Chikungunya-Fieber
von Swahili: chikungunya - das Gebückte, das Gekrümmte
Englisch: Chikungunya fever
Definition
Das Chikungunya-Fieber ist eine durch Vektoren (Stechmücken) übertragene Virusinfektion.
Erreger
Der Erreger der Erkrankung ist das Chikungunya-Virus, ein Alphavirus aus der Familie der Togaviren. Die Viren werden durch Mückenstiche übertragen, vor allem durch Aedes aegypti (Gelbfiebermücke) und Aedes albopictus (Tigermücke), deren Speichel das Virus beherbergt.[1]
Epidemiologie
Das Chikungunya-Fieber ist vor allem in Indien, Südostasien (z.B. Thailand, Indonesien) und in Afrika südlich der Sahara endemisch. Im Jahr 2005 kam es zu einer lokalen Epidemie auf der französischen Insel La Réunion, was der Krankheit erstmals Aufmerksamkeit in Europa bescherte. Seit einigen Jahren breitet sich die Krankheit auch in der Karibik, in Mittelamerika und im Norden von Südamerika aus. Im Jahr 2024 wurden weltweit 620.000 Chikungunya-Erkrankungen mit 213 Todesfällen erfasst.[1]
Durch die zunehmende Verbreitung der Tigermücke in Südeuropa kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Erkrankung früher oder später auch in Europa manifestiert. In Deutschland wurden im Jahr 2024 rund 25 Fälle gemeldet, im Jahr 2025 bisher 91 Fälle (Stand 08/2025). In allen Fällen erfolgte die Infektion bei Reisen im Ausland.[2]
Symptome
Nach einer Inkubationszeit von etwa 3 bis 7 Tagen nach dem Mückenstich kommt es zu Fieberschüben (bis zu 40° C), Schüttelfrost, Lymphknotenschwellungen und Gliederschmerzen – daher wird die Erkrankung nicht selten mit Malaria verwechselt. Zusätzlich können ein Erythem und eine Konjunktivitis auftreten. Die starken Gelenkschmerzen führen dazu, dass die Betroffenen vor Schmerz gebückt laufen, was der Erkrankung ihren Namen verliehen hat. Die Gelenkschmerzen verschwinden in der Regel nach einigen Tagen, können aber in schweren Fälle auch Monate persistieren. Nicht selten wird hier die Fehldiagnose „rheumatoide Arthritis“ gestellt.
In der Regel heilt die Infektion folgenlos aus. In manchen Fällen kommt es zu einer Post-Chikungunya-Hyperpigmentation.
Bei gefährdeten Personen (Kinder, Senioren, Patienten mit geschwächtem Immunstatus) zeigen sich vermehrt atypische Verläufe, die insbesondere neurologische Symptome beinhalten. Charakteristisch sind das Auftreten einer Meningitis, Enzephalitis oder des Guillain-Barré-Syndroms. Dabei kann die Erkrankung auch zum Tod führen.
Diagnostik
Die Diagnose ergibt sich aus der klassischen (Reise-)anamnese, dem Auftreten der typischen Symptome und dem serologischen Nachweis. In der körperlichen Untersuchung fallen vor allem druckschmerzhafte Gelenke (insbesondere Handgelenke) und geschwollene Lymphknoten auf.
Labor
Laborchemisch zeigen sich unspezifische Befunde, wie z.B.:
- Blutbild: Lymphopenie, Thrombozytopenie, Anämie
- Leberenzyme: ASAT, ALAT erhöht
- LDH erhöht
- C-reaktives Protein (CRP): mäßig erhöht
Serologie
In der ersten Woche nach Symptombeginn kann die Virus-RNA im Blut durch PCR nachgewiesen werden. Nach 7 Tagen ist die PCR häufig negativ.[1] Mit serologischen Nachweisverfahren werden IgM-Antikörper und im weiteren Verlauf auch IgG-Antikörper nachgewiesen. Goldstandard ist der Serumneutralisationstest. Zudem kommen ELISA, Immunfluoreszenztests und Hämagglutinationshemmtests in Betracht.
Differentialdiagnosen
Therapie
Die Therapie ist rein symptomatisch, da es bislang kein wirksames Medikament gegen die Erkrankung gibt. Zur Fiebersenkung kann Paracetamol gegeben werden. Wegen der möglichen Blutungsneigung dürfen nichtsteroidale Antirheumatika wie Acetylsalicylsäure (ASS) oder Ibuprofen nur verwendet werden, wenn eine Infektion mit dem Dengue-Virus ausgeschlossen ist.
Prophylaxe
Im Juni 2024 wurde durch die EMA ein attenuierter Lebendimpfstoff (Ixchiq®, Chikungunya-Stamm CHIKV LR2006 OPY1) für Erwachsene ab 18 Jahren zugelassen.[3] Die Zulassung wurde im April 2025 auf Kinder ab 12 Jahren erweitert. Im Mai 2025 beschränkte die EMA aufgrund der Meldung vermehrter schwerer Nebenwirkungen vorübergehend die Anwendung auf Personen unter 65 Jahre.[4] Im Juli 2025 wurde die Beschränkung nach einer ausführlichen Risiko-Nutzen-Bewertung jedoch wieder aufgehoben.[5] Die amerikanische FDA hingegen hat die Zulassung im August 2025 ausgesetzt.[6]
Das Nebenwirkungsprofil entspricht einem milden Chikungunya-Verlauf mit v.a. Leukopenie, Fieber und erhöhten Leberenzymen.[7] In Einzelfällen gemeldete schwere Nebenwirkungen entsprachen einem schweren Krankheitsverlauf, z.B. mit Enzephalitis.
Seit Januar 2025 ist zudem ein Totimpfstoff (Vimkunya®) für Personen ≥ 12 Jahren durch die EMA zugelassen.[1]
Impfempfehlungen der STIKO
Aktuell (Stand 08/2025) empfiehlt die STIKO eine Impfung gegen Chikungunya:[1]
- Personen ≥ 12 Jahren, die in ein Gebiet reisen, für das ein aktuelles Chikungunya-Ausbruchsgeschehen bekannt ist
- Personen ≥ 12 Jahren, die einen längeren Aufenthalt (> 4 Wochen) oder wiederholte Kurzzeitaufenthalte in Chikungunya-Endemiegebieten planen und bei denen ein erhöhtes Risiko für eine Chronifizierung oder einen schweren Verlauf der Erkrankung besteht (z.B. Alter ≥ 60 Jahre oder eine schwere internistische Grunderkrankung)
- Personen, die gezielte Tätigkeiten mit Chikungunya-Viren gemäß Biostoffverordnung ausüben (z.B. in Forschungseinrichtungen oder Laboratorien) unter Berücksichtigung der Altersgruppen für die jeweiligen Impfstoffe
Als Grundimmunisierung wird die einmalige Impfstoffdosis des Tot- oder Lebendimpfstoffs empfohlen. Zudem empfiehlt die STIKO für Personen ≥ 60 Jahre nur die Anwendung des Totimpfstoffs.
Meldepflicht
In Deutschland besteht nach dem Infektionsschutzgesetz eine namentliche Meldepflicht für Labore bei direktem oder indirektem Erregernachweis in Verbindung mit einer akuten Infektion. Für Ärzte besteht Meldepflicht bei Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod, wenn ein hämorrhagisches Fieber vorliegt.
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Robert Koch Institut: Epidemiologisches Bulletin 28/2025. STIKO: Empfehlung zur Impfung gegen Chikungunya. 10.07.2025, zuletzt abgerufen am 26.08.2025
- ↑ Robert Koch Institut: Epidemiologisches Bulletin 29/2025: Anpassung der STIKO-Impfempfehlung gegen Mpox | Erweiterung der STIKOImpfempfehlung gegen Influenza | Stechmückenübertragene Krankheitserreger. 17.07.2025
- ↑ Pressemitteilung der europäischen Kommission zur Zulassung des Chikungunya-Impfstoffes, Europäische Kommission, Juni 2024. Aufgerufen am 02.08.2024.
- ↑ Rote-Hand-Brief: Ixchiq, 22.05.2025
- ↑ EMA: Ixchiq: temporary restriction on vaccinating people 65 years and older to be lifted, 25.07.2025. Zuletzt abgerufen am 26.08.2025
- ↑ FDA: Update on the Safety of Ixchiq, 22.08.2025, zuletzt abgerufen am 26.08.2025
- ↑ Eintrag zu Ixchiq®, Internetpräsenz der EMA. Aufgerufen am 02.08.2024.