Arthralgie
von griechisch: árthron - Gelenk und algos (άλγος) - Schmerz
Synonym: Gelenkschmerz
Englisch: arthralgia
Definition
Der Begriff Arthralgie bezeichnet die Schmerzhaftigkeit eines Gelenkes.
- ICD10-Code: M25.5-
Hintergrund
In Abgrenzung zur Arthritis bestehen bei einer reinen Arthralgie keine klassischen Entzündungszeichen wie Rötung und Schwellung. Im Gegenzug treten Arthralgien jedoch bei fast jeder Arthritis auf.
Formen
Klinisch-deskriptiv werden verschiedene Formen der Arthralgie beschrieben:
- Anlaufschmerz: Arthralgie, die sich beim Beginn der Aktivität eines Gelenkes äußert. Typisch sind Anlaufschmerzen für degenerativ bedingte Gelenkveränderungen.
- Ruheschmerz: Der Ruheschmerzen treten häufig nach Überlastung degenerativ veränderter Gelenke auf.
- Nachtschmerz: Viele Patienten klagen über einen typischen Nachtschmerz, vor allem in der zweiten Nachthälfte. Eine mögliche Ursache ist die reduzierte körpereigene Cortisolausschüttung während der Nacht.
- Belastungsschmerz: Der Belastungsschmerz ist nur bei Belastung des jeweiligen Gelenkes auszulösen. In Ruhe verschwindet er. Ein Belastungsschmerz kann unter anderem bei traumatischen Läsionen eines Gelenkes, jedoch auch bei entzündlichen oder degenerativen Veränderungen auftreten.
Differentialdiagnose
Arthralgien sind in der klinischen Praxis sehr häufig und stellen ein differentialdiagnostisches Problem dar. Wichtig ist es, prinzipiell harmlose oder altersgerecht degenerativ bedingte Arthralgien von entzündlich und rheumatisch bedingten Erkrankungen zu unterscheiden.
Erfolgt diese Differenzierung nicht, können im Fall entzündlicher und rheumatischer Erkrankungen dauerhafte und irreversible Schädigungen der Gelenkstrukturen nicht durch eine rechtzeitige Therapie verhindert werden.
Degenerativ bedingte Arthralgien
Degenerativ bedingte Gelenkveränderungen führen insbesondere im Alter häufig zu Arthralgien. Dabei fehlen mit Ausnahme der entzündlich aktivierten Arthrose Entzündungszeichen.
Charakteristisch sind Anlaufschmerzen, bewegungsabhängige Schmerzen, gelegentlich auch eine Morgensteifigkeit, die jedoch im Gegensatz zu rheumatisch bedingter Morgensteifigkeit mild ausgeprägt ist und sich in weniger als einer halben Stunde auflöst.
Bei der körperlichen Untersuchung lassen sich die bewegungsabhängigen Schmerzen auch bei passiver Durchbewegung der Gelenke gut reproduzieren. Gelegentlich finden sich eine teigige Weichteilschwellung und Krepitationen als Ausdruck proliferativer Gelenkveränderungen (Osteophyten) nachweisen.
Vor allem bei älteren Menschen können sich polyartikuläre Arthrosen zeigen, die sich charakteristischerweise auch an wenig belasteten Gelenken zeigen (Heberden-Arthrose, Bouchard-Arthrose). Labormedizinische Untersuchungen sind in der Regel unauffällig, in Röntgenaufnahmen der betroffenen Gelenke zeigen sich degenerative Veränderungen.
Rheumatisch bedingte Arthralgien
Als Ausdruck einer rheumatischen Erkrankung entstehen in der Regel Arthritiden, die neben der Arthralgie auch die klassischen Entzündungszeichen aufweisen. Rheumatische Erkrankungen als Ursache einer Arthralgie sind wahrscheinlich, wenn hinweisende labormedizinische Befunde zu erheben sind:
- erhöhtes CRP
- beschleunigte BSG
- erhöhtes Ferritin
- Hypergammaglobulinämie
- Nachweis von Autoantikörpern (Rheumafaktor, Anti-CCP-Antikörper, ANA, ANCA)
Ist diese Konstallation gegeben, sollte eine weitere Ursachenforschung nicht unterlassen werden. Abklärungsbedürftige rheumatische bzw. immunologische Erkankungen mit Arthralgien als möglichem Symptom sind unter anderem:
- Rheumatoide Arthritis
- Seronegative Spondylarthritis (u.a. Psoriasis-Arthritis, Morbus Bechterew, Arthralgien bei CED)
- Systemischer Lupus erythematodes
- Sklerodermie
- Dermatomyositis
- Vaskulitiden (u.a. Riesenzellarteriitis)
- Sarkoidose (Löfgren-Syndrom)
- Sjögren-Syndrom
Die Kenntnis der Befallsmuster der jeweiligen Erkrankungen erleichtert dabei die gezielte Diagnostik.
Bei bevorzugter Beschwerdelokalisation an der Wirbelsäule ist als nicht-entzündliche Erkrankung ein Morbus Forestier-Ott in die Differentialdiagnose einzubeziehen.
Weitere Ursachen
Neben degenerativen und rheumatisch-entzündlichen Ursachen sind eine Reihe von weiteren Ursachen in die Differentialdiagnose einer Arthralgie einzubeziehen.
Infektionen
Zu differenzieren sind auf dem Boden infektiöser Erkrankungen entstehende Arthralgien, Beispiele sind die Lyme-Borreliose, die generalisierte Gonorrhö und der seltene Morbus Whipple.
Eitrige Infektionen der Gelenke mit Arthralgien kommen nach offenen Traumata und durch hämatogene Streuung von Erregern zustande. Risikogruppen für spontane Gelenkinfektionen sind vor allem Immunsupprimierte (HIV, Immundefekte, Alkoholabusus, Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz, maligne Neoplasien). Neben gramnegativen und grampositiven Keimen können bei Immunsupprimierten selten auch Mykobakterien und Pilze Gelenkinfektionen verursachen.
Endoprothesen und Fremdmaterial in Gelenken sind weitere begünstigende Faktoren einer Gelenkinfektion.
Metabolische Ursachen
Arthralgien können als Ausdruck einer Gelenkbeteiligung bei systemischen Stoffwechselerkrankungen auftreten. Mögliche Auslöser für Arthralgien sind in diesem Zusammenhang:
- Hyperurikämie bzw. Gicht
- weitere Kristallarthropathien
- Morbus Wilson
Post-/Parainfektiöse Arthralgien
Im Rahmen vieler viraler und bakterieller Infektionen kann es während oder nach der eigentlichen Infektionskrankheit zu Gelenkbeschwerden kommen. Yersinien, Chlamydien, Gonokokken, Parvovirus B19 und Coxsackie-Viren sind für dieses Phänomen bekannte Erreger. Dabei können die Erreger nicht im Gelenk selbst nachgewiesen werden, sondern es handelt sich um immunologisch vermittelte Phänomene. Diagnostisch wegweisend ist die Anamnese.
Ein weiteres Beispiel für parainfektiöse Arthralgien sind die chronischen Hepatitiden (Hepatitis B, Hepatitis C).
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