sollten invasive medizinische Eingriffe wie Nasensonden, i.m.-Injektionen und arterielle Punktionen vermieden werden.
Fieberspitzen können mit Wadenwickeln abgefangen werden. Zur Schmerzbekämpfung wird vorzugweise Paracetamol eingesetzt, während NSAR wie ASS aufgrund ihrer gerinnungshemmenden Wirkung kontraindiziert sind.
Bei instabilen Patienten mit Hämatokritabfall sollten frühzeitig Bluttransfusionen (Vollblut oder Erythrozytenkonzentrate) verabreicht werden, statt einen kritischen Schwellwert abzuwarten.
Prophylaxe
Die individuelle Prophylaxe besteht wie bei der Malaria aus der konsequenten Anwendung von Repellents (vor allem DEET) und Insektensprays. Die Haut sollte durch helle, feste und langärmelige Kleidung bedeckt werden, die allerdings möglichst imprägniert werden sollte, da die Dengue-Fieber Vektoren auch durch Stoff hindurch stechen können. Wichtig ist auch zu beachten, dass Aedes-Mücken auch tagsüber aktiv sind – im Gegensatz zur Anopheles-Mücke. Insektizid-behandelte Moskitonetze sorgen für einen ausreichenden Schutz während der Schlafphasen.
Impfung
Zurzeit (2023) sind in Deutschland mehrere tetravalente, attenuierte Lebendimpfstoffe verfügbar, darunter CYD-TDV (Dengvaxia®) der Firma Sanofi und TAK-003 (Qdenga®) der Firma Takeda. Für die Anwendung dieser Impfstoffe als Reiseimpfung liegt noch keine offizielle Empfehlung des RKI vor. CYD-TDV ist nur für Personen zugelassen, die bereits vorher eine Dengue-Infektion hatten.
Aktuell (2022) befinden sich weitere Impfstoffe gegen das Dengue-Fieber in der Entwicklung bzw. in Zulassungsstudien. Das Problem bei der Impfstoffentwicklung ist, dass ein tetravalenter Impfstoff gegen alle 4 Serotypen des Dengue-Virus (DENV 1-4) entwickelt werden muss, um ein vermehrtes Auftreten des hämorrhagischen Denguefieber zu vermeiden. Im Rahmen einer klinischen Studie mit tetravalenten Impfstoffen in Thailand zeigte sich, dass die gegen die einzelnen Virusvarianten erreichte Immunität stark variiert. Während sich gegen DENV 1, 3 und 4 in 60-90% der Fälle eine Immunität ausbildete, erwies sich der Impfstoff gegen DENV 2 als nahezu wirkungslos.
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 27.02.2021
- WHO-Richtlinien
- C. P. Simmons, A Candidate Dengue Vaccine Walks a Tightrope New England Journal of Medicine, 2015
- RKI Informationen zum Dengue-Impfstoff, abgerufen am 11.8.2022